Spitzenmaschine

Spitzenmaschine

Spitzenmaschine (Spitzenklöppelmaschine). Vorrichtung zur mechanischen Herstellung echter Spitzen, gestattet in der Konstruktion von Matisch in Wien die vollkommene Nachahmung der echten (Hand-) Spitzen und stellt nicht nur eine beliebige Anzahl von Mustern, sondern diese auch gleichzeitig in beliebiger Zahl Spitzenstreifen her. Der Klöppelmechanismus beruht auf der Grundlage der Bobbinetmaschine in Verbindung mit Jacquardapparaten, die mit Hilfe von Musterkarten und Platinen die Bewegung der Klöppelmechanismen dem gewünschten Muster entsprechend regelt. Die Bobbinetmaschine (Fig. 1) besteht aus den Schlitten a, welche die Spulen s aufnehmen, die mit Garn g bewickelt sind und es zu der bei c stattfindenden Fadenverschlingung hergeben.

Fig. 1. Bobbinetmaschine.
Fig. 1. Bobbinetmaschine.

Die Schlitten treten zwischen kreisbogenförmige Lamellen l, die in ihrer Gesamtheit zwei Kämme K, K bilden. Die Fadenverschlingung erfolgt dadurch, daß die Schlitten a abwechselnd von einem Kamm K auf den andern hinüberbewegt werden, während zu gewissen Zeiten sich zugleich einer der Kämme K um einen Lamellenabstand mit den Schlitten hin und her verschiebt, so daß die Schlitten beim Übergang in einen andern Kamm von andern Lücken aufgefangen werden, also die Klöppel der Handklöppelei vertreten. Der Kammapparat besteht (Fig. 2) aus den dreieckigen Schlitten a, a und aus drei Kämmen: Vorderkamm v, Mittelkamm m und Hinterkamm h, von denen h ganz feststeht, m in der Länge verschiebbar und v nach links um einen Punkt drehbar ist, um die Fäden leicht einziehen zu können. Die Schlitten a sind unten verzahnt, um durch die in Schwingung versetzten verzahnten Walzen w, w ihre Bewegung längs der Kämme zu erhalten. Zum Ausschalten der Schlitten dienen die Stecher s, s, die, in den Kammlücken geführt, die auszuschaltenden Schlitten aus dem Bereich der Walzen w nach links, bez. rechts hinausschieben und in dieser Lage beliebig lange festhalten. Zur Bewegung dieser Stecher, deren Zahl mit derjenigen der Schiffchen übereinstimmt, dienen die Stangen t, t, die durch Hebel und Zugstange u an die Platinen eines Jacquardapparats angeschlossen sind. Die bei L sichtbare Schiene greift in alle nach rechts ausgeschaltete Schlitten ein, um sie weiter auf den Hinterkamm h zu schieben und festzuhalten. Nach Auslösung der Stecher gleiten die Schlitten durch ihr eignes Gewicht an den Kämmen hinunter, bis sie in den Bereich der Walzen w zurückgelangen. Die Verschiebung des Mittelkammes m erfolgt mittels des Tragbalkens b von einer unrunden Scheibe. Die Bildung der Spitze erfolgt bei c, wo die von den Schlitten a auslaufenden Fäden sich mustermäßig durch die Verschiebung der Schlitten in den Kämmen und die Verschiebung des Mittelkammes verschlingen. Die erzeugte Spitze wird aber nicht stetig auf den Warenbaum W aufgewickelt, sondern wie bei der Handarbeit so lange zwischen den Schlitten und der untern Kante einer Leitschiene l festgehalten, bis der Rapport, d. h. ein vollständiges Muster, erreicht ist. Dieses Festhalten erfolgt wie bei dem Handklöppeln nach dem Prinzip des Klöppelbriefes und dessen Nadeln unter Anwendung von Nadeln n, n, n. Jede Nadel ist für sich beweglich und daher imstande, die ihr zugewiesene und von ihr erfaßte Verschlingung auf diejenige Höhe in der angespannten Spitzenfläche zu heben, als dies von der Konstruktion der Spitze bedingt wird, und zugleich in dieser Höhe so lange festzuhalten, bis sie von den Nachbarverschlingungen eingeschlossen und vollständig festgelegt ist. Zu dem Zwecke sitzt jede Nadel an einem um o drehbaren Hebel nop und wird dadurch rechtzeitig gehoben, daß der Arm op vermittelst eines Drahtes q von einer Platine eines Jacquardapparats nach rechts bewegt wird. Hierbei wird die Größe der Nadelhebung dadurch abgemessen, daß sich zwischen Platinenhaken und dem Hebemesser ein prismatischer Körper von entsprechender Dicke einschiebt.

Fig. 2. Spitzenklöppelmaschine.
Fig. 2. Spitzenklöppelmaschine.

Zum Zurückziehen der Nadeln aus den fertigen Spitzen dienen die Schienen r, an denen die Nadelhebel ihren Drehpunkt haben, und die ebenfalls an Platinen eines Jacquardapparats angeschlossen sind, die rechtzeitig die Schienen r nach rechts ziehen, wobei die Nadeln durch Anstoßen an die Schiene x sich senken, während sie durch Verschiebung der Schiene y nach links wieder zum Einstich nach vorn verschoben werden.

Die periodische Beseitigung der fertigen Spitzen erfolgt durch Schaltung des Warenbaumes W vermittelst einer Walze e, auf der W ruht, und die durch einen Schaltkegel k von einer hin und her gehenden Zahnstange z und Zahnrad den Anschub erhält, wobei die Bewegung der Zahnstange z ebenfalls wieder von einer Jacquardplatine ausgeht. Zu bemerken ist noch, daß diejenigen Teile, die bei gleichzeitiger Anfertigung mehrerer gleicher Spitzenstreifen dieselben Bewegungen auszuführen haben (Stecher, Nadeln), durch Schienen i aus Stahlbändern vereinigt werden, damit eine einzige Platine zur Bewegung ausreicht. Die sogen. Musterstange B nimmt Fäden (Bindefäden) auf, die durch Verschiebung von B einzelne Spitzenstreifen aneinander binden.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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