- Amphióxus lanceolātus
Amphióxus lanceolātus Yarr. (Branchiostoma lubricum Costa, Lanzettfisch, s. Abbildung), das niederste bis jetzt bekannt gewordene Wirbeltier aus der Klasse der Leptokardier (Röhrenherzen), das von seinem Entdecker Pallas 1778 als Nacktschnecke beschrieben wurde.
Der A. wird bis 5 cm lang, ist farblos, vorn und hinten zugespitzt (daher der Name A.) und hat eine lanzettförmige Schwanzflosse. Anstatt der fehlenden Wirbelsäule ist ein Knorpelstrang, die Rückensaite (chorda dorsalis), vorhanden, die auch bei den übrigen Wirbeltieren, jedoch hier meist rudimentär oder doch nux im Embryonalzustand gut ausgebildet, vorkommt. Über ihr liegt das vorn leicht anschwellende Rückenmark. Ein Gehirn fehlt ebenso wie der Schädel, desgleichen Gehörorgan; Auge und Nase sind nur schwach entwickelt. Der spaltförmige Mund führt in die weite Kiemenhöhle. Das Herz fehlt, doch pulsieren die Gefäßstämme (daher der Name Röhrenherzen). Die Blutkörperchen sind farblos. Am Hinterende des Kiemensackes beginnt der eigentliche Darmkanal, in dem sich die Nahrungsteilchen aus dem Atemwasser ansammeln. Er erstreckt sich gerade nach hinten bis zum After und hat vorn einen kurzen Blindsack, den man als Leber bezeichnet. Die Nieren liegen im Kiemensack und sind von einfachem Bau. Die Geschlechtsteile bestehen nur aus den Hoden, bez. Eierstöcken, aus denen Samen und Eier direkt in die Kiemenhöhle und von dieser ins Wasser gelangen. Die Entwickelung ähnelt derjenigen der Seescheiden in mancher Hinsicht, woraus sich eine Verwandtschaft zwischen den Wirbeltieren und den (wirbellosen) Manteltieren herleiten läßt. Die einen Forscher konstruieren die aufsteigende Linie: Manteltiere, A., Fische etc., während die andern sie in umgekehrter Reihenfolge gruppieren. Für die erstern ist also A. der Stammvater aller Wirbeltiere, für die letztern gilt er als ein rückgebildeter Fisch, den an Degeneration noch die Seescheiden übertreffen, in denen ein entarteter Seitenzweig der Vorläufer der Wirbeltiere gesehen wird. Der A. lebt in geringen Tiefen am Meeresstrand und gräbt sich meist bis an den Mund in den Sand ein. Er ist häufig am Strand bei Neapel, doch auch sonst ziemlich verbreitet. Vgl. Costa, Storia del Branchiostoma lubricum (Neapel 1843); Müller, Über den Bau und die Lebenserscheinungen des Branchiostoma lubricum (Berl. 1841); Kowalewsky, Entwickelungsgeschichte von A. (Petersb. 1867); Rolph, Bau des A. (Leipz. 1876); Hatschek, Studien über Entwickelung des A. (Wien 1881); Willey, A. and the ancestry of the vertebrates (New York 1894).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.