Feile

Feile

Feile, Werkzeug von Stahl, dessen mit zahlreichen kleinen Zähnchen versehene Oberfläche seine Späne (Feilspäne) von dem mit ihm bearbeiteten Arbeitsstück abnimmt. Die Zähnchen werden durch Einhauen von Kerben mittels eines Meißels hervorgebracht (Feilenhauen). Laufen diese Kerben auf jeder Seitenfläche einer F. nur nach einer Richtung und parallel miteinander, so heißt sie einhiebige F.; bei den meisten Feilen laufen sie aber nach zwei sich durchkreuzenden Richtungen (zweihiebige Feilen). Der Hieb ist stets so geführt, daß die aufgeworfenen Kanten nach der Spitze der F. hin steil abfallen, so daß die F. beim Vorwärtsstoßen ang reist. Die Feilen werden aus bestem Stahl in Gesenken geschmiedet oder gewalzt, durch Befeilen und Schleifen auf Schleifmaschinen ausgearbeitet und dann mit Meißeln gehauen, deren Schneide je nach der Gestalt der darzustellenden F. geradlinig, konkav oder konvex sein muß; man legt die leicht mit Fett bestrichene F. auf einen Amboß, hält sie mit einem Riemen, in den der Arbeiter mit den Füßen wie in einen Steigbügel tritt, fest und bringt jeden Einschnitt mit einem einzigen Hieb hervor. Eine schon mit Hieb versehene Fläche der F. wird durch Bleiunterlage geschützt. Nachdem alle Seiten mit dem ersten Hieb (Unterhieb) versehen sind, nimmt man auf dem Schleifstein oder mit einer groben F. den Grat ab und bringt dann den Oberhieb an. Ein sehr geschickter Feilenhauer macht auf groben und großen Feilen 70–90, auf kleinen Feilen bis 240 Schläge in einer Minute. Trotzdem Feilenhaumaschinen seit 1735 in ungemein großer Zahl konstruiert sind, ist die Handarbeit Regel. Die Feilenhaumaschinen beruhen, abgesehen von einigen Versuchen, kleine Dampf- oder Federhämmer zu verwenden, auf dem Prinzip, eine den Meißel tragende, vertikal geführte Stange (Hammer) mittels eines Daumens zu heben und durch eine von der Aufwärtsbewegung gespannte Feder abwärts schnellen zu lassen, so daß der Meißel in dem auf einem Schlitten ruhenden Feilenkörper einen Hieb hervorbringt, nach dem darauf der Schlitten um den Abstand zweier Hiebe vorrückt. Nach dem Hanen werden die Feilen mit einem Brei von Kochsalzlösung und Roggenmehl, von Bierhefe, Hornkohle, Ofenruß, Pferdemist, Kochsalz, Ton bestrichen, getrocknet, rotglühend gemacht und durch Eintauchen in Regenwasser oder Kochsalzlösung gehärtet. Man reinigt sie dann mit einer Bürste, Sand und Wasser, mittels Sandgebläse oder mit verdünnter Schwefelsäure, trocknet sie schnell auf einer erhitzten Eisenplatte, taucht sie warm in Baumöl und verpackt sie nach dem Abtropfen in Papier, nachdem noch die Angel durch Erhitzen weich gemacht ist. Die Feilen haben sehr verschiedene Größe, von 2,5–60 cm und mehr; die größten Feilen mit grobem Hieb heißen Arm- und Strohfeilen (in Stroh verpackt), mit 10–27 Einschnitten auf 25 mm Länge; die Feilen mit Mittelhieb Bastard- oder Vorfeilen, die feinsten Schlichtfeilen, mit 140–230 Einschnitten. Zur Bezeichnung einer F. dient im Handel auch die Länge, weil der Hieb bei kleinen Feilen seiner als bei großen ist. Bastardfeilen von 75 mm Länge haben auf 25 mm 73, solche von 18 cm 37, von 30 cm 28, von 40 cm 22, von 50 cm 19, von 55 cm 17 Einschnitte. Die meisten Feilen sind gegen das vordere Ende hin stark verjüngt; die Flächen sind der Länge nach teils gerade, teils bauchig. Nach der Querschnittsform unterscheidet man vierkantige mit quadratischem Querschnitt und Hieb auf allen vier Flächen, deren gröbste die Armfeilen sind; flache (Ansatz-, Handfeilen) mit rechteckigem Querschnitt und auf einer schmalen Seite ohne Hieb; spitzflache (Spitzfeilen) mit rechteckigem Querschnitt, spitz zulaufend; Messerfeilen, spitz, im Querschnitt messerförmig; Gabelfeilen, spitzflache Feilen mit abgerundeten Schmalseiten zum Ausfeilen der Gabelzinken; Einstreichfeilen (Schraubenkopf-, Schwertfeilen), deren Querschnitt ein sehr stark verschobenes gleichseitiges Viereck mit ein wenig abgestumpften scharfen Winkeln bildet; dreieckige, deren Querschnitt ein gleichseitiges Dreieck ist; Sägefeilen, den vorigen ähnlich, aber mit ganz schmalen, einfach gehauenen Flächen statt der Kanten; spitze halbrunde; Wälzfeilen, dünne, halb runde, nicht spitze Feilen, deren runde Seite glatt ist; Vogelzungen, spitze Feilen mit zwei runden Flächen; runde Feilen (Rattenschwänze). Im Handel unterscheidet man Bundfeilen, in Bunden von 3–16 und mehr Stück, und Zollfeilen, bei denen die Länge in Zollen angegeben wird.

Bei Bearbeitung eines Metalls mit der F. beginnt man stets mit groben Feilen (Bestoßen, Schruppen) und nimmt allmählich feinere und ganz seine (Schlichten, Abschlichten). Letztere werden auf Schmiedeeisen und Stahl mit Öl benutzt. Sind die Feilen nach längerm Gebrauch verstopft, so reinigt man die gröbern mit einer seinen Stahlspitze, feinere mit einer Kratzbürste oder einem auf Holz genagelten Stück einer Baumwollkratze; vorteilhaft befeuchtet man dabei die Feilen mit Petroleum. Stumpf gewordene Feilen werden von neuem ausgehauen oder mittels Sandgebläse geschärft. Zum Ersatz der mit der Hand auszuführenden Arbeit des Feilens dienen besonders Fräs- und Feilmaschinen (s.d.). Vgl. Wildner, Handbuch der Feilenkunde (Düsseld. 1885).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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