- Montecuccoli
Montecuccoli (Montecuculi), Raimund, Graf von, deutscher Reichsfürst und Herzog von Melfi, österreich. Feldherr, geb. 21. Febr. 1609 auf dem Stammschloß Montecuccolo bei Modena, gest. 16. Okt. 1680 in Linz, begann 1625 seine militärische Laufbahn unter den Augen seines Oheims, des Generalfeldzeugmeisters Ernst, Grafen von M. (gest. 8. Juli 1633), kämpfte bei Breitenfeld (1631), Lützen (1632), Nördlingen (1634), Kaiserslautern (1635) und als Oberst bei Wittstock (1636). Im J. 1639 nach Böhmen gesandt, um den Schweden unter Banér den Elbübergang streitig zu machen, wurde er bei Brandeis geschlagen und geriet in Gefangenschaft. Nach seiner Auswechselung (1642) trat er wieder bei der kaiserlichen Armee in Schlesien ein, schlug bei Troppau ein feindliches Korps und entsetzte Brieg. Zum Generalwachtmeister ernannt, kämpfte er 1643 kurze Zeit in Diensten des Herzogs von Modena, ward 1644 vom Kaiser zum Feldmarschalleutnant und Hofkriegsrat befördert, befehligte in Franken, Sachsen, Bayern, wurde Kommandierender in Schlesien, unterstützte 1645 den Erzherzog Leopold auf dessen Zuge gegen den Fürsten Rákóczi von Siebenbürgen und schlug 1647 die Schweden unter Melander in Schlesien, wofür er zum General der Kavallerie ernannt ward. Am 17. Mai 1648 machte er die Schlacht bei Zusmarshausen mit und deckte den Rückzug. Nach dem Friedensschluß unternahm er Reisen nach Schweden und Italien. Seine Bekanntschaft mit Christine von Schweden bot Stoff zu romanhaften Gerüchten. 1653 ward er zum stellvertretenden Präsidenten des obersten Kriegsrats in Regensburg ernannt; 1657 unterstützte er den polnischen König Johann Kasimir gegen Rákóczi und die Schweden und zwang erstern zum Frieden mit Polen. 1658 zum Feldmarschall ernannt und dem von den Schweden bedrängten Dänenkönig zu Hilfe gesandt, vereinigte er sich bei Küstrin mit den Truppen des Kurfürsten von Brandenburg, vertrieb die Schweden aus Jütland und Fünen und eroberte schließlich auch Pommern. Nach dem Frieden von Oliva (1660) ward er Geheimrat und Gouverneur von Raab und erhielt das Kommando gegen die Türken. Drei Jahre mußte er in der Defensive verharren; endlich erfocht er mit Hilfe eines Teiles der Reichstruppen den entscheidenden Sieg bei St. Gotthard (1. Aug. 1664), der den Frieden von Vasvár zur Folge hatte. 1668 erhielt er das Präsidium des Hofkriegsrats. Als Ludwig XIV. 1672 Holland angriff, erhielt M. den Oberbefehl über das mit der Armee des Großen Kurfürsten vereinigte kaiserliche Hilfskorps, vertrieb im Sommer 1673 Turenne aus Deutschland und eroberte, mit dem Prinzen von Oranien vereint, Bonn. 1675 wieder an der Spitze der Kaiserlichen, manövrierte er vier Monate lang am Rhein erfolglos gegen Turenne, bis dieser 27. Juli 1675 in der Schlacht bei Sasbach fiel, worauf M. die Franzosen bis nach dem Elsaß verfolgte und Hagenau und Zabern belagerte. Durch Condés Erscheinen zum Rückzug aus dem Elsaß ge. zwungen, beschloß M. mit der Belagerung von Philippsburg seine militärische Laufbahn. Er lebte fortan meist am kaiserlichen Hof, im Umgang mit Gelehrten. Die Stiftung der Leopoldinischen Akademie für Naturforschung ist wesentlich sein Verdienst. 1679 ward er vom Kaiser Leopold zum deutschen Reichsfürsten ernannt und vom König von Neapel mit dem Herzogtum Melsi belehnt. Mil seinem Sohne Leopold Philipp starb 1698 die fürstliche Linie aus. Seine »Memorie della guerra ed istruzione d'un generale« (Vened. 1703; deutsch, Leipz. 1736) enthalten Abhandlungen über die Kriegskunst und Berichte über den Türkenkrieg und den Feldzug von 1661. Die »Opere complete di M.« (Mail. 1807–1808, 2 Bde.; 2. Aufl., Turin 1821) enthalten außer Poesien und politischen Schriften auch ein wichtiges Werk über Ungarn; »Ausgewählte Schriften« des Fürsten militärischen Inhalts sind herausgegeben von der Direktion des k.u.k. Kriegsarchivs in Wien (bearbeitet von Veltzé, 1899–1900, 4 Bde.). M. wird der bekannte Ausspruch über die drei zum Kriege notwendigen Dinge (Geld, Geld, Geld) zugeschrieben. Vgl. Campori, Raimondo M., la sua famiglia ei suoi tempi (Flor. 1876); Großmann, Raimund M. (Wien 1878); Nottebohm, M. und die Legende von St. Gotthard (Berl. 1887).
Das Geschlecht der Grafen von M. blüht gegenwärtig in zwei Hauptlinien, der ältern oder österreichischen, in Niederösterreich begüterten (M.-Laderchi) und der jüngern oder modenesischen (M.-degli Erri, Marchesi di Polignago), von denen erstere wieder in die beiden Häuser der Marchesi di Guiglia e Marano und der M.-Laderchi im engern Sinne zerfällt. Den letztern gehört an Graf Albert, geb. 1. Juli 1802, gest. 19. Aug. 1852, der 1848--49 österreichischer Staatsminister, dann Sektionschef im Ministerium des Innern war.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.