Maisur [1]

Maisur [1]

Maisur (Mysore), Tributärstaat des britischind. Kaiserreichs im südlichen Teil Vorderindiens (s. Karte »Ostindien«), zwischen 11°38'–15°2' nördl. Br., von den Präsidentschaften Madras und Bombay umschlossen und 72,351 qkm groß. M. bildet ein nach N. offenes Dreieck, dessen Seiten, die Ost- und Westghats, im S. in den Nilgiri zusammenlaufen; den westlichen, bergigen und waldigen, am dünnsten bewohnten Teil bildet das Malnad, den ebenen, dichtbevölkerten das Maïdan. Die mittlere Erhebung des welligen Tafellandes ist 600–800 m; der Mulaïngiri erreicht 1925 m. Eine eigentümliche Erscheinung sind isolierte Granitkegel mit festen Schlössern und Quellen auf ihrem Gipfel. Die Flüsse, zu den Gebieten von Krischna, Kaweri, Pennar und Palar gehörig, dienen nur zur Bewässerung und speisen ein ausgedehntes Kanalnetz und unzählige Teiche, darunter den von Sulekerch mit 64 km Um sang. Das Klima (Mitteltemperatur in Bangalor 23,4–25,8°) ist für Europäer erträglich, der im W. gewöhnlich sehr bedeutende Regenfall nimmt nach O. ab, bleibt auch zuweilen aus, wodurch sehr schwere Hungersnöte entstehen. Von Metallen findet man besonders Magneteisen, auch Kupfer und Gold. Die Wälder bedecken 960 qkm und enthalten namentlich Tiek- und Sandelholz, aber auch Tiger und Leoparden. Jagd auf Elefanten darf nur von der Regierung betrieben werden. Die Bevölkerung bezifferte sich 1901 auf 5,539,399 Seelen, davon 5,099,177 Hindu, 289,697 Mohammedaner, 50,059 Christen (zwei Drittel Katholiken). Die katholische Mission besitzt 56 Kirchen unter einem Bischof; zwei protestantische englische Gesellschaften wirken auf 20 Missionsstationen. Wilde Stämme (Kuruba, Hollaru etc.) hausen in den Wäldern. Die Sprache der Mehrzahl (73 Proz.) ist Kanaresisch, nächstdem Telugu, Hindustani, Tamil und Mahratti. Das Schulwesen, früher ganz den Missionen überlassen, ist neuerdings bedeutend durch den Staat gefördert worden. Von Wohltätigkeitsanstalten bestehen 3 Krankenhäuser, ein Irrenhaus, ein Asyl für Aussätzige, eine Gebäranstalt. Ackerbau, dem 13/4 Mill. Hektar gewidmet sind, treiben (1901) 67 Proz. der Bevölkerung; er erzeugt namentlich Getreide (Reis, Weizen), Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Kokos- und Arekanüsse, Kaffee, Baumwolle, Zuckerrohr, Tabak, auch baut man Kartoffeln in geringem Maße. Der Viehstand beschäftigte 1901: 83,290 Personen und erstreckt sich auf Schafe, Ziegen, Rinder und Büffel, Maulesel und Esel, Schweine und Pferde. Die Industrie ist vertreten in Bangalor und Kolar durch Eisengießereien, Mattod liefert Ohrringe und Armbänder aus Glas, Bangalor schöne Goldschmiedearbeiten, Harisar roten Maroquin, vorzüglich sind die kupfernen Gefäße. Der wenig bedeutende Handel vertreibt Bodenprodukte und Sandelholz. Die Landstraßen werden gut erhalten; durch Eisenbahn sind Bangalor, die Stadt M. und Tumkur mit Madras verbunden. Der Maharadscha (Kschatriya) von M. wurde 1881 von der britischen Regierung unter gewissen Beschränkungen eingesetzt, doch blieb die Hauptstadt Bangalor im Besitz der Engländer als Militärstation. Oberrichter ist ein Engländer, als Beisitzer hat er zwei eingeborne Richter. Eingeteilt wird der Staat in drei Divisionen und acht Distrikte. Die Staatseinkünfte betragen gegen 22 Mill. Rupien, der jährliche Tribut an die britische Regierung zur Erhaltung der Militärmacht 245,000 Pfd. Sterl. Sitz der Verwaltung ist Bangalor (s. d.), wo der Maharadscha einige Monate im Jahre residiert, die eigentliche Hauptstadt aber die Stadt M. (s. den folg. Artikel), an Stelle der frühern Residenz Seringapatam.

Aus dem Sagenkreis tritt M. durch die Inschriften über die Taten der mächtigen Tschâlukyadynastie hervor, deren Herrschaft von 450 n. Chr. bis ins 11. Jahrh. dauerte. Mit ihr teilten in dieser Zeit die Vellalakönige zu Dwara-Samudra im nördlichen M. die Macht. Später dehnten die mächtigen Könige von Widschayanagar an der mittlern Tungabhadra sowie die Großmoguls zu Dehli ihre Herrschaft über M. aus. Das eigentliche Reich M. entstand um 1610 durch Radscha Wodejar, der Seringapatam zu seiner Hauptstadt machte. Nach dem Erlöschen seiner Linie schwang sich unter den verschiedenen Prätendenten Haider Alî (s. d.) 1761 auf den Thron, den er wie sein Sohn Tippu Sahib durch Eroberungen mit großem Glanz umgab, bis der letztere im erbitterten Kampf gegen die Engländer 1799 auf den Ruinen seiner Hauptstadt Seringapatam (die seitdem ein von Dschangeln überwachsenes Trümmerfeld blieb) fiel. Die Engländer setzten einen Nachkommen der alten Könige auf den Thron, nahmen aber 1831 infolge grober Mißregierung das Land in eigne Verwaltung und setzten erst 25. März 1881 den Tschama Radschendra Wodejar als Maharadscha ein. Doch darf der Fürst weder Forts bauen, noch alte wiederherstellen, seine Armee darf eine bestimmte Höhe nicht überschreiten (jetzt zählt sie 1000 Mann Infanterie, 32 Mann Kavallerie und 6 Geschütze); er darf keine eignen Münzen prägen, weder Salz noch Opium bereiten lassen und Europäer nur mit Bewilligung der englisch-indischen Regierung anstellen. Dagegen dürfen die Engländer Militärstationen errichten und Eisenbahnen und Telegraphen erbauen, wo sie wollen. Seit 1894 herrscht über M. der Maharadscha Krischnaradscha Wodejar (Wadiar) Bahadur (geb. 4. Juni 1884), den Lord Curzon 1902 in seine Rechte feierlich einwies. Dem Range nach steht M. als Feudalstaat gleich hinter Haidarabad. Vgl. Sprengel, Hyder Aly und Tippo Saheb (1801); Elliot, Gold, sport, and coffee planting in Mysore (Lond. 1894); L. Rice, Gazetteer of Mysore (das. 1897, 2 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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