- Stang
Stang, 1) Frederik, norweg. Staatsmann, geb. 4. März 1808 bei Tönsberg, gest. 8. Juni 1884, wurde 1829 Dozent in der juristischen Fakultät zu Christiania, 1834 Advokat am Höchsten Gerichtshof, 1845 Mitglied der Regierung als Chef des neugebildeten Departements des Innern, mußte aber 1856 eines Nervenleidens wegen seinen Abschied erbitten und zur Erholung in die Schweiz reisen. 1857 heimgekehrt, war er während der Krankheit König Oskars I. Mitglied der interimistischen Regierung, 1859–60 Storthingsabgeordneter für Christiania und trat 1861 als Ministerpräsident an die Spitze einer von ihm gebildeten gemäßigt-konservativen Regierung. In dieser Stellung behauptete er sich, trotz wiederholter Konflikte mit der Storthingsopposition, bis 1880 und erwarb sich um die kulturelle Förderung Norwegens bleibende Verdienste. Nach seinem Rücktritt bewilligte ihm das Storthing eine Jahrespension von 6000 Kronen; auch wurde ihm von seinen Parteigenossen als Ehrengeschenk eine bedeutende Geldsumme überreicht, deren Zinsen S. zu wohltätigen und wissenschaftlichen Zwecken verwandte. Er schrieb: »Systematisk Fremstilling af Kongeriget Norges konstitutionelle eller grundlovsbestemte Ret« (1833); »Om den kongelige Sanktionsret efter Norges Grundlov« (1883).
2) Rudolf, Kupferstecher, geb. 26. Nov. 1831 in Düsseldorf, bildete sich unter J. Keller auf der dortigen Akademie von 1845–56. Sein erstes größeres Werk war eine Madonna mit dem Kinde nach Deger in Linienmanier. Es folgten eine Verkündigung Mariä, nach Degers Freskobild auf Stolzenfels, und drei Blätter zu Goethes Frauengestalten nach Kaulbach: die Muse, Mignon und Eugenie. 1865 ging er nach Italien, wo er eine Zeichnung nach Raffaels Sposalizio fertigte. Nach Düsseldorf zurückgekehrt, vollendete er den Stich danach 1873 und wurde dafür von den Akademien in Berlin, München und Brüssel zum Mitglied ernannt; auch erhielt er vom König von Preußen den Professortitel. Von 1874–1875 war er wieder in Italien, wo er Zeichnungen zu einem großen Stich des Abendmahls nach Leonardo da Vinci und einem kleinern Blatt, Fornarina, nach Raffael ausführte. 1876 fertigte er einen Stich nach Landelles Fellahmädchen, und 1881 wurde er als Professor der Kupferstecherkunst an die Akademie in Amsterdam berufen, wo er den Stich nach Leonardos Abendmahl, sein Hauptwerk, 1888 vollendete. Den Christuskopf daraus reproduzierte er noch in Vergrößerung auf einem besondern Blatt. Später hat er auch einige Radierungen ausgeführt, z. B. einen Lautenspieler nach F. Hals und eine Ruhe auf der Flucht nach dem Bilde van Dycks in den Uffizien zu Florenz sowie ein Bildnis der Königin Wilhelmine von Holland. 1900 legte er sein Lehramt nieder und lebt seitdem in Boppard. 1907 vollendete er eine malerische Rekonstruktion des Leonardoschen Abendmahls mit Figuren in halber Lebensgröße.
3) Emil, norweg. Staatsmann, Sohn von S. 1), geb. 14. Juni 1834 in Christiania, wurde 1862 Advokat am Höchsten Gerichtshof, erwarb sich im Storthing, dem er 1882–94 und 1898–1900 angehörte, schnell eine angesehene Stellung und war seit 1883 Leiter der konservativen Partei. Mitte 1889 bis Anfang 1891 und Frühjahr 1893 bis Herbst 1895 vertrat er als Ministerpräsident an der Spitze konservativer Kabinette eine unionsfreundliche Kompromißpolitik, die aber an der Storthingsopposition scheiterte. Nach seinem Rücktritt war er anfangs Oberlandrichter (lagman), dann (bis 1904) Mitglied des Höchsten Gerichtshofs.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.