- Mikroskōp
Mikroskōp (v. griech. mikros, »klein«, und skopein, »schauen«; hierzu Tafel »Mikroskope« mit Text), optisches Instrument, das sehr kleine Gegenstände dem Auge vergrößert darstellt. Eine konvexe Linse (s. d.) von kurzer Brennweite (Lupe), die einen Gegenstand, der um weniger als die Brennweite von ihr absteht, vergrößert zeigt, bezeichnet man als einfaches M.
Eine weit höhere Leistungsfähigkeit besitzt das zusammengesetzte M.; es besteht aus zwei konvexen Linsen ab und c d (Textfig. 1), deren eine ab von sehr kurzer Brennweite dem Gegenstand (Objekt) zugewendet ist und daher Objektiv heißt; sie entwirft von dem kleinen Gegenstand r s, der um etwas mehr als ihre Brennweite von ihr absteht, bei S R ein umgekehrtes vergrößertes (reelles) Bild, das durch wirkliche Vereinigung der Lichtstrahlen entsteht. Dieses wird durch die zweite konvexe Linse, das Augenglas oder Okular c d, von dem es um weniger als dessen Brennweite absteht. wie durch eine Lupe betrachtet, als wäre es selbst ein lichtaussendender Gegenstand, und wird daher in S'R' nochmals vergrößert gesehen. Da das schließlich gesehene Bild S'R' die entgegengesetzte Lage hat wie der Gegenstand r s, so werden durch das M. die Gegenstände umgekehrt gesehen. Die Vergrößerung des Mikroskops ist das Produkt aus Objektiv- und Okularvergrößerung. Vergrößert das erstere z. B. 50 mal, das zweite 3 mal, so ist die Gesamtvergrößerung = 150. Mikroskope mit nur zwei bikonvexen Linsen liefern sehr schwache Vergrößerung und infolge der sphärischen und chromatischen Aberration ein sehr gewölbtes, nur in den mittlern Teilen deutliches Bild, dessen einzelne Teile von starken Farbensäumen umgeben sind. Bei dem Bestreben, die abbildende Kraft des Mikroskops, d. h. das Vermögen mikroskopischer Objekte mit unverminderter Deutlichkeit zu vergrößern, zu erhöhen, bemerkten schon die ältern Optiker, daß das Objektiv der bei weitem wichtigste Bestandteil ist, während das Okular bei dem optischen Abbildungsvorgang eine verhältnismäßig untergeordnete Rolle spielt. Den ersten Fortschritt machte Fraunhofer; er verwandte als Objektiv in kleinem Maßstab angefertigte, sphärisch und chromatisch korrigierte Fernrohrobjektive in umgekehrter Lage. Durch Selligne und Chevalier wurden Kombinationen solcher Linsen erfunden, durch die das zusammengesetzte M. einen bedeutenden Vorsprung vor dem einfachen erhielt. Amici begnügte sich nicht damit, gleichartige und gleichartig korrigierte Linsen zur Verstärkung des Systems einfach übereinander zu lagern, er erfand vielmehr ganz neue und originelle Linsenkombinationen, die im Prinzip auch in den modernen Mikroskopen noch benutzt werden. Als Frontlinse führte er eine mit der Planseite dem zu beobachtenden Objekt zugewandte Halbkugel ein, der sich eine einfache meniskenförmige Linse anschloß, worauf noch eine Reihe achromatischer Linsen folgten (Tafel, Fig. 20 u. b). Die höchste Ausbildung hat das M. durch Abbe erreicht. Die vollkommensten Objektive zur Erreichung der höchsten Vergrößerungen sind die von Abbe berechneten Apochromatsysteme, die als Frontlinse ebenfalls eine Halbkugel zeigen (Tafel, Fig. 2 c). Die zu untersuchenden Objekte (Präparate, z. B. Teile von pflanzlichen oder tierischen Geweben, Infusorien, Bazillen etc.) befinden sich auf einer Glasscheibe und sind mit einem außerordentlich dünnen, meist quadratisch geschnittenen Glasstück (Deckglas) zugedeckt. Das Objekt selbst ist dabei meist in einer Flüssigkeit (Wasser, Kanadabalsam) eingebettet. Die Beleuchtung findet vorwiegend von unten statt mittels eines beweglichen Spiegels, der das Licht einer künstlichen Lichtquelle oder des Himmels auf das Präparat lenkt (Tafel, Fig. 1). Von dem so beleuchteten Präparat dringen die Strahlen in das Objektiv und weiter in das Okular, wo das vom Auge des Beobachters gesehene Bild zustande kommt. Bei dem Gange der Strahlen aus Glas in Luft und dann wieder aus Luft in Glas geht durch Reflexion ein nicht unbedeutender Bruchteil des Lichtes verloren. Aus diesem Grund und unter Rücksichtnahme auf noch andre strahlungstheoretische Gesetze hat man den schädlichen Luftraum zwischen Deckglas und Frontlinse mit einem Flüssigkeitstropfen ausgefüllt, wodurch die sogen. Immersionssysteme entstanden. Als Immersionsflüssigkeiten dienen gewöhnlich Wasser oder eingedicktes Zedernöl. Die vollkommenste Wirkung wird erreicht, wenn Einbettungsflüssigkeit, Deckglas, Immersionsflüssigkeit, Frontlinse denselben (möglichst hohen) Brechungsindex haben (homogene Immersion von Abbe). Als Okulare werden gewöhnlich, wie bei den astronomischen Fernrohren, Kombinationen von zwei plankonvexen Linsen verwandt, die ihre Planseiten dem Auge zuwenden. Je nach dem Abstande dieser Linsen im Verhältnis zu ihren Brennweiten unterscheidet man die Huygenssche (Campanische) und die Ramsdensche Form. Seltener benutzt man andre Formen wie die periskopischen und aplanatischen Okulare, bei denen die einfachen Linsen durch achromatische Kombinationen ersetzt sind. Als holosterisches Okular war früher ein aus einer einzigen, sehr dicken Linse bestehendes Okular in Gebrauch, und Zeiß empfiehlt unter dem Namen monozentrisches Okular eine aus drei Linsen verkittete Linsenkombination. Durch Okulare erfolgt keine Korrektion des Bildes (etwa mit Ausnahme der für einen besondern Zweck konstruierten Kompensationsokulare von Zeiß). Die Seele der mikroskopischen Bilderzeugung ist das Objektiv; von dem Grade der hier erreichten Fehlerkorrektion hängt wesentlich die Gesamtwirkung ab.
Die Theorie der mikroskopischen Bilderzeugung, wie sie von Abbe entwickelt ist, gehört zu den glänzendsten Leistungen der modernen theoretischen Optik. Abbe zeigte, daß es zur Erzeugung einer vollkommenen mikroskopischen Abbildung durchaus nicht genügt, was man bisher annahm, daß alle von einem Punkte des Präparats ausgehenden Strahlen sich wieder in einem Punkte des Bildes schneiden, sondern daß außerdem noch eine zweite Bedingung (die sogen. Sinusbedingung) erfüllt sein muß. Diese Sinusbedingung heißt: Das Verhältnis der Sinusse der Winkel, die ein Strahl vor und nach der Passage durch das M. mit der optischen Achse macht, muß immer denselben Wert ergeben für alle Strahlen, die von einem Achsenpunkte des Präparats ausfahren und sich im Bildpunkte schneiden. In diesem Satze liegt, wenn man namentlich die verhältnismäßig großen Strahlenneigungen im M. berücksichtigt, eine geradezu unmögliche Forderung ausgesprochen, der keine Kunst des Rechners vollkommen gerecht werden kann. Die Sinusbedingung gibt aber die sichere Richtung an, nach der die Bemühungen der Konstrukteure sich zu bewegen haben. Mit Hilfe der Sinusbedingung leitet dann Abbe den Begriff der numerischen Apertur ab, der für die Leistungsfähigkeit der Mikroskope hinsichtlich der Helligkeit und der auslösenden Kraft von grundlegender Bedeutung ist. In Textfig. 2 sei A B C die optische Achse des Mikroskopsystems, α β das Präparat, das durch den Spiegel S von unten beleuchtet wird. Von dem Achsenpunkt A des Präparats dringt ein Strahlenkegel mit der Basis D E und der Spitze A in die (als halbkugelförmig angenommene) Frontlinse.
Bildet nun der äußerste Strahl A F, der noch gerade das Mikroskop durchdringt, mit der optischen Achse den Winkel B AE = u und herrscht in dem Raum zwischen D E und α β der Brechungsindex n, so nennt man das Produkt n. sin u die numerische Apertur. Ist der Raum zwischen Frontlinse und Präparat mit Luft gefüllt (Trockensystem), so wird n = 1. Da der Sinus eines Winkels nie den Wert 1 übersteigen kann, so ist in diesem Falle die numerische Apertur immer kleiner als die Einheit. Man unterscheidet Systeme von geringer Apertur (1,1–1,3), die großen Abstand der Objekte von der Frontlinse haben, aber nur Vergrößerungen von 20–1001nal etwa gestatten, und Systeme von mittlerer Apertur (1,3–1,9), mit denen man brauchbare Vergrößerungen bis zu 800mal und darüber erreichen kann. Ist der Raum zwischen Präparat und Frontlinse mit einer Flüssigkeit erfüllt (Immersion), so hat der Faktor n einen größern Wert als 1, nämlich für Wasser etwa 1,83, für Öl 1,5. Infolgedessen ist hier eine Steigerung der numerischen Apertur und damit der auslösenden Kraft des Mikroskops zur Möglichkeit geworden. Die von Zeiß in den Handel gebrachten homogenen Immersionen (Apochromat-Objektive) haben eine numerische Apertur bis 1,4 und repräsentieren die höchste Leistung auf diesem Gebiete der Präzisionstechnik.
In der Theorie der optischen Instrumente nimmt man gewöhnlich an, daß von einem leuchtenden Punkte Lichtstrahlen ausgehen, die sich geradlinig fortpflanzen. Diese Annahme ist nicht mehr zulässig, sobald das Licht außerordentlich seine Öffnungen durchdringen muß. In diesem Falle macht das Licht seine Natur als Wellenbewegung geltend und erzeugt an den Rändern der seinen Öffnungen neue Erschütterungszentren, so daß nach der Passage durch die Öffnungen eine ganz andere Form der Lichtausbreitung stattfindet, als man nach dem Gesetz der geradlinigen Fortpflanzung erwarten sollte. Bestehen die Öffnungen aus einem System sehr seiner, dicht aneinander liegender Spalten (Beugungsgitter) u. fällt auf sie ein paralleles Bündel weißer Lichtstrahlen, so gehen von dem Gitter fächerförmig sich ausbreitende rot und blau gesäumte Strahlenbündel aus, die durch dunkle Zwischenräume getrennt sind.
Das mittelste dieser Bündel, das nicht gefärbt erscheint, bildet die direkte Fortsetzung des einfallenden Lichtzylinders. Die divergierenden Bündel bezeichnet man als Maxima erster, zweiter etc. Ordnung, sie nehmen an Intensität schnell ab und können sich zum Teil überdecken (Beugungsspektra); die Divergenz der Bündel ist um so größer, je kleiner die Spaltöffnungen sind.
Die mikroskopischen Präparate, die im durchscheinenden Lichte beobachtet werden, bestehen fast immer aus ganz seinen Strukturen, bilden also ein System von seinen Öffnungen, an denen das vom Spiegel herkommende Licht notwendig in Beugungsspektra aufgelöst werden muß. Nach dieser vom Standpunkte der Wellentheorie aus einzig möglichen Vorstellungsweise sieht man nun zunächst gar nicht ein, wie unter diesen Umständen eine mikroskopische Abbildung zustande kommen kann. Um dies zu erläutern, betrachten wir Textfig. 3. Q P sei ein vom Spiegel kommendes achsenparalleles Lichtbündel, welches das Gitter P durchdringt und ein Beugungsbild erzeugt; das Bündel a bildet die direkte Fortsetzung des einfallenden, während die Bündel b und c die Beugungsmaxima erster und zweiter Ordnung vorstellen. Diese Bündel a b c fallen auf das Mikroskopobjektiv und werden in der Brennebene F F des letztern zu seinen Lichtlinien konzentriert. Abbe verwandte für seine Versuche als Gitter eine Glasplatte, auf der sich zwei verschiedene Streifensysteme befinden, die in eine seine Silberschicht eingeritzt sind. Dabei enthielt die eine Seite der Platte doppelt soviel Streifen wie die andre (Textfig. 4–8, S. 791). Fig. 4 A stellt die Abbesche Refraktionsplatte dar (Glasplatte mit Silberbelegung, in die parallele Linien eingeritzt sind). Fig. 4 B zeigt die durch diese Platte hervorgerufene Beugungsfigur, die man in der Brennebene des Objektivs schwebend wahrnehmen kann, wenn man nach Entfernung des Okulars in den Mikroskoptubus hineinsieht. Fig. 5 A veranschaulicht die Wirkung einer in die Brennebene eingeschalteten spaltförmigen Blende, die alle Beugungsbüschel außer dem zentralen abblendet. Das in der Bildebene des Objektivs entstehende vergrößerte Bild zeigt Fig. 5 B. Man sieht durch das Okular nur eine gleichmäßig erleuchtete Fläche ohne Streifung, d. h. unter den angegebenen Bedingungen findet überhaupt keine Abbildung statt. Ist dagegen die eingeschobene Blende so weit, daß für die eine Gitterhälfte noch das erste Beugungsbüschel hindurchgeht (Fig. 6 A), so wird von dieser Gitterhälfte ein (wenn auch unvollkommenes) Bild (Fig. 6 B) entworfen. Macht man ferner den Spalt der Blende so breit, daß auch noch für den andern Gitterteil das erste Beugungsbüschel hindurchtritt (Fig. 7 A), so wird jetzt von den beiden Gitterhälften eine mikroskopische Abbildung erzeugt (Fig. 7 B). In Fig. 8 A ist eine aus drei Spalten bestehende Blende dargestellt, die von jeder Gitterhälfte außer dem zentralen Büschel nur ein Beugungsbüschel passieren läßt. Dann erscheint bei der Betrachtung durch das Okular ein von gleichmäßigen Streifen durchzogenes Feld (Fig. 8 B), ein handgreiflicher Beweis dafür, daß die Beugungsspektra allein die Abbildung vermitteln. In der Brennebene des Mikroskopobjektivs erschien alsdann ein Beugungsbild, wie es Fig. 8 A zeigt, und das an jedem Mikroskop bei den nötigen Vorsichtsmaßregeln leicht beobachtet werden kann. Dieser soeben geschilderte Abbildungsprozeß beansprucht das ganze in das M. dringende Licht, und er wird deshalb als der primäre bezeichnet. Aber das Licht bleibt in der Fokalebene F F, die immer dem Objektiv sehr nahe liegt, nicht haften, sondern eilt als ein System sich gegenseitig durchdringender und übereinanderlagernder Wellen weiter. Wir wollen es verfolgen bis zu einer Ebene K K (Fig. 3), wo sich das nach den gewöhnlichen Lehren der geometrischen Optik (unter Voraussetzung geradlinigen Strahlenganges) konstruierte Bild des Gitters P befinden sollte. Abbe hat nun gezeigt, daß alles von F F ausgehende und nach K K gelangende Licht dort ein ähnliches vergrößertes farbenfreies Bild des Gitters infolge der Interferenz aller Wellenzüge erzeugt unter der einen Voraussetzung, daß alle bei P erzeugten Beugungsmaxima der verschiedenen Ordnungen das M. objektiv durchdrungen und also zur Bildentstehung mitgewirkt haben. Insoweit stimmen also die Folgerungen der Beugungstheorie mit denen der gewöhnlichen geometrischen Optik überein. Ist jedoch die Apertur des Mikroskopobjektivs nicht groß genug, alle Beugungsbüschel zu fassen, so erleidet die Abbildung charakteristische Beeinträchtigungen. Um diese Erscheinungen zu studieren, bringt man in die Fokalebene FF spaltförmige Blenden von verschiedener Breite, durch die man also einer beliebig großen Anzahl von Beugungsbüscheln den Zutritt zur Ebene K K und dadurch die Mitwirkung an der Bilderzeugung gestattet. Man kann dann in jedem einzelnen Falle die Abweichung des Bildes vom Objekt konstatieren.
Besonders wichtig ist aber die Folgerung, daß zur Entstehung eines Bildes überhaupt mindestens außer dem zentralen Büschel a noch ein zweites Beugungsbüschel in das Objektiv dringen und zur Bildentstehung mitwirken muß. Da aber die Divergenz der Beugungsmaxima wächst, wenn die Spaltbreite abnimmt, so werden wir hier auf eine kleinste Spaltbreite, d. h. auf eine kleinste Struktur, geführt, die ein M. noch auflösen, resp. abbilden kann. Diese kleinste Strukturbreite ist nach Abbe gleich der Wellenlänge des benutzten Lichtes, dividiert durch die numerische Apertur des Mikroskops. Durch diese Betrachtung wurde Abbe auf eine Grenze der Leistungsfähigkeit der Mikroskope geführt. Diese ist nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft bei einer etwa 900fachen Vergrößerung erreicht. Wenn trotzdem, z. B. bei bakteriologischen Untersuchungen, häufig Vergrößerungen bis zu 2000 mal und darüber, durch Okulare erzielt, angewandt werden, so kann doch dadurch nur ein bequemeres Sehen, aber keine neue Trennung seiner Strukturen herbeigeführt werden. Der eben angegebenen Grenze ist man durch die Konstruktion der Apochromatsysteme schon sehr nahe gerückt. Seit 1903 ist es Siedentopf und Zsigmondy gelungen, in gewissem Sinne die Vergrößerung weit über die von der Theorie geforderte Grenze hinaus zu steigern und die Existenz von Teilchen nachzuweisen, die von der Größenordnung der Lichtwellen sind. Es wird dies dadurch erreicht, daß durch das als Objekt dienende durchsichtige Medium (Rubinglas, kolloidale Substanzen, Bakterien enthaltende Flüssigkeiten) von der Seite her ein sehr konzentriertes Lichtbündel geleitet wird, das an den in der Objektsubstanz suspendierten Teilchen sehr starke und sehr charakteristische Beugungserscheinungen hervorruft, wodurch jene Teilchen, wenn auch nicht im Sinne einer strengen optischen Abbildung sichtbar, so doch differenzierbar und zählbar werden (Ultramikroskop). Es steht zu erwarten, daß das Ultramikroskop insbes. im Dienste der Physiologie und Chemie wichtige Ergebnisse zeitigen wird.
Der die Beleuchtung des Präparats vermittelnde Spiegel besteht meist aus einem Plan- und einem Hohlspiegel, die an den Rückseiten miteinander verbunden und derartig am M. angebracht sind, daß sie nach allen Seiten leicht gedreht und auch gegeneinander ausgetauscht werden können. Bei schwächern Vergrößerungen benutzt man zur Regulierung des Lichtes und namentlich zur Abhaltung der störenden Randstrahlen Blendvorrichtungen, und zwar eine Scheibenblende (eine an der untern Fläche des Tischchens befestigte drehbare Metallscheibe mit einer Anzahl verschieden weiter, kreisrunder Löcher, von denen nach Bedarf eins oder das andre unter die Öffnung des Tischchens gebracht wird) oder Zylinderblenden (kleine, kurze, geschwärzte Metallzylinder, die in ihren Bodenplatten zentrale Öffnungen von verschiedener Größe besitzen und ebenfalls unter der Öffnung des Tischchens angebracht werden). Bei den stärkern Immersionslinsen reichen diese Vorrichtungen meist nicht aus. Man benutzt für diese den Abbeschen Beleuchtungsapparat, der mit Hilfe eines Linsensystems sehr intensives Licht auf das Objekt wirft. Über die Konstruktion des Abbeschen Beleuchtungsapparats s. die Tafel, Fig. 18.
Zur Messung der Vergrößerung beobachtet man ein Glasmikrometer mit bekannter Teilung und zeichnet mit einem Zeichenapparat (s. Mikroskopische Zeichenapparate) das mikroskopische Bild nach. Ist nun z. B. 1 mm auf dem Mikrometer in 100 Teile geteilt, und sind die Striche, die man auf Papier gezeichnet hat, 3 mm voneinander entfernt, so ist die erhaltene Vergrößerung eine 300fache. Zur Bestimmung der numerischen Apertur dient das von Abbe angegebene Apertometer.
Zur Prüfung des Begrenzungs- und des Abbildungsvermögens benutzt man mikroskopische Objekte (Probeobjekte, Testobjekte), bei denen gewisse Details bei einer bestimmten Vergrößerung nur noch durch die bessern Instrumente gelöst werden, während die weniger guten sie entweder gar nicht oder nur undeutlich zur Wahrnehmung bringen. Als solche Probeobjekte zur Prüfung des Abbildungsvermögens wendet man für mittlere Systeme Schmetterlings schuppen vom Flügel der Hipparchia Janira an. Diese zeigen schon bei 80facher Vergrößerung Längsstreifen, dagegen bei 200–300maliger Vergrößerung auch Querstreifen. Feinere Probeobjekte sind die Diatomeenpanzer, welche die zartesten Felderungen, Streifen etc. zeigen. So zeigt Pleurosigma angulatum bei schwächerer Vergrößerung Streifensysteme, die sich bei stärkerer in Felderzeichnungen auflösen. Bei Anwendung von Wasserimmersionen erscheint ein Maschenwerk von regelmäßigen Sechsecken, und bei noch stärkern Vergrößerungen lösen sich letztere zu dunkeln Kreisen, zwischen denen die vollkommensten Ölimmersionen noch dunkle Punkte zeigen. Zur Prüfung des Begrenzungsvermögens benutzt man für schwächere Systeme Querschnitte von Nadelholzzweigen, Muskelfasern der Wasserkäfer (Hydrophilus), Tracheen von Insekten, für stärkere Systeme Schleimkörperchen und Zellen des Pflasterepithels von der Mundschleimhaut, Kernteilungsfiguren größerer Zellkerne aus dem Schwanze der Salamanderlarve oder aus jungen Wurzeln von Bohne, Lauch etc. Als künstliche Probeobjekte dienen Roberts Probeplatten, Glasplatten, auf die mit Diamant 20 seine Liniengruppen geritzt sind; die Linien der ersten Gruppe sind um 1/1000, die der letzten sogar nur um 1/10000 Pariser Linie voneinander entfernt. Zur Prüfung der Objektive auf sphärische und chromatische Abweichungen und zur Bestimmung derjenigen Deckglasdicke, für welche die beste Korrektion besteht, werden jetzt vorwiegend die Abbeschen Testplatten verwandt, d. h. Deckgläser von genau bestimmter Dicke (0,09–0,24 mm), an der untern Seite versilbert und mit eingerissenen Linien versehen, deren zackige Konturen das Probeobjekt bilden.
Unter Sehtiese versteht man die Erscheinung, daß im mikroskopischen Bilde nicht nur eine mathematische Ebene scharf abgebildet erscheint, sondern auch noch Punkte, die in einiger Entfernung darüber und darunter liegen, deutlich gesehen werden. Der Grund hierfür liegt teils in der Akkommodationsfähigkeit des menschlichen Auges (Akkommodationsliefe), teils in dem Umstande, daß das Auge kleine Zerstreuungskreise noch als Punkte auffaßt (Fokustiefe). Bei schwachen Vergrößerungen überwiegt die erste, bei starken Vergrößerungen die zweite Art der Tiefenwahrnehmung. Die optische Untersuchung von Mineralien mit einem Polarisationsmikroskop (Tafel, Fig. 16) vollzieht sich in der Hauptsache nach zweierlei sich zumeist ergänzenden Methoden; in einem Falle geschieht die Beobachtung im sogen. parallelen polarisierten Licht und im andern Fall im konvergenten polarisierten Lichte, wobei das Bildmikroskop in ein Polarisationsinstrument zur Beobachtung von Interferenzerscheinungen umgewandelt wird. Als Objektive werden im letztern Fall ausschließlich nur solche mit großem Öffnungswinkel oder höherer numerischer Apertur benutzt. Zur Untersuchung loser Kristalle werden durchsichtige Plättchen, zur Untersuchung von Gesteinen sogen. Dünnschliffe benutzt. Die Messung von ebenen Winkeln wird (ohne Anwendung der Polarisationsvorrichtungen) so ausgeführt, daß man den Scheitel des zu messenden Winkels auf das Zentrum des Fadenkreuzes im Okular einstellt, dann nacheinander die beiden Schenkel des Winkels mit demselben Faden zur Deckung bringt und mittels der Kreisteilung des Tisches den Drehungswinkel, der gleich dem zu messenden Winkel ist, bestimmt. Die seine Zentrierung des Objektivs auf den Drehungsmittelpunkt des Tisches wird durch zwei rechtwinklig zueinander wirkende Mikrometerschrauben bewirkt. Natürlich muß bei dieser Verwendung des Mikroskops als Mikrogoniometer die Ebene des zu messenden Winkels senkrecht zur Drehungsachse des Tisches, also diesem parallel, liegen; andernfalls werden die Resultate ungenau. Es gibt auch Methoden, die körperlichen Winkel (Kantenwinkel) unter dem M. zu bestimmen, indessen sind diese sehr kompliziert und führen nur selten zu sichern Resultaten.
Botanik und Zoologie verdanken dem M. den größten Teil ihrer neuern Erfolge, und auch für die Mineralogie und Gesteinslehre hat durch die neu eingeführte Benutzung des Mikroskops eine neue Epoche begonnen; die mikroskopische Beobachtung hat neue Wissenschaften begründet, z. B. die Histologie, die Zellularpathologie etc., und aus diesen Wissenschaften sowie aus der neuern Bakterioskopie hat die Medizin bereits eine tiefere Kenntnis der Krankheiten und der Mittel, sie zu heilen und zu verhüten, gewonnen. Auch Physiologie, Physik und Chemie sind durch das M. gefördert worden; die Technik bedient sich seiner zur Untersuchung von Rohstoffen, Nahrungsmitteln, Fabrikaten, auch zur Untersuchung des Gefüges von Metallen und Legierungen (s. Metallographie) etc. Die mikroskopische Fleischschau schließt trichinenhaltiges Fleisch vom Verbrauch aus, das ohne diese Untersuchungen als Nahrungsmittel verwendet worden wäre. Die Benutzung des Mikroskops bietet sonach auch für alle möglichen Fälle des gewöhnlichen Lebens praktische Vorteile. Man hat durch mechanische Zeichenapparate die mikroskopischen Bilder fixiert und sie dann auf gewöhnliche Weise vervielfältigt; in neuerer Zeit sind sie photographiert worden, und für Vorlesungen hat man leicht bewegliche Mikroskope konstruiert. Endlich hat man auch Mikroskope ersonnen, die das Bild gleich für ein ganzes Auditorium sichtbar machen. Beifolgende Tafel »Mikroskope« gibt Beschreibung und Abbildung der wichtigsten Formen der Mikroskope.
Vergrößerungsgläser waren schon im Altertum bekannt; in den Ruinen von Ninive wurde eine Linse aus Bergkristall aufgefunden, und die alten Schriftsteller erwähnen sehr oft linsenförmige Gläser. Im Mittelalter war das Brillentragen sehr verbreitet, und zwei Brillenschleifer, Hans und Zacharias Janssen in Middelburg, erfanden um 1590 das M. Das Instrument blieb aber lange sehr unvollkommen und wurde erst durch Huygens, Amici, Fraunhofer, Oberhäuser, Hartnack und namentlich durch Zeiß weiter ausgebildet. In neuester Zeit erwarb sich Abbe durch seine theoretischen Untersuchungen, Konstruktion des Beleuchtungsapparats etc. die größten Verdienste um die Mikroskopie. Vgl. Dippel, Das M. und seine Anwendung (2. Aufl., Braunschw. 1882–98, 2 Tle.) und Grundzüge der allgemeinen Mikroskopie (das. 1895); Frey, Das M. (8. Aufl., Leipz. 1886); Hager, Das M. und seine Anwendung (9. Aufl., umgearbeitet von Appel, Brandes, Stolpe; hrsg. von Mez, Berl. 1904); Czapski, Theorie der optischen Instrumente (Bresl. 1893); Zimmermann, Das M. (Wien 1895); Petri, Das M. von seinen Anfängen bis zur jetzigen Vervollkommnung (Berl. 1896); Kaiser, Die Technik des modernen Mikroskops (2. Aufl., Wien 1905); Gleichen, Lehrbuch der geometrischen Optik (Leipz. 1902); Abbe, Abhandlungen über die Theorie des Mikroskops (Jena 1903); »Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie und mikroskopische Technik« (Leipz., seit 1884); »Zeitschrift für angewandte Mikroskopie« (das., seit 1895) und Literatur bei Artikel »Mikroskopische Präparate« (S. 794).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.