- Rente
Rente (franz., v. ital. rêndita), im allgemeinen jedes feste Einkommen, das ohne entsprechende Arbeits- oder Gegenleistung, insbes. aus angelegtem Kapital, bezogen wird. So spricht man von der R., die ein Haus, ein Grundstück (s. Bodenrente, Grundrente), ein Staatspapier abwirft. Im engern Sinne sind Reuten fortlaufende, vertragsmäßig festgesetzte Geldbezüge, welche die Zinsen oder auch Zinsen und Tilgungsbeträge eines Leihkapitals darstellen, oder deren Zahlung auf einer andern Verpflichtung beruht. Daher Zins- und Rentenrechnung die Rechnung, die solche Renten summiert oder Summen in Renten auflöst; daher Rentier derjenige, der Renten insbes. in solchem Betrag bezieht, daß er mit denselben seinen Unterhalt reichlich zu decken vermag. Man unterscheidet aussetzende (intermittierende) Renten, die, im Gegensatz zu den jährlichen (Jahresrenten), periodisch eingehen, ewige oder immerwährende und Zeitrenten, die für eine von vornherein festgesetzte oder von äußern Umständen abhängige begrenzte Zeit dauer bezogen werden. Lebensrente ist eine R., deren Auszahlung so lange erfolgt, als der Empfänger oder eine bestimmte dritte Person lebt (Leibrente), oder nur so lange, als zwei oder mehrere Personen zusammen leben (Verbindungsrente), oder so lange, als von mehreren Personen noch eine am Leben ist, indem die Anteile der Absterbenden den Überlebenden zuwachsen (Tontine, vom Italiener Tonti zwar nicht, wie häufig gelehrt wird, erfunden, aber besonders zur Geltung gebracht). Bisweilen wird auch das sogen. Leibgedinge (s. d.) als Leibrente bezeichnet. Die Leibrente (s. d.) ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt (vgl. Sepp, Der Leibrentenvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, Münch. 1904). Staatsrente ist die R., die der Staat zuweilen auf Lebenszeit oder eine bestimmte Frist zahlt (Rentenschuld), oder auch der Zins einer nur von seiten des Gläubigers unkündbaren Staatsschuld; Rententitres, Rentenzertifikate oder Renteninskriptionen sind Schuldverschreibungen, die zur Legitimation bei der Zinserhebung dienen und den Namen des Besitzers sowie den Betrag der ihm zustehenden R. enthalten. Ein 3proz. Rententitre von 1200 Frank bedeutet in Frankreich den Zinsbetrag eines Kapitals (40,000 Fr.), das, zu 3 Proz. berechnet, 1200 Fr. ergibt. In Frankreich gibt es titresnominatifs, titres an porteur, die mit Coupons versehen sind, und titres mixtes, die auf den Namen lauten, aber ebenfalls mit Coupons (an porteur) versehen sind (vgl. Fachan, Historique de la rente française et des valeurs du trésor, Par. 1904). Papier-, Silber-, Goldrenten sind Renten, bez. Zinsen, die in Papier, Silber oder Gold zu entrichten sind. Einige Nationalökonomen bezeichnen als R. jeden Extragewinn, der über den durchschnittlich üblichen Satz hinaus erzielt wird, und bilden darum auch die Begriffe Lohnrente, Zinsrenteln Anlehnung an den Begriff der Bodenrente. Früher war die Verpflichtung zur Zahlung einer R. vielfach mit dem Besitz eines Grundstücks verbunden; sie trug demgemäß den Charakter einer Reallast (s. d.). Viele dieser Renten waren ursprünglich aus der Grund- und Vogteiherrschaft herausgewachsen und konnten erkauft werden. Andre wurden durch den schon seit dem Ende des 12. Jahrh. in vielen deutschen Städten vorkommenden sogen. Rentenkauf begründet, indem der Besitzer des Grundstücks (Rentenverkäufer) sich zur Zahlung einer wiederkehrenden R. (Zins, Gült, Grundzins) an den Rentenkäufer und an dessen Rechtsnachfolger gegen Empfang eines Kapitals verpflichtete. Für beide Teile anfangs unablöslich (daher Ewiggeld, ewige Zinsen), sollte die R. später zugunsten des Schuldners ablöslich sein gegen Rückerstattung des Kaufpreises. Als Kaufpreis wurde ein Vielfaches der R. (das 6-, 7-, 8-, später das 20fache) bezahlt oder berechnet und die Rentenlast in öffentliche Bücher eingetragen. Bei Ablösbarkeit der R. (Kauf auf Wiederkauf) näherte sich die R. der heutigen verzinslichen Grundschuld. Der Übergang von der von der Kirche nicht gebilligten Satzung (s. d.) zum Rentenkauf, den die Kirche nicht beanstandete und auch Reichspolizeiordnungen des 16. Jahrh. als einzig erlaubte Art zinsbaren Darlehens zugestanden, war als ein wirtschaftlicher Fortschritt zu betrachten. Bei demselben war der Gläubiger geschützt durch sein dingliches Recht, der Schuldner aber auch gleichzeitig gesichert gegen ungelegene Kündigung. Auch stand die R. an und für sich einer tüchtigen Wirtschaft nicht im Weg. Der Rentenkauf war ein bequemes Mittel zur Umgehung des kanonischen Zinsverbots; er war ferner notwendig, um das Darlehen über den Tod des Schuldners hinaus zu sichern, weil der Erbe die persönlichen Schulden des Erblassers nur aus dem Mobiliarvermögen zu zahlen brauchte, und fand deswegen im Mittelalter, wo der persönliche Kredit wenig entwickelt war und gerade der Grund und Boden eine hervorragende Rolle spielte, eine große Verbreitung. Die neuere Entwickelung hat die so begründeten Grundzinsen, wie die Reallasten überhaupt, durch Ablösung zu beseitigen gesucht, wobei einzelne Staatsregierungen die Grundeigentümer durch Errichtung von Grundrentenbanken (s. Rentenbanken) unterstützt haben. Im Gegensatz hierzu hat das Bürgerliche Gesetzbuch durch Einführung der Rentenschuld (§ 1193 ff.) diese für den Gläubiger unkündbare Form der dinglichen Belastung eines Grundstückes wieder künstlich zu beleben versucht. Erwähnt muß hier auch die preußische Rentengütergesetzgebung werden (s. Rentengüter). Über Rentenrechnung s. Zinsrechnung.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.