Schönburg

Schönburg

Schönburg, ein jetzt fürstliches und gräfliches Haus mit ausgedehnten Besitzungen im Königreich Sachsen. Das ganze Gebiet, das die Zwickauer Mulde durchfließt, umfaßt 582 qkm (10,5 QM.) mit ca. 270,000 Einw. (in 10 Städten und etwa 125 Dörfern) und gehört zu den sächsischen Kreishauptmannschaften Leipzig, Zwickau und Chemnitz. Die Schönburgschen Herrschaften zerfallen seit 1740 in Standes- (Rezeß-) herrschaften und gemeine Lehen (Lehnsherrschaften). Zu den Standesherrschaften, mit einem Areal von 362 qkm und 190,000 Einw., gehören die in den Kreishauptmannschaften Zwickau und Chemnitz gelegenen Herrschaften Forder- und Hinterglauchau (mit Glauchau, Meerane, Hohenstein-Ernstthal), Waldenburg (mit der Stadt Waldenburg), Lichtenstein (mit Lichtenstein und Kallnberg), die Grafschaft Hartenstein (mit Hartenstein und Lößnitz) und als Vasallengüter eine Anzahl von Rittergütern (Kallnberg, Rüßdorf, Neudörfel etc.); zu den Lehnsherrschaften, mit 220 qkm Areal und 80,000 Einwohnern, gehören die Stadt Penig, die Dörfer Wechselburg und Rochsburg sowie mehrere Dörfer in der Kreish. Zwickau. Zur Ständeversammlung senden die fünf Rezeßherrschaften und die vier Lehnsherrschaften je einen Vertreter in die Erste Kammer. Die Schönburgschen Herrschaften haben eine eigne Gesamtkanzlei (in Glauchau), die den Rang einer öffentlichen Behörde hat; dagegen hat S. die eigne Gerichtsbarkeit und eine Anzahl Hoheitsrechte 1878 gegen eine Entschädigung von 11/2 Mill. Mk. an die Krone Sachsen abgetreten. 1700 wurde das Geschlecht durch den Kaiser Leopold I. in den Reichsgrafenstand erhoben. Sachsen wollte, in seinen Landeshoheitsrechten geschädigt, diese Würde nicht anerkennen, ließ sich aber 4. Mai 1740 zu einem Vergleich herbei, wonach S. sich der Oberbotmäßigkeit und dem Territorialrecht Sachsens unterwarf, und im Frieden zu Teschen (s. d.) 1779 erhielt Sachsen die Landeshoheit über S. als Entschädigung für Rechte auf Bayern zugestanden. Mil der Auflösung des Deutschen Reiches erloschen die Rechte der Reichs- und Kreisstandschaft der Schönburge, während die Rezesse von 1740 fortbestanden. Die durch die Verfassung des Königreichs Sachsen von 1831 herbeigeführten Veränderungen in der Verwaltung der Schönburgschen Herrschaften führten zu dem Erläuterungsrezeß vom 9. Okt. 1835, der am 22. Aug. 1862 durch Vertrag von neuem geändert wurde, sowie zu dem Rezeß vom 29. Okt. 1878. An Sonder- und Hoheitsrechten sind dem Hause verblieben: Recht auf einen besondern Gerichtsstand vor einem Zivilsenat des Oberlandesgerichts, Hofrang unmittelbar nach den königlichen Prinzen am sächsischen Hofe, Befreiung von der Militärpflicht, Landestrauer und Kirchengebet innerhalb der Rezeßherrschaft, das Recht, 100 Mann Soldaten zu halten etc. – Als der erste Herr von S. kommt urkundlich Hermann, Stifter des Klosters Geringswalde, 1166–82 vor. Nach einer Zersplitterung in mehrere Linien vereinigte Ernst IV. 1488 den Gesamtbesitz wieder. Seine Söhne stifteten 1534 die Linien Waldenburg, Glauchau (1620 erloschen) und Penig. Die Waldenburger Linie, auch die obere oder ältere genannt, gestiftet von Hugo, ward 1790 in der Person des Grafen Otto Karl Friedrich reichsfürstlich. Dessen ältester Sohn, Fürst Otto Viktor (geb. 1. März 1785, gest. 16. Febr. 1859), vermählt mit Prinzessin Thekla von Schwarzburg-Rudolstadt, stiftete über 2 Mill. Mk. zu wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken, errichtete das Lehrerseminar in Waldenburg und die Lehrerinnenseminare in Kallnberg und Droyßig, 7 Krankenhäuser, 2 Waisen- und 2 Unterstützungsanstalten etc. Von seinen Söhnen stammen die beiden Linien S.-Waldenburg (lutherisch, Haupt [seit 1893] Fürst Otto Viktor, geb. 22. Aug. 1882, seit 1904 vermählt mit Prinzessin Eleonore zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg) und S.-Hartenstein (katholisch, gegenwärtiger Chef [seit 1896] Fürst Aloys, geb. 21. Nov. 1858, s. unten) ab. Die Peniger Linie, auch die untere oder jüngere genannt, stammt von Wolfgang, dessen Enkel Wolf Ernst und Wolf Heinrich die Linien S.-Glauchau (Hinterglauchau, lutherisch) und S.-Glauchau-Penig-Wechselburg (Forderglauchau, katholisch) stifteten. Die erstere Linie ist mit Graf Klemens, geb. 19. Nov. 1829, gest. 19. Okt. 1900, ausgestorben, Haupt der letztern ist Graf Joachim, geb. 20. Juli 1873, dessen Vater Graf Karl (gest. 27. Nov. 1898) 1869 in Rom katholisch wurde und der 1900 die Herrschaften Hinterglauchau und Rochsburg erbte. Vgl. Tobias, Regesten des Hauses S. bis 1326 (Zittau 1865); Hanschmann, Chronik der Stadt Waldenburg und des fürstlichen Hauses S.-Waldenburg (Waldenb. 1880); »Schönburgische Geschichtsblätter« (hrsg. von Kästner, das. 1894–99, 6 Bde.); Colditz, Aus der Geschichte Schönburgs (Lichtenstein 1905).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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