Pulszky

Pulszky

Pulszky (spr. púlßki), 1) Franz Aurel, ungar. Schriftsteller, geb. 17. Sept. 1814 zu Eperies im Saroser Komitat, gest. 9. Sept. 1897 in Budapest, widmete sich zu Miskolcz und Eperies philosophischen und juristischen Studien und bereiste sodann Deutschland, Italien, wo er in Rom zum Mitgliede des archäologischen Instituts ernannt wurde, Rußland, England und Frankreich. Seine (deutsch und ungarisch abgefaßte) Schrift »Aus dem Tagebuch eines in Großbritannien reisenden Ungarn« (Pest 1837) verschaffte ihm die Ausnahme in die ungarische Akademie. Vom Komitat Saros zu dem Reichstag von 1840 gewählt, machte er sich unter den Rednern der Opposition bemerklich und ward Sekretär der mit Ausarbeitung eines neuen Strafgesetzbuches betrauten Reichskommission. Im März 1848 vom Erzherzog-Palatin Stephan als Regierungskommissar nach Pest berufen, im April zum Unterstaatssekretär im Finanzministerium ernannt, dann in gleicher Eigenschaft nach Wien versetzt, wurde er von dem ungarischen Minister des Auswärtigen, Fürsten Esterhazy, fast mit der ganzen Leitung der Geschäfte betraut. Im Verdachte, den Oktoberaufstand mit veranlaßt zu haben, war er in Wien ernstlich bedroht, entkam aber Mitte Oktober nach Ungarn und ward hier zum Mitglied des Landesverteidigungsausschusses ernannt. Bei Windischgrätz' Anrücken flüchtete er nach Paris und wandte sich im März 1849 nach London, wo er für die Interessen des ungarischen Aufstandes eifrig wirkte. Nach Kossuths Ankunft in England begleitete er ihn auf der Rundreise durch Amerika, die er in Gemeinschaft mit seiner Gattin Therese P. (geb. 1815 in Wien) u. d. T.: »White, red, black« (Lond. 1852, 3 Bde.; deutsch, Kassel 1853, 5 Bde.) beschrieb. Schon vorher hatte er einen historischen Roman: »Die Jakobiner in Ungarn« (Berl. 1851, 2 Bde.), sowie »Ideen zur Philosophie der Geschichte Ungarns« (im ungarischen »Athenäum«) erscheinen lassen, während seine Gattin außerdem: »Memoirs of a Hungarian lady« (Lond. 1850, 2 Bde.; deutsch, Leipz. 1850) und »Tales and traditions of Hungary« (Lond. 1851, 2 Bde.; deutsch, Berl. 1851) veröffentlichte. Im Mai 1852 vom Kriegsgericht zu Pest in contumaciam zum Tode verurteilt, lebte P. seit 1860 mit seiner Familie in Italien, wo er 1862 an dem Zuge Garibaldis nach Kalabrien teilnahm und infolgedessen einen Monat lang in Neapel gefangen gehalten wurde. Als seine Gattin 1866 in Begleitung einer Tochter sich nach Ungarn begeben hatte, um die Zurücknahme ihrer Vermögenskonfiskation zu betreiben, und zu Ofen an der Cholera erkrankte, erhielt P. im September 1866 von der österreichischen Regierung die Erlaubnis zu einer Reise nach Ofen, fand aber Frau wie Tochter bei seiner Ankunft bereits gestorben. Er wurde bald darauf vom Kaiser begnadigt und war 1867–76 und dann wieder von 1884 an Mitglied des ungarischen Reichstags. P. war Präsident der sprach- und schönwissenschaftlichen Klasse der ungarischen Akademie, Präsident der Ungarischen Archäologischanthropologischen Gesellschaft und 1869–94 Direktor des Nationalmuseums in Pest, das er vollständig reorganisiert hat, seit 1872 auch Generaldirektor sämtlicher Provinzmuseen und Bibliotheken des Landes. Noch veröffentlichte er seine MemoirenEletem es korom«, Pest 1879–82, 4 Bde.; deutsch: »Meine Zeit und mein Leben«, Preßb. 1880–83), »Die Kupferzeit in Ungarn« (ungar. u. deutsch, Budapest 1884) und »Publizistische Schriften« (ungar., das. 1894).

2) August von, ungar. Politiker und Publizist, Sohn des vorigen, geb. 3. Juli 1846 in Wien, gest. 11. Sept. 1901 in Budapest, seit 1875 Professor der Rechtsphilosophie an der Budapester Universität. Schon vorher wurde er 1871 als Deputierter in den Reichstag gesandt, wo er zuerst der Deákpartei angehörte, dann zur Fusion und hernach zur vereinten Opposition überging, eine Zeitlang außerhalb jeder Parteiverbindung wirkte, bis er 1889 seinen Anschluß an die liberale Partei vollzog. P. zeichnete sich als schlagfertiger, der Opposition besonders verhaßter Redner aus. Als 1894 Baron Lorand Eötvös das Unterrichtsministerium übernahm, bekleidete er in diesem kurze Zeit die Stelle eines Unterstaatssekretärs. In den Delegationen fungierte er als Referent des Kriegsbudgets. Er schrieb (in ungarischer Sprache): »Vergangenheit, Theorie und gegenwärtiger Stand des Gefängniswesens« (in Verbindung mit Emil Tauffer, Budapest 1867), »Das römische Recht und die moderne Rechtsentwickelung« (1867), »Die Grundlehren der Rechts- und Staatsphilosophie«; in englischer Sprache: »The theory of law and civil society« (Lond. 1887). – Sein Bruder Karl, geb. 9. Nov. 1853 in London, gest. 6. Juni 1899 durch Selbstmord bei Brisbane (Australien), bis 1896 Direktor der (Esterhazyschen) Landesbildergalerie in Budapest, hat sich als Kunstschriftsteller einen Namen gemacht (»Biographie Raffael Santis«, »Hervorragende Werke der ungarischen Landesbildergalerie«, »Meisterwerke der Goldschmiedekunst in Ungarn« u. a.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pulszky — Pulszky, Franz Aurel, geb. 1814 zu Eperies in Ungarn, widmete sich bis 1833 dem Studium der Philosophie u. Jurisprudenz; nach einem längeren Aufenthalte in Deutschland u. Italien kehrte er nach Ungarn zurück, wo er ein eifriger Anhänger der… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Pulszky — von Lubócz und Cselfalva (spr. ski, botz, tschel ), Ferencz, ungar. Schriftsteller, geb. 17. Sept. 1814 zu Eperies, 1848 Staatssekretär, 1849 wegen Teilnahme am Aufstand flüchtig, 1866 amnestiert, Reichstagsabgeordneter, gest. 9. Sept. 1897;… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Pulszky — Pulszky, Franz Aurel, geb. 1814 zu Eperies, bei der Revolutionirung Ungarns hervorragend thätig, Mitglied der revolutionären Regierung, flüchtete 1849 mit Kossuth u. betheiligte sich an dessen Treiben in England und Nordamerika, gab mit seiner… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Pulszky — The Pulszky family of Hungary included several notables:*Ferenc Pulszky (1814 1897), writer and politician *Károly Pulszky (1853 1899), art collector, Ferenc s son *Romola de Pulszky, ballerina wife of Vaslav Nijinsky, Karoly s daughtersurname …   Wikipedia

  • Ferenc Pulszky — Ferenc Aurél Pulszky de Cselfalva et Lubócz (17 September 1814 9 September 1897) was a Hungarian politician and writer.He was born at Eperjes; after studying law and philosophy at the high schools of his native town and Miskolc, he travelled… …   Wikipedia

  • Пульский Франц-Аврелий (дополнение к статье) — (Pulszky) венгерский писатель и политический деятель; ум. в 1897 г …   Энциклопедический словарь Ф.А. Брокгауза и И.А. Ефрона

  • Пульский — Пульский, Ференц Ференц Пульский Ференц Аурел Пульский де Чельфальва эт Любоч, венг. Ferenc Aurél Pulszky de Cselfalva et Lubócz (17 сентября 1814, Эперьеш  9 сентября …   Википедия

  • Пульский, Ференц — Ференц Пульский Ференц Аурел Пульский де Чельфальва эт Любоч (венг. Ferenc Aurél Pulszky de Cselfalva et Lubócz; …   Википедия

  • Over-the-Rhine — This article is about the Cincinnati neighborhood. For the Ohio based band, see Over the Rhine (band). Over the Rhine Historic District U.S. National Register of Historic Places …   Wikipedia

  • Vaslav Nijinsky — Leon Bakst Nijinsky en el ballet La siesta del fauno, 1912. Vaslav Fomich Nijinsky (ruso: Вацлав Фомич Нижинский; Kiev, 12 de marzo de 1890 Londres, 8 de abril de 1950) fue un bailarín de ballet y …   Wikipedia Español

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”