- Cölenteraten
Cölenteraten (Coelenterata, Schlauchtiere), nebst den Schwämmen die niedersten vielzelligen Tiere, deren Name besagt, daß bei ihnen gewissermaßen Leibeshöhle (coeloma) und Darm (enteron) eins sind, früher auch Zoophyten (Pflanzentiere) genannt. Sie sind meist von sehr einfachem Bau und bestehen im wesentlichen aus einem Sack oder Schlauch, dessen Öffnung, der Mund, in einen weiten Hohlraum führt, der als Gastrovaskularraum bezeichnet wird und der Darmhöhle der höher stehenden Tiere entspricht. Die Wand des Sackes besteht aus zwei Zellenschichten: zu äußerst das Hautblatt (Ektoderm), zu innerst das Darmblatt (Entoderm), dazwischen unter Umständen noch eine Mittelschicht, die zwar bei manchen C. sehr dick sein kann, aber doch nicht ein eigentliches Mesoderm wie bei den übrigen vielzelligen Tieren darstellt. Die im Darmkanal aus der Nahrung zubereitete Flüssigkeit gelangt bei manchen C. in Kanäle, die sich im ganzen Körper verbreiten; Blutgefäße fehlen. Sind eine Anzahl Einzeltiere zu einer Kolonie vereinigt, was häufig der Fall ist, so stehen sie direkt durch den Gastrovaskullarraum oder durch dessen Kanäle in Verbindung, so daß, was ein Einzeltier erwirbt, der Gesamtheit zugute kommt. Darum hat sich auch eine eigentümliche Art von Arbeitsteilung ausbilden können, bei der in solchen Kolonien gewisse Einzeltiere die Ernährung, andre die Bewegung, wieder andre die Fortpflanzung etc. besorgen. – Die C. wurden als besonderer Typus durch Leuckart (1848) von Cuviers Typus der Radiaten abgetrennt. Rechnet man die Schwämme zu den C., was vielfach geschieht, so sind sie einzuteilen in: 1) Schwämme, 2) Hydropolypen oder Hydromedusen, 3) Scyphomedusen (Acalephae), 4) Korallenpolypen (Anthozoa) und 5) Rippenquallen (Ctenophora). Die Gruppen 2–4 werden auch als echte C. oder Cnidaria bezeichnet, weil sie die Nesselkapseln (cnidae) in guter Ausbildung zeigen. Dieses sind Kapseln mit einem spiralförmig aufgerollten Faden im Innern; bei leisester Berührung bersten sie, schießen den Faden hervor und bringen durch Eindringen in die Haut eines Tieres ein nesselndes Gefühl hervor. Kleinere Tiere werden mit diesen zwar mikroskopisch kleinen, aber dafür um so zahlreichern Wurfgeschossen getötet, größere gelähmt; auch dem Menschen können sie durch Berührung mit großen Quallen beim Baden lästig werden. Den Schwämmen fehlen die Nesselkapseln, und bei den Rippenquallen sind sie stark modifiziert. Gemeinsam ist den Cuidariern und Rippenquallen im Gegensatze zu den Schwämmen der Mangel der Hautporen und das Vorhandensein von Muskeln und Nerven samt Sinnesorganen. – Die Fortpflanzung geschieht ungeschlechtlich durch Knospung und führt zur Bildung der oft sehr umfangreichen Kolonien. Stets tritt aber auch die geschlechtliche Fortpflanzung hinzu, und zwar pflegen Eier und Spermatozoen auf verschiedene Tiere verteilt zu sein. Aus dem Ei geht zumeist eine frei schwimmende Flimmerlarve hervor, die sich durch eine mehr oder weniger komplizierte Metamorphose entweder zur Gestalt des Muttertiers oder aber zu einer Zwischenform entwickelt, an der dann erst wieder durch Knospung ein Individuum von der Gestalt der Mutter entsteht (Generationswechsel, s.d.). Die C. sind fast sämtlich Meeresbewohner. Näheres über sie vgl. bei den fünf oben genannten Gruppen; s. auch Tafel »Aquarium I«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.