- Siwah
Siwah (Siwe, Siuah, Ammonsoase), zur ägypt. Provinz (Mudirieh) Behera gehörige Oase der Libyschen Wüste, 550 km südwestlich von Kairo, 32 m unter dem Spiegel des 260 km entfernten Mittelmeers, 30 km lang, bis 2 km breit. S. enthält 40 qkm kulturfähigen Boden mit (1897) 5200 (nach andern Angaben 7000) Einw., die in die Lifaya und Rharbyin zerfallen und einen Dialekt des Tamasirht (Berbersprache am Atlas) reden. Die Oase am Süd rande des steil abfallenden libyschen Küstenplateaus, im Süden von Sanddünen begrenzt, hat über 30 süße warme Quellen. Die schon Herodot bekannte Sonnen quelle, deren Temperatur nach den alten Schriftstellern den Tageszeiten entgegenlaufen sollte, aber beständig 29° beträgt, enthält unangenehm salziges Wasser. Im Spätsommer herrscht infolge vieler Sümpfe ungesundes, Fieber erzeugendes Klima. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt 25°. Die Fruchtbarkeit der Oase ist außerordentlich; Hauptpflanze ist die Dattelpalme (über 150,000); ausgetauscht werden gegen Getreide nach Ägypten jährlich an Datteln und Öl 1,5 Mill. kg im Betrage von etwa 800,000 Mk. Auch gedeihen Bohnen, Gerste, Weizen, Mais, Reis, der Ölbaum, Orangen, Limonen, Wein, Granaten, Aprikosen, Pfirsiche, Pflaumen und eine verkrüppelte Art Äpfel. Der Viehstand ist gering, da eine Bremse Kühe und Kamele vernichtet. Wilde Tauben gibt es in Menge. Fast reines Kochsalz wird durch Verdunstung aus Sümpfen gewonnen. Die Hauptorte, S. und Agermi, liegen burgartig auf steilen Felsen mit engen Gassen, 1 km voneinander entfernt. In dem ersten residiert der ägyptische Gouverneur, auch besteht hier eine reichdotierte Schule des Senûssiordens (s. Senûssi). Bei Agermi finden sich Reste eines alten Tempels (des Ammon) oder Palastes mit vielen Bildern und Hieroglyphen und einem tiefen Brunnen, nahebei in den Ruinen von Umm el Beïda Reste eines zweiten Ammontempels. Nur der erste hatte ein berühmtes Orakel, das bereits in der Sage von Perseus und Andromeda eine Rolle spielt und von Semiramis, Psammetich I. und Alexander d. Gr. befragt wurde. Nach Alexander (Iskander) wurde die Oase früher auch Santaria genannt. Mit der Christianisierung Nordafrikas hörte die heidnische Kultusstätte auf. S. wurde Verbannungsort und fiel im 7. Jahrh. dem Islam anheim; von Europäern kam 1792 Browne, 1798 Hornemann dorthin. Vgl. Rohlfs, Drei Monate in der Libyschen Wüste (Kassel 1875); White, From sphinx to oracle (Lond. 1899); Steindorff, Reise nach der Oase S. (Leipz. 1901) und Durch die Libysche Wüste zur Ammonsoase (Bielef. 1904).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.