- Poe
Poe (spr. pō), Edgar Allan, amerikan. Schriftsteller, geb. 19. Jan. 1809 in Boston (Massachusetts). gest. 7. Okt. 1849 in Baltimore, verlor seine der Bühne angehörigen Eltern früh und wurde von dem Kaufmann Allan in Richmond (Virginia) adoptiert, der ihn gelegentlich einer Reise in Europa in einem englischen Pensionat in Stoke-Newington unterbrachte. Nach Amerika zurückgekehrt, trat P. in die Universität von Virginia ein und zeichnete sich durch hohe Geistesgaben, aber auch leichtsinniges Schuldenmachen aus. Vom Pflegevater gezwungen, die Anstalt zu verlassen und in ein Kontor einzutreten, ging P. heimlich davon und veröffentlichte in Boston einen kleinen Band Dichtungen: »Tamerlane and other verse« (1827), dem zwei Jahre darauf ein zweiter folgte: »Al Araaf, Tamerlane and minor poems«, die alle noch den Einfluß Moores und Byrons verraten. Da P. eine vorübergehende Neigung zur militärischen Laufbahn zeigte, brachte ihn sein Pflegevater in der Militärakademie von West Point unter, allein P. wurde bald wegen Disziplinarvergehen entlassen und sah sich 1831 abermals gezwungen, sich durch seine Feder ökonomisch unabhängig zu machen. Der erste materielle Erfolg war ein Preis von 100 Dollar für die Erzählung »MS. found in a bottle« (1833). Daraufhin zum Redakteur des »Southern Literary Messenger« in Richmond ernannt, heiratete P. seine Cousine Virginia Clemm und arbeitete mehrere Jahre fleißig als Redakteur und Kritiker für diese und andre Zeitungen. Aber sein ruheloses, unverträgliches Temperament und seine leichtsinnigen Gewohnheiten veranlaßten selbst die ihm aufrichtig wohlwollenden Verleger und Herausgeber immer wieder, ihre Beziehungen zu ihm zu lösen, und er fristete bis zu seinem Tode kümmerlich sein Dasein. Am längsten hielt er es in New York aus, wo seine Gattin 1847 starb. Von seinen Erzählungen, die sich durch geheimnisvolle Probleme, unheimliche Spannung und phantastische Färbung auszeichnen, erschienen: »Tales of the Arabesque and Grotesque« (1840) und »Prose Romances« (1843). Dann folgten: »The Raven and other poems« (1845), Dichtungen von seltsam malerischer und musikalischer Wirkung, in deren Eigenart der französische Symbolismus einen ihm eng verwandten Vorläufer anerkennt, und schließlich »Eureka, a prose poem« (1848). Wegen seines verbitterten, schroffen Wesens bei seinen Zeitgenossen unbeliebt, wurde ihm in Amerika erst geraume Zeit nach seinem Tode der ihm gebührende Platz in der amerikanischen Dichterwelt eingeräumt. Gesamtausgaben seiner Schriften sind die von Griswold (New York 1856; 4 Bde.; Lond. 1875, 4 Bde.), Stoddard (Lond. 1884, 6 Bde.), Stedman und Woodberry (New York 1895, illustriert, 10 Bde.), Jas. A. Harrisons. Virginia Edition' (Philad. 1902) und C. F. Richardsons. Arnheim Edition' (New York 1902). Sowohl seine Prosa als seine Dichtungen sind wiederholt ins Deutsche übertragen worden, zuletzt von Hedda und Artur Möller-Bruck (Mind. 1901–04, 10 Bde.), ausgewählte Gedichte von Lachmann (Berl. 1891), Novellen in Meyers Volksbüchern, Reclams Universal-Bibliothek u. a. Vgl. Mrs. S. Whitman, P. and his critics (New York 1860) sowie die Biographien von Griswold (das. 1850), Gill (das. 1877), Ingram (das. 1880), G. E. Woodberry (Boston 1885) und J. A. Harrison (»Life and letters of E. A. P.«, New York 1903, 2 Bde.); ferner G. Petit, Étude médico-psychologique sur Edgar P. (Par. 1905).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.