- Milchfehler
Milchfehler (Melkfehler), alle Zustände und Eigenschaften bei einer Milchkuh, die den unter regelmäßigen Umständen zu erwartenden Ertrag der Milchproduktion beeinträchtigen durch Verringerung der erzeugten Milchquantität, Verschlechterung der Qualität, und zwar des Gehalts an Nährstoffen, des Aussehens, des Geschmacks oder der Tauglichkeit zur weitern Verarbeitung und zum Genuß, ferner durch Schwierigkeit oder Mangelhaftigkeit der Milchgewinnung. Allgemeine Gesundheitsstörungen üben meist einen Einfluß auf Quantität und Qualität der Milch aus. Bei akuten fieberhaften Leiden bildet das plötzliche Abnehmen, bez. Versiegen der Milch ein besonders auffälliges Krankheitszeichen; chronische Ernährungsstörungen vermindern die Absonderung oder machen die Milch wässerig. Der Geschmack der Milch wird nachweislich durch mehrere Futtermittel beeinträchtigt, am häufigsten bitter gemacht (z. B. durch Kohlrüben, ranzige Ölkuchen etc., meist jedoch durch verdorbene Futterstoffe); ebenso kann die Milch einen abnormen Geruch und abnorme Farbe (blau, gelb, rot) durch Beimischung von der Nahrung entstammenden Stoffen annehmen. Eine andre Ursache hat die Rotfärbung der Milch beim Blutmelken (s. d.). Ebenso entsteht die sogen. blaue Milch durch eine Veränderung nach dem Melken infolge Ansiedelung von Pilzen; ähnliche Ursachen bedingen die schleimige, fadenziehende und die faulige Milch; alle diese M. entstehen besonders in der heißen Jahreszeit bei ungenügender Aufbewahrung, Unreinlichkeit etc. Das wenige Stunden nach dem Melken eintretende Schlikkerigwerden sowie das Nichtbuttern, wobei der Rahm der anscheinend normalen Milch gerinnt, schäumt und sich nicht sammelt, wird durch die Fütterung, bez. krankhafte Zustände des Tieres selbst bedingt. Der Genuß der Milch kann endlich durch die Fütterung und durch Krankheiten der Milchkuh sogar gesundheitsschädlich werden; so ist die Milch bei reichlicher Fütterung von Rüben und Schlempe schädlich für Säuglinge und Kälber. Die Milch tuberkulöser und an Maul- und Klauenseuche kranker Kühe kann den Ansteckungsstoff enthalten. Zu Milchfehlern im engern Sinne geben die zahlreichen Euterkrankheiten (s. Euter) Anlaß. Bisweilen ist die Gewinnung der Milch durch Untugenden der Kuh behindert. Hierher gehört zunächst Widerstand gegen das Melken durch Herumspringen, Schlagen etc.; oft beruht dies jedoch nicht auf Bosheit, sondern auf Schmerzhaftigkeit des Melkens, weshalb in solchem Fall zunächst die Zitzen sachverständig zu untersuchen sind. Außerdem haben manche Kühe die Gewohnheit, sich selbst die Milch abzusaugen; dieser Untugend wird in manchen Gegenden durch das Aufbinden eines Igelfelles auf den Nasenrücken der betreffenden Kuh begegnet, dessen beim Absaugen unvermeidliche Einstiche in das Euter oft die Ausübung dieser Untugend dauernd verhindern. Beim Kauf einer Milchkuh muß man sich Gesundheit des Euters und Nichtvorhandensein der Melkuntugenden besonders zusichern lassen; andernfalls ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Verkäufer dafür nicht haftbar.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.