- Kokaīn
Kokaīn (Methylbenzoylekgonin) C17H21NO4 oder
Alkaloid der Kokablätter (s. Erythroxylon), findet sich bis zu 0,8 Proz. in der grünen bolivianischen Koka, die aber bei den Indianern sehr beliebt ist und nur in geringer Menge nach Europa gelangt. Billiger und reichlicher vorhanden ist die peruanische mit 0,5 Proz. K. Die Trujillokoka stammt von einer andern Erythroxylon-Art auf Jamaika und Santa Lucia und enthält neben wenig K. ein Gemisch andrer ähnlicher Alkaloide. Der Transport der sperrigen Droge über die Anden und nach Europa verteuert die Ware außerordentlich, und außerdem nimmt der Alkaloidgehalt der Blätter beim Lagern schnell ab. Man stellt deshalb seit 1887 K. in Lima dar, behandelt die Blätter mit Petroleum und Soda und preßt ab. Aus der mit verdünnter Salzsäure neutralisierten Petroleumalkaloidlösung scheidet sich das rohe Kokainhydrochlorid als weißer Niederschlag ab, der in Europa weiter verarbeitet wird. Reines K. bildet farblose Prismen, schmeckt bitter, ist in Wasser schwer, in Alkohol und Äther leicht löslich und schmilzt bei 98°. Es ist nicht flüchtig und bildet meist kristallisierbare, in Wasser und Alkohol, nicht in Äther lösliche Salze. K. spaltet sich beim Erhitzen mit Schwefelsäure in Benzoesäure, Methylalkohol und Ekgonin C9H15NO3. Bei der Darstellung von K. erhält man als Nebenprodukt in Wasser leicht, in Alkohol schwerer, in Äther kaum lösliches Benzoylekgonin C9H14NC3.C7H5O, und wenn man dies mit Jodmethyl und Methylalkohol im geschlossenen Gefäß auf 100° erhitzt, so entsteht jodwasserstoffsaures K., aus dem die reine Base leicht abgeschieden werden kann. Synthetisch erhält man K. auch aus Ekgoninmethyläther und Benzoylchlorid. Die Kokablätter enthalten auch amorphe Alkaloide, wie das Isatropylkokain (Truxillin, Kokamin) C38H46N2O8, ein Herzgift und wahrscheinlich diejenige Verunreinigung von K., die früher häufig beobachtete störende Nebenwirkungen des Alkaloids verursachte, Das synthetisch dargestellte K. ist von diesen Verunreinigungen frei. Das arzneilich angewendete salzsaure K. bildet farblose Kristalle, schmeckt bitterlich, ruft auf der Zunge ein stumpfes Gefühl hervor. Es ist leicht löslich in Wasser, Alkohol und Chloroform, die Lösungen zersetzen sich außerordentlich leicht. K. erzeugt auf Schleimhäuten und besonders subkutan schnell und intensiv, aber vorübergehend lokale Empfindungs- und Schmerzlosigkeit. Auf der Zungen- und Nasenschleimhaut setzt es auch Geschmacks- und Geruchsempfindung stark herab. Innerlich erzeugt 0,1 g Wohlbehagen, Steigerung der physischen Funktionen und der Leistungsfähigkeit der Muskeln, Verminderung des Hungergefühls und des Schlafbedürfnisses. Zuweilen entsteht schon bei relativ kleinen Dosen ein rauschähnlicher Zustand mit nachfolgender Depression, Beeinträchtigung des Denkvermögens, Unruhe, Schlaflosigkeit, erschwerter Sprache und allgemeiner Muskelschwäche. Große Dosen töten durch Stillstand der Atmung, dem zuweilen Krämpfe vorangehen. Vgl. Kokainismus, chronischer. Man benutzt das K. äußerlich als lokales Anästhetikum besonders bei Kehlkopfleiden und vielen kleinern Operationen,. als Linderungsmittel bei Schmerzen und Reizungszuständen, bei Schnupfen etc. Auch wird es bei der Infiltrationsanästhesie benutzt. K. wurde 1860 von Niemann entdeckt. Vgl. Maurel, La Cocaïne (Par. 1895).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.