- Bethlehem [1]
Bethlehem (»Haus des Brotes«), kleine Stadt Palästinas im Stamm Juda, 8 km südlich von Jerusalem, durch König Rehabeam befestigt, berühmt als Geburtsort König Davids und Jesu Christi. Der Ort, jetzt Bet-Lachem genannt, liegt 772 m hoch auf zwei durch einen Sattel verbundenen Hügeln und erscheint als ein wirrer Hause von Hütten und Häusern mit platten Dächern zwischen terrassenförmig angelegten Gärten. Die Einwohner, meist griechische (3660) und lateinische (3800) Christen nebst 50 Protestanten, 185 Armeniern und 260 mohammedanischen Arabern, zusammen über 8000, nähren sich von Oliven- und Weinbau und der Verfertigung von Rosenkränzen, Kruzifixen etc. aus Holz, Perlmutter, Korallen, Stinkstein und Dattelkernen (in 68 Werkstätten). Außer der Geburtskirche befinden sich in B. 2 kath. Klöster. 3 katholische, eine griechische, eine deutsch-prot. Kirche, eine Moschee, 4 katholische, eine griechische, 2 protestantische, eine mohammedanische, eine armenische Schule, ein kath. Priesterseminar und je ein kath. Hospiz und Hospital. Über der Stelle, wo nach der Tradition der Heiland geboren ward, steht ein festungsartiges Klostergebäude, das in drei Einzelklöster (der Lateiner, Griechen und Armenier) zerfällt, mit einer großen Kirche von der Form eines Kreuzes. Letztere, ein altehrwürdiges Gebäude, ist der heil. Maria zur Krippe (Sta. Maria de praesepio) gewidmet und wurde angeblich 330 auf Befehl der Kaiserin Helena erbaut, von Justinian (527–565) wahrscheinlich stark restauriert, 1169 mit Mosaik ausgeschmückt, 1482 vom Herzog Philipp von Burgund und König Eduard IV. von England mit einem neuen, in Venedig gefertigten Dachstuhl versehen. Das Hauptschiff, auf 44 byzantinischen Marmorsäulen in vier Reihen ruhend, ist von dem Querschiff und der Apsis durch Mauern getrennt. Jede der drei genannten Konfessionen hat einen besondern Gang zu der Heiligen Grotte, die unter dem Hochaltar sich befindet und stets durch 32 Lampen, verschieden nach Wert und Schönheit, erleuchtet ist. Dieselbe ist ganz mit geglättetem braunen Marmor überkleidet, in dem ein eingelassener silberner Stern die Stätte bezeichnet, wo Christus geboren worden sein soll. Die Grotte ist 12,4 m lang, 3,9 m breit und 3 m hoch. Eine andre Grotte wird als die des heil. Hieronymus gezeigt, in der er die Vulgata übersetzt haben, und davor eine dritte, wo er neben dem Kirchenhistoriker Eusebius begraben liegen soll. Außerdem hat die Sage noch viele Orte in der Nähe Bethlehems geheiligt. Links von der Straße, 1 km von B., ist das angebliche Grab der Rahel, der Mutter Josephs und Benjamins; die Mohammedaner, denen dieser Ort ebenfalls heilig ist, haben darüber eine Kapelle mit einer Kuppel erbaut. Südöstlich von B. öffnet sich ein Wiesental mit grünen Eichen- und Terebinthenbäumen, das man als den Aufenthalt der Hirten bezeichnet, als ihnen die Engel die Geburt des Heilandes verkündigten. Dabei Ruinen der Kirche »Gloria in excelsis«. Nach der Sage baute Abraham dem Herrn hier einen Altar, und Jakob wohnte nach seiner Rückkehr aus Mesopotamien daselbst; auf den umliegenden Feldern weidete David als Knabe die Herden seines Vaters. Auf dem Wege nach Hebron, 6 km von B., liegen die drei großen Teiche Salomos (Pred. Sal. 2,4–6), in Felsen gehauen und durch Kanäle miteinander verbunden. Die Hauptquelle ist verschlossen und heißt der Versiegelte Brunnen. Ein Teil des Teichwassers wurde früher in zwei noch vorhandenen Leitungen nach Jerusalem geleitet, ein andrer bewässert ein schmales, tiefes Felsental, den Verschlossenen Garten, angeblich einen der Lustgärten Salomos. Die ganze Umgegend Bethlehems ist verhältnismäßig wasserreich und erscheint daher äußerst fruchtbar.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.