- Nówaja Semlja
Nówaja Semlja (»das neue Land«), zum Kreise Mesen des russ. Gouv. Archangel gehörige Doppelinsel im Nördlichen Eismeer (s. Karte »Sibirien«), zwischen 70°31´ (Kap Kussow) bis 77°6´ nördl. Br. (Eiskap) und 51°35´-69°2´ östl. L., trennt das Ostspitzbergische Meer vom Karischen Meer und wird selbst getrennt durch die 43 km breite Karische Straße von der Insel Waigatsch, hat 950 km Länge bei 60–145 km Breite und 92,000 qkm Fläche, wovon auf die nördliche Insel 51,000 qkm, auf die von ihr durch den Matotschkin Schar getrennte südliche Insel 41,000 qkm entfallen. Kleinere zugehörige Inseln sind die Meschduscharskiinsel (321 qkm), die Kussowinsel, Pankratiew, die Golfstrominseln, die Oranieninseln, Pachtusow. Das Innere wird von einem Kammgebirge durchzogen, das bis 1400 m aufsteigt und als Fortsetzung des Urals angesehen wird. Besonders an der Westküste schneiden zahlreiche Fjorde tief in das Innere ein. Fast ohne Gliederung ist die gegen 160 km lange Küste des »Gänselandes« (Gussinaja Semlja) im W. sowie der nördlichste und südlichste Teil der Ostküste. Das Gebirge besteht hauptsächlich aus silurischen und devonischen Gesteinen; in den Parallelketten des Südens ist Porphyr vorherrschend; von nutzbaren Mineralien finden sich Kohlen und Eisenerz. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt an der Westküste 9,5, an der Ostküste 8,4°. Die Schneelinie beginnt bei dem Matotschkin Schar in 600 m. Die Flora zählt außer Moosen und Flechten 135 Arten von Phanerogamen, darunter nur wenige Halbsträucher. Zur Fauna gehören Eisbären, Wolfe, Eisfüchse, Hermeline, das Renntier, unter den 43 Vogelarten sind Schnee-Eule, Zwergschwan, Trottellumme und Hausschwalbe bemerkenswert. Die wegen ihres Reichtums an Pelztieren, Eidergänsen, Walen und Fischen schon seit dem 11. Jahrh. von Angehörigen aller Nationen viel aufgesuchte Insel erhielt eine dauernde Ansiedelung durch eine 1877 von der russischen Regierung in der Mollerbai zu Maljie Karmakuli gegründete Rettungsstation, der sich 1882 eine meteorologische Station und 1888 zwei durch Nossilow gegründete Samojedenkolonien, die eine in der Mollerbai, die andre in der Mitte des Matotschkin Schar, anschlossen. – N. war vermutlich schon im 11. Jahrh. den Nowgorodern bekannt, doch wurde die Insel historisch zuerst von Willoughby entdeckt. Die ersten genauern Nachrichten verdankt man dem Holländer Barents (s. d.), der 1594 den nordöstlichen Teil der Insel (Barentsland) erforschte und 1596–97 im Eishafen am Nordostende überwinterte. Unter den neuern Reisen sind die wichtigsten die vier Sommer nacheinander (1821–24) wiederholten Fahrten Lütkes (vgl. dessen Reisebericht, deutsch von Erman, Berl. 1835), die Expeditionen von Pachtusow, Ziwolka, Moisejew und v. Baer (1832–39), der norwegischen Fangmänner (seit1869), von Payer und Weyprecht und von Heuglin (1871), die Sibirienfahrten Nordenskiölds (1875, 1876 und 1873), die Forschungen von Nossilow (1887–89), Tschernyschew (1895), Borisov (1899 und 1900) und Ekstam (1900 und 1903). Vgl. außer den Berichten der genannten Forscher noch Spörer, Nowaja Semlja (Gotha 1867); Töppen, Die Doppelinsel N. (Leipz. 1878); Pearson, Beyond Petsora eastward: two summer voyages to N. S. (Lond. 1899); Schukow u. Buturlin, Im Norden Rußlands (ruff, Moskau 1901); Borisov, Meine Erlebnisse auf N. (Prag 1906).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.