- Harnröhre
Harnröhre (Urethra), der Ausführungsgang der Harnblase (s. d.), in dem die Entleerung des Harns aus dieser erfolgt, die jedoch bei den Säugetieren in enge Beziehung zu den Geschlechtswerkzeugen tritt, da sie auch zur Beförderung von Eiern und Samen dient. Beim Menschen (s. Tafel »Eingeweide II«, Fig. 4 u. 5) ist sie ein Kanal, der vom Blasenhals ausgeht und beim Weibe 3–4, beim Manne dagegen 15–17 cm lang ist. In ihrer Schleimhaut liegen zahlreiche Schleimdrüsen (Littrésche Drüsen). An der männlichen H. werden drei Abschnitte unterschieden: 1) Der Anfangsteil ist von der Vorsteherdrüse (s. d.) umgeben; in ihn münden deren Ausführungsgänge und die der Samenbläschen. 2) Der häutige, mittlere Teil wird von einem quergestreiften Muskel (constrictor isthmi urethrae) umgeben, der Harnblase und -Röhre willkürlich verschließen kann. Hier münden die Ausführungsgänge der beiden Cowperschen Drüsen ein. 3) Der schwammige, längste Teil wird von einer Scheide aus blutgefäßreichem Schwellgewebe umfaßt und bildet einen Bestandteil des männlichen Gliedes, an dessen hinterer Fläche er liegt (s. Rute). Die weite, kurze weibliche H. öffnet sich im Vorhof der Scheide hinter der Klitoris. – Wichtigere Krankheiten der H. sind: 1) Entzündung (Katarrh) der Schleimhaut. Man unterscheidet den nicht ansteckenden einfachen Harnröhrenkatarrh von dem ansteckenden Tripper (s. d.). Der erstere ist weit seltener als der Tripper, kennzeichnet sich durch etwas vermehrte schleimige Absonderung und entsteht durch instrumentelle Reizung, durch geschlechtliche Überreizung und ähnliche Verhältnisse. Er ist ziemlich bedeutungslos; Verwechselung mit Prostatorrhöe und Spermatorrhöe kommt leicht vor. 2) Harnröhrenkrampf, der Harnverhaltung bedingen kann und meist als Reflexkrampf, z. B. infolge starker Reize der Nerven der H. und ihrer Umgebung (übermäßigen Koitus, Operationen in der Nähe der H., starke Einspritzungen etc.), auftritt. 3) Metastatische Entzündung und Vereiterung der Cowperschen Drüsen bei Endocarditis, Typhus u. dgl. Über die wichtige Harnröhrenverengerung s. Striktur. Literatur s. Harnblase.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.