Saturn [2]

Saturn [2]

Saturn, der zweitgrößte Planet im Sonnensystem, ist umgeben von einer Gruppe von Ringen und umkreist von zehn Monden (Abbildung s. Tafel »Planeten«). Seine mittlere Entfernung von der Sonne beträgt 9,53884 Erdbahnhalbmessere = 1426 Mill. km. Die Exzentrizität seiner um 2°29,7' gegen die Ekliptik geneigten Bahn ist 0,05606, daher der größte Abstand von der Sonne 1506, der kleinste 1346 Mill. km; seine Bahn legt er in 10,759,201 Tagen oder 29 Jahren 167 Tagen mit einer Geschwindigkeit von 10 km pro Sekunde zurück und rückt daher, von der Sonne aus betrachtet, alljährlich nur 12–13°, also täglich etwa zwei Bogenminuten weiter; deshalb sehen wir ihn auch lange, gegen 21/2 Jahre, in demselben Zeichen des Tierkreises. Die synodische Umlaufszeit, d.h. die Zeit von einer Konjunktion mit der Sonne bis zur nächsten, ist 1 Jahr 12 Tage 20 Stunden. Die Entfernung von der Erde variiert zwischen 1198 und 1655 Mill. km, und dementsprechend schwankt auch der mittlere scheinbare Durchmesser zwischen 14 und 20 Bogensekunden. In mittlerer Entfernung beträgt der scheinbare Äquatordurchmesser nach Struve 17,471´´ = 120,800 km, der Polardurchmesser 15,635´´ = 108,100 km, woraus eine Abplattung von 1/9,52 folgt. Das Volumen ist 760 mal so groß als das der Erde, die Masse aber 1/3500 der Sonnenmasse, woraus sich die mittlere Dichte = 0,13 von der der Erde oder 0,66 von der des Wassers ergibt. Der starken Abplattung entspricht auch die rasche Rotation des S. um seine Achse, deren Dauer zuerst W. Herschel (1793) aus der Beobachtung mehrerer Streifen zu 10h 16m 0,4s, dann Hall (1876) zu 10h 14m 23,8s bestimmt hat. Nach den neuesten Beobachtungen von Williams zeigt sie eine beständige Abnahme, aus der Beobachtung heller Äquatorialflecke fand er 1904: 10h 12m 35,8s. Der großen Entfernung des S. von der Sonne entsprechend, beträgt die Intensität des Sonnenlichts auf ihm im Mittel nur 1/90 von derjenigen auf der Erde. Er reflektiert aber das Licht sehr kräftig; seine Helligkeit erreicht, wenn der Ring am breitesten ist, diejenige des Arktur, wenn der Ring verschwunden ist, diejenige des Aldebaran, und seine licht-reflektierende Kraft (Albedo) ist gleich 0,7, also ebenso groß wie bei Venus und 3mal größer als beim Mond. Das Ringsystem glänzt noch heller als der Planet selbst.

Dieses Ringsystem ist eine im ganzen Planetensystem der Sonne einzig dastehende Erscheinung. Galilei entdeckte es gleich nach Erfindung des Fernrohrs (1610), ohne indessen die Form richtig zu erkennen. Erst Huygens erkannte 1657, daß der S. von einem frei schwebenden Ring umgeben sei. 1665 erkannte Ball und 1675 unabhängig hiervon D. Cassini und Maraldi einen schwarzen Streifen auf diesem Ring, der, wie sich bald zeigte, als eine Spaltung aufzufassen war, so daß der Huygenssche Ring eigentlich aus zwei konzentrischen Ringen besteht. Diese sogen. Cassinische Trennung ist auch in kleinern Fernrohren erkennbar. Zwischen dem innern Ring und dem Planeten fand 1850 Bond in Cambridge (Vereinigte Staaten) und Dawes in England einen sehr matten, relativ dunkeln Ring, der etwa ein Drittel des Zwischenraums ausfüllt. Dieser dunkle Ring (Kreppring) ist, namentlich auf der innern Seite, bis gegen die Mitte seiner Breite durchsichtig, von da weiter hinaus hört die Durchsichtigkeit auf. Da, wo er sich auf die Planetenscheibe projiziert, verschwindet der innere Teil dieses Ringes im Lichte des Planeten. Eine scharfe Grenzlinie besteht zwischen ihm und dem innern hellen Ring nicht, auch findet ein allmählicher Übergang der Helligkeit statt. Auf dem äußern Ring hat man auch mehrfach seine Streifen wahrgenommen, die aber nur vorübergehende Bildungen zu sein scheinen. Die Dimensionen des ganzen Ringsystems sind nach den Messungen von Barnard folgende:

Tabelle

Die Dicke der Ringe ist wahrscheinlich kleiner als 150 km, ihre Gesamtmasse beträgt nach Struve nur 1/26720 der Saturnmasse. Die Ebenen der verschiedenen Ringe fallen ungefähr mit der Äquatorebene des S. zusammen und sind gegen die Erdbahn nach Struve um 28°5´ geneigt. Deshalb können wir das Ringsystem nie kreisförmig sehen; vielmehr erscheint es uns im allgemeinen in Form einer Ellipse, deren große scheinbare Halbachse in mittlerer Entfernung 20,1´´ beträgt, während die veränderliche kleine Halbachse bis 9,5'' wachsen kann; letzteres findet statt, wenn S. im Stier und im Schützen steht. Steht aber S. so, daß die (verlängerte) Ebene der Ringe durch die Sonne geht, was der Fall ist, wenn S. im Wassermann oder im Löwen steht, so wird bloß die schmale Seite des Ringes von der Sonne beleuchtet; die Ellipse verschwindet dann, und der Ring erscheint in Form einer seinen Lichtlinie und verschwindet auf kurze Zeit selbst für die größten Instrumente ganz. Jede dieser Erscheinungen tritt während eines Umlaufs des S. zweimal ein, und die Zwischenzeit zwischen der größten Öffnung der Ellipse und dem Verschwinden der Ringe beträgt 7 Jahre 4 Monate, zwischen dem zweimaligen Verschwinden der Ringe ungefähr 16 Jahre; diese Erscheinung trat ein im Oktober 1891 und wird im Sommer 1907 wieder stattfinden. Über die physische Beschaffenheit des S. ist wenig bekannt, da man auf seiner Oberfläche nur wenig unterscheiden kann; parallel dem Äquator zeigen sich öfters eine Anzahl matter Streifen von schwach rötlicher Färbung, ähnlich wie beim Jupiter, doch weniger deutlich, die für die Anwesenheit einer Wasserdampf enthaltenden Atmosphäre sprechen; auch treten im Spektrum des Planeten atmosphärische, dem Wasserdampf zugehörige Absorptionsstreifen auf. Nach Maxwell und Hirn bestehen die Ringe aus einzelnen isolierten Massenteilchen, die gleich Meteorschwärmen den S. umkreisen. Diese Annahme ist, wie Seeliger nachwies, auch in vollständiger Übereinstimmung mit den optischen Erscheinungen, welche die Ringe nach den photometrischen Beobachtungen von Müller darbieten. Zudem hat Keeler durch die spektroskopische Untersuchung der Ringe gezeigt, daß die innern Teile des Ringes mit größerer Geschwindigkeit um den S. kreisen als die äußern. Wären die Ringe eine zusammenhängende Masse, so würde das umgekehrte Verhalten eintreten müssen. S. wird auch noch von zehn Satelliten (Mimas, Enceladus, Tethys, Dione, Rhea, Titan, X, Hyperion, Japetus, Phöbe) umkreist; über deren Entdeckung, zeiten vgl. Planeten. – Mit dem Namen und dem Zeichen (ħ) des S. bezeichnen die alten Chemiker das Blei. Vgl. Proctor, S. and his system (2. Aufl., Lond. 1905); Seeliger, Zur Theorie der Beleuchtung der großen Planeten, insbesondere des S. (München 1887–94).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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