- Rothenburg
Rothenburg, 1) R. ob (an) der Tauber, unmittelbare und Bezirksamtsstadt im bayr. Regbez. Mittelfranken, an der Staatsbahnlinie Steinach-Dombühl, 425 m ü. M., liegt, noch von Mauern umgeben, auf dem Rand eines Plateaus, dessen Abhänge sich schroff in den über 65 m tiefen Grund der Tauber hinabsenken. R. hat 6 evangelische und 2 kath. Kirchen (darunter sich die 1373–1453 in gotischem Stil erbaute Hauptkirche St. Jakob mit schönen Glasmalereien und Schnitzaltären, die der ehemaligen Schäfergilde gehörige Schäfer- oder St. Wolfgangskirche [1493] und die zahlreiche Grabsteine enthaltende Franziskanerkirche auszeichnen), ein altes Johanniterschloß (jetzt Sitz des Bezirksamtes), ein altes Rathaus von 1240 und ein zweites (neues) Rathaus von 1572 und viele alte, malerisch und architektonisch bemerkenswerte Häuser, ein Progymnasium, eine Realschule, eine Präparandenanstalt, eine Musikschule, ein reichhaltiges städtisches Archiv, ein Waisenhaus, eine Bildergalerie, ein Amtsgericht, ein Forstamt und (1905) 8436 Einw., davon 618 Katholiken und 94 Juden, die Fabrikation von Kinderwagen, Puppen und Spielwaren (2 Fabriken mit 465 Arbeitern), Gold- und Silberwaren, Mühleneinrichtungen und landwirtschaftlichen Maschinen, Steinhauerei, ein Elektrizitätswerk, Bierbrauerei, Färberei, Pulver- u. Gipsbereitung, besonders aber Landwirtschaft und etwas Weinbau betreiben. In der Nähe liegt das der Stadt gehörige, sehr besuchte Wildbad mit Schwefel- und Stahlquelle, 11 km entfernt das Bad Burgbernheim (s. d.). R. war bis 1108 der Sitz der Grafen von R.-Komburg; nach deren Aussterben kam die Landvogtei R., aus den Städten R., Feuchtwangen, Dinkelsbühl und Windsheim bestehend, nebst Franken an Konrad III. von Schwaben, dessen Sohn Friedrich den Titel Herzog von R. führte. 1172 ward R. Reichsstadt und stand unter den Burggrafen von Nürnberg.
In der Stadt hatte bis 1409 ein kaiserlicher Landrichter seinen Sitz. Durch den Vertrag zu R. ward 1377 der schwäbische Städtekrieg beendet und den 18 geächteten schwäbischen Städten die alte Freiheit bestätigt. Die Glanzzeit der Stadt fiel in das 16. Jahrh.; damals ward auch die großartige neue Befestigung angelegt. R. erwarb vom Bistum Würzburg und den Grafen von Hohenlohe bedeutende Besitzungen und behielt die meisten auch nach dem Bauernkrieg, an dem es, durch Karlstadt aufgehetzt, sich beteiligte. Auch dem Schmalkaldischen Bund angehörig, wurde R. wegen Begünstigung Albrechts von Brandenburg-Kulmbach durch Karl V. besetzt. Am 12. Sept. 1619 fand in R. eine Zusammenkunft der Teilnehmer an der Union statt. Im Dreißigjährigen Kriege wurde R. 1631 von Tilly erobert und der Überlieferung nach der Rat der Stadt nur durch den »Meistertrunk« des Bürgermeisters vom Tode gerettet (jährlich am Pfingstmontag wird ein hierauf bezügliches Festspiel ausgeführt). R. ward dann bald von den Schweden, bald von den Kaiserlichen und 1645 von den Franzosen erobert und sank seitdem mehr und mehr. An Bayern kam R. 1803. Als Reichsstadt hatte es zuletzt ein Gebiet von 358 qkm (6,5 QM.) mit 18,000 Einw. Vgl. Winterbach, Geschichte der Reichsstadt R. (Rothenb. 1826–27, 2 Bde.); Bensen, Beschreibung und Geschichte der Stadt R. (Erlang. 1856); Merz, R. in alter und neuer Zeit (2. Aufl., Ansb. 1881); Schultheiß, R., ein Städtebild (Zürich 1892); Architekturaufnahmen von Rückwardt (Leipz. 1896, 30 Tafeln) und Kempf (Frankf. 1900, 30 Tafeln); Weigel, Führer durch die Stadt R. (5. Aufl., Rothenb. 1903). – 2) (R. in der Oberlausitz) Kreisstadt im preuß. Regbez. Liegnitz, an der Görlitzer Neiße, Güternebenstelle von Horka an der Staatsbahnlinie Kohlfurt-Falkenberg, 155 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Schloß mit Park, großer Baumschule und Ananaszucht, ein Krüppelheim, ein Amtsgericht, Papier-, Ofen-, Töpferwaren- und Zigarrenfabrikation, Leinweberei, ein großes Mühlwerk, ein Dampfsägewerk und (1905) 1263 meist evang. Einwohner. – 3) (R. an der Obra, bis 1897 Rostarschewo) Stadt im preuß. Regbez. Posen, Kreis Bomst, an der Obra und der Staatsbahnlinie Wollstein-Grätz, hat eine evang. Kirche, bedeutende Ziegelbrennerei und (1905) 1187 meist evang. Einwohner. – 4) (R. an der Oder) Stadt im preuß. Regbez. Liegnitz, Kreis Grünberg, 4 km von der Oder, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Bentschen-Kottbus und Glogau-Reppen, hat eine evangelische und eine altluth. Kirche, Wollwäscherei, Wein- und Obstweinkellerei und (1905) 1104 meist evang. Einwohner. R. gehörte früher zur Neumark und wurde 1690 zur Stadt erhoben. – 5) Dorf im preuß. Regbez. Merseburg, Saalkreis, an der Saale, hat eine evang. Kirche, Eisengießerei und Maschinenbau (Prinz-Karlshütte), ein Kupfer- und Walzwerk, Messingnäpfchenfabrik, Spiritus- und Ziegelbrennerei, Sandsteinbrüche und (1905) 1207 Einw. – 6) Burgruine im schwarzburgrudolstädt. Amt Frankenhausen, auf der westlichen Spitze des Kyffhäusers (s. d.) über Kelbra gelegen, 386 m ü. M., beliebter Vergnügungsort. Vgl. Hesse, Geschichte des Schlosses R. (Naumb. 1823).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.