Leidenfrostscher Tropfen

Leidenfrostscher Tropfen

Leidenfrostscher Tropfen. Bringt man etwas Wasser in eine glühende Metallschale, so bildet es einen abgerundeten Tropfen (Sphäroidalzustand), der die Gefäßwand nicht unmittelbar berührt, sondern, von einer dünnen, die Wärme schlecht leitenden Dampfschicht getragen, unter lebhafter Bewegung, ohne zu sieden, allmählich verdunstet. Entfernt man die Flamme, so kommt der Tropfen nach einiger Zeit, nachdem die Gefäßwand sich hinreichend abgekühlt hat, mit ihr in Berührung und verdampft nun plötzlich unter stürmischer Dampfbildung. Man nennt diese Erscheinung nach ihrem Entdecker den »Leidenfrostschen Tropfen«; alle Flüssigkeiten sind fähig, ihn zu bilden, nur muß die Temperatur der Metallfläche um so höher sein, je schwerer verdampfbar die Flüssigkeit ist, oder je weniger leicht sich die dünne und die Wärme schlecht leitende Dampfschicht bildet, welche die Flüssigkeit hindert, mit der heißen Fläche in Berührung zu kommen. Aus der Leidenfrostschen Tropfenbildung erklären sich mehrere bemerkenswerte Erscheinungen. Ein Gemisch von fester Kohlensäure und Äther behält in einem glühenden Platintiegel, indem es einen Leidenfrostschen Tropfen bildet, eine so tiefe Temperatur, daß hinzugefügtes Quecksilber im glühenden Tiegel augenblicklich gefriert. Man hat angenommen, daß Dampfkesselexplosionen manchmal dadurch herbeigeführt werden, daß bei zu niedrigem Wasserstande die Kesselwände ins Glühen geraten und dann das im Kessel befindliche Wasser einen einzigen großen Leidenfrostschen Tropfen bildet, der bei darauffolgender Abkühlung durch plötzliche massenhafte Dampfbildung den Kessel zertrümmert. Die merkwürdige Tatsache, daß man die befeuchtete Hand ungestraft in geschmolzenes Eisen tauchen kann, erklärt sich ebenfalls aus der Bildung einer dünnen Dampfschicht, welche die Hand wie ein schützender Handschuh umhüllt und mit dem heißen Metall in Berührung zu kommen hindert. Feste Kohlensäure kann man aus gleichem Grund ohne Gefahr auf die Hand legen, obschon sie gegen 100° unter Null besitzt. Beim Drücken, wobei die Dampfschicht weggepreßt wird, entstehen aber Verletzungen, die schwer heilen. Vgl. Boutigny, Studien über die Körper im sphäroidalen Zustand (deutsch von Arendt, Leipz. 1858)


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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