Santorin

Santorin

Santorin (d.h. St. Irene; Thira, im Altertum Thera), griech. Insel im Ägäischen Meer (s. Karte »Griechenland«), die südlichste der Kykladen, 31 qkm mit (1896) 15,932 Einw. in 4 Demen und 18 Ortschaften, die meist wie Schwalbennester an die Felsen gebaut sind, hat eine sichelförmige Gestalt und besteht aus einem Kern von Glimmerschiefer und Kalkstein, dem auch die höchste Erhebung, der Eliasberg (567 m), angehört, um den sich aber seit Ende des Pliocäns ein mächtiger vulkanischer Gesteinsmantel gelegt hat. S. bildet mit den gegenüberliegenden Eilanden Thirasia und Aspronisi die vom Meer zerstückelten Trümmerreste eines gewaltigen unterseeischen Kraters, den eine furchtbare Eruption zu einer Zeit schuf, als schon der Mensch im Zustande fortgeschrittener Entwickelung die Insel bewohnte. Von diesem alten Kraterrande nimmt S. die größere Hälfte ein. Der 200 bis 300 m hohe Kraterrand steigt nach außen sanft, nach innen aber fast senkrecht zu einem 390 m tiefen, meererfüllten Kraterkessel ab, in dessen Mitte sich in historischer Zeit durch unterseeische Ausbrüche mitten im Meere drei neue Eruptionskegel, die Kaimeneninselchen, gebildet haben. So erhob sich 198 v. Chr. das Eiland Hiera, jetzt Paläa Kaimeni (die »alte Verbrannte«), das sich später immer mehr vergrößerte; 1573 entstand das Eiland Mikra Kaimeni (die »kleine Verbrannte«) und 1707–12 die Insel Nea Kaimeni (die »neue Verbrannte«), die noch fortwährend Schwefeldämpfe ausstößt. Beim letzten Ausbruch (im Februar 1866) des noch heute, freilich in längern Pausen, tätigen Vulkans tauchten in unmittelbarer Nähe von Nea Kaimeni unter heftigen vulkanischen Eruptionen zwei neue Inseln auf, die Georgsinsel und Aphroëssa; sie bestanden aus Lava, aus deren glühenden Spalten Dämpfe entwichen, und wurden durch die fortwährende vulkanische Tätigkeit später mit Nea Kaimeni vereinigt. Die ganze Gruppe hat nur eine einzige Quelle. Landeinwärts, wo die vulkanischen Massen durch die Länge der Zeit verwittert sind, bringt der Boden besonders Wein hervor. Die Weine von S., namentlich ein weißer und ein roter Malvasier, sind vorzüglich; sie werden meist nach Odessa ausgeführt, von wo man Getreide und Holz bezieht. Weitere Produkte sind die Puzzolan- oder Santorinerde, eine Art Traß, die zu Wasserbauten verwendet wird (jährlich 30,000 Ton.), Bausteine, Bleierze, Kognak, Tomatenkonserven und Hülsenfrüchte. Die Ausfuhr wertete 1902: 700,058, die Einfuhr (Kaffee, Butter, Zucker, Fische, Reis und Manufakturen) 206,746 Drachmen. Der Schiffsverkehr belief sich 1902 auf 156 Dampfer mit 62,400 Reg.-Ton. und 646 Segler mit 42,656 Reg.-Ton. Die Insel, von Phönikern besiedelt, stand seit alters in enger Verbindung mit Lakonien und eröffnete durch Gründung von Kyrene für die Griechen den Handelsweg nach Afrika. Im Peloponnesischen Krieg hielt sie sich, nachdem sie sich von Athen freigemacht, zu Sparta, hatte aber damals die Zeit seiner Blüte schon hinter sich. Im Mittelalter gehörte sie dem griechischen Kaiser, seit 1208 von Morko Sanudo, dem Herzog von Naxos, erobert, den Venezianern, denen sie 1537 Chaireddin Barbarossa wieder abnahm. Hauptort ist Phirá (Thira) an der Westküste, mit Ankerplatz, vielen Weinkellern und (1889) 1023 Einw. Überall finden sich Trümmer aus dem Altertum. Die Ruinen der seit 1896 von Hiller v. Gärtringen in mehreren Kampagnen auf eigne Kosten aufgedeckten Hauptstadt Thira auf dem heutigen, 372 m hohen, aus Kalk bestehenden Hügel Mesa Buno bieten mit ihrer Hauptstraße, dem Markte, den bescheidenen öffentlichen Gebäuden (Stoa Basilike, Theater, Tempel des Apollon Karneios und zwei Gymnasien) und den zahlreichen Privathäusern ein höchst lehrreiches Bild einer griechischen Kleinstadt. Sehr wichtig sind die zahlreichen aufgefundenen Inschriften, unter ihnen die ältesten uns erhaltenen. Reiche Ausbeute brachte die Metropole, die von Dragendorff und Pfuhl in Hillers Auftrag erforscht wurde. Treffliche Karten lieferte P. Wilski. Hiller v. Gärtringen ist auch die Errichtung eines Museums in Phirá zu danken. Vgl. K. v. Fritsch, Reiß und Stübel, Santorin. Die Kaimeni-Inseln (Heidelb. 1867); Seebach, Der Vulkan von S. (Berl. 1874); Fouqué, S. et ses éruptions (Par. 1879); Hiller v. Gärtringen, Thera, Untersuchungen, Vermessungen und Ausgrabungen in den Jahren 1895–1902 (Berl. 1899–1902, 4 Bde.); Pfuhl, Der archaische Friedhof am Stadtberge von Thera (Athen 1903).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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