- Grenoble
Grenoble (spr. grönóbl'), Hauptstadt des franz. Departements Isère, 214 m ü. M., im breiten, von schneebedeckten Bergzügen der Alpen eingeschlossenen Tal der Isère (Graisivaudan, s. d.), oberhalb der Dracmündung, Knotenpunkt der Lyoner Bahn, ist Festung ersten Ranges mit Enceinte und detachierten Forts. Die Stadt liegt großenteils am linken Ufer des Flusses, über den vier Brücken führen. Am rechten Ufer erheben sich über der Stadt auf den Abhängen des Mont Rachais (1057 m) die Forts Rabot und La Bastille, die eine herrliche Aussicht gewähren. Die alte Enceinte ist 1875–80 westlich bis zum Drac verlegt worden. Sowohl in dieser Richtung als nordöstlich auf der Halbinsel Ile-Verte sind neue Stadtteile entstanden. G. hat hübsche Plätze, darunter die Place St.-André mit dem Denkmal Bayards, den Konstitutions- und den Grenetteplatz mit Fontänen, die Plätze Vietor Hugo und Vaucanson (mit Denkmal des Mechanikers Vaucanson), schöne Kais an beiden Ufern der Isère und mehrere Promenaden. Unter den Gebäuden sind hervorzuheben: die Kathedrale Notre Dame (12. Jahrh.) mit prachtvollem Sakramentshäuschen aus dem 15. Jahrh., die Kirche St.-André (um 1220 gegründet, mit dem Grabmal Bayards), die Kirche St.-Laurent mit merkwürdiger Krypte, der Justizpalast (im Renaissancestil), das Stadthaus, das Bibliotheks- und Museumsgebäude, die Präfektur, das Theater etc. Die Zahl der Einwohner beträgt (1901) 64,059, im Gemeindegebiet 68,615. G. besitzt zahlreiche Fabriken für Handschuhe (jährlicher Produktionswert 30 Mill. Fr.) und damit im Zusammenhang stehende Gerbereien und Färbereien, ferner Fabriken für Likör, Strohhüte, Zement- und Metallwaren. Auch der Handel mit den Industrieprodukten sowie mit Getreide, Holz, Käse (Sassenage und St.-Marcellin) und Wein ist bedeutend. Die Stadt hat drei Fakultäten (der Rechte, der philosophischen und der Naturwissenschaften) mit (1900–01) 566 Studierenden, eine Vorbereitungsschule für Medizin und Pharmazie, Lyzeum, theologisches Seminar, eine Artillerieschule, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, ein Mädchenlyzeum, eine Gewerbe-, eine Zeichen-, eine Bau- und eine Forstschule und einen botanischen Garten. Außerdem besitzt sie eine Bibliothek (170,000 Bände und 7500 Manuskripte), Museen für Gemälde und Skulpturen, Münzen, Altertümer und Naturalien, zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften, ferner ein Irrenhaus, ein Spital etc. G. ist Sitz eines Bischofs, eines Präfekten, eines Appell- und Assisenhofs, eines Handelsgerichts, einer Bankfiliale, einer Handels- und einer Gewerbekammer sowie des Kommandos des 14. Armeekorps. Der älteste Name von G. ist Cularo; seit dem 4. Jahrh., wo G. bereits Bischofssitz war, hieß es Gratianopolis, nach dem Kaiser Gratianus, der Cularo 379 wieder aufbauen ließ, das die Römer niedergebrannt hatten. Die Stadt gehörte im Mittelalter zu Burgund, dann seit 1032 mit Burgund zum römischen Reich deutscher Nation und wurde die Hauptstadt des Dauphiné, das 1349 an Frankreich fiel. Die Befestigungen von G. wurden durch Vauban vermehrt. Im März 1815 war G. die erste Stadt, die dem von Elba zurückkehrenden Napoleon I. die Tore öffnete, mußte sich aber 9. Juli 1815 nach dreitägiger Belagerung den Österreichern ergeben. 1825–39 wurde die Stadt in eine Festung ersten Ranges umgewandelt. G. ist Geburtsort des Philosophen Condillac, des Staatsmannes Casimir-Périer, des Marschalls Randon, des Schriftstellers Beyle, des Malers Hébert u. a. Vgl. Pilot, Histoire de G. (Grenoble 1829) und Histoire municipale de G. (das. 1843–46, 2 Bde.); Prudhomme, Histoire de G. (das. 1888); Albertin, Histoire contemporaine de G. et de la région dauphinoise (das. 1900–02, 3 Bde.); Côte, L'industrie gantière à G. (das. 1903).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.