- Mast [2]
Mast (die, Mästung), die reichliche Fütterung von Tieren zur Gewinnung von Fett und, wenn junge Tiere gemästet werden, auch von mehr Fleisch. In der Regel mästet man Rinder, Schafe, Schweine, Gänse, Truthühner, junge Hennen (Poularden) und Kapaune, seltener Tauben, Enten, Perlhühner, Ziegen, Kaninchen etc. Da die M. qualitätreiche Futtermittel in großer Menge erfordert, so ist der Mastbetrieb nur da möglich, wo ausgezeichnete Fettwiesen und Fettweiden sich finden, oder technische Gewerbe (Zuckerfabriken, Brennereien, Brauereien, Mühlen, Ölfabriken etc.) zur Mästung sehr geeignete Abfälle (Schnitzel, Schlempe, Malzkeime, Treber, Schrot, Kleie, Ölkuchen etc.) liefern. Je nachdem die M. verschieden weit getrieben wird, unterscheidet man Halbmast und Vollmast, nach dem Mastprodukte: Fleisch-, Fett-, Kern- und aufgeschwemmte M., nach dem Mastfuttermittel: Milch-, Weide-, Grünfutter-, Wurzelwerk-, Schnitzel-, Schlempe-, Körner- etc. M. Rinder werden vorzugsweise im Winter gemästet, weil nach der Ernte Futter vorhanden ist und die Tiere bei kaltem Wetter sich leichter mästen als im warmen Sommer. Fleischschafe und Masthammel werden gleichfalls im Winter gemästet; Sommer- und Herbstmast ermöglicht die rentable Ausnutzung guter Weide. Für Schweine ist Stallmast und besonders die Waldmast (Eicheln, Bucheckern) zuträglich. Bei erwachsenen Tieren wirkt der Geschlechtstrieb dem Fettwerden entgegen; er muß also, will man hochwertiges Mastvieh haben, unterdrückt oder unmöglich gemacht (Kastration) oder zu Anfang der M. (bei Kühen) befriedigt werden. Zur M. dürfen nur ganz gesunde, frühreife Tiere verwendet werden; der Züchter muß schon aus äußern Merkmalen die Tauglichkeit zur M., die Mastfähigkeit, beurteilen können (seine, leicht verschiebbare Haut, seine, zarte Knochen, breite Brust, enge Rippenzwischenräume, tonnenförmiger Leib, gut gestellte Gliedmaßen etc.). Die Neigung zum Fettansatz unter der Haut, die Fortschritte, der Erfolg und die Qualität der Mästung werden auch durch die Fleischergriffe festzustellen gesucht. Volles Anfühlen der Haut beim Ansatze des Schwanzes deutet auf Reichtum an Talg; auf den Hüftknochen auf ein mit Fett durchwachsenes Fleisch mit verhältnismäßig geringem Anteil von Talg. An den Hautfalten der Weichen zeigt das Befühlen das Vorhandensein von Fett überhaupt an, sowohl zwischen den Muskeln als auch im Innern des Körpers; kerniges Anfühlen des Beutels deutet auf Talgreichtum und läßt die Menge von Fett am besten ermessen. Vor der Brust zeigt der Griff die Fettablagerung zwischen den Muskeln an, desgleichen auch zwischen den Hinterschenkeln. Am Gurgelknopf und hinter den Ohrmuscheln gibt die erwähnte Hautbeschaffenheit einen Maßstab für den Reichtum an Talg. Immerhin soll sich das Fleisch eines Ochsen bei großer Feinheit und Weichheit der Haut kernig und derb anfühlen lassen, denn schwammiges Fleisch von mehr lockerer Beschaffenheit hat niemals den Wert des kernigen, und man kann hieraus auf die Art der Mästung mit ziemlicher Sicherheit zurückschließen. Vielfach mästet man auch die Zugochsen, nachdem sie ein Jahr oder nur während der Bestellungszeit im Zug verwendet worden sind. Die Mästung wird am vollkommensten durch nährstoffreiche und leichtverdauliche Futtermittel erreicht. In der ersten Periode der Mästung gibt man nährstoffärmeres und voluminöseres Futter, durch das bei jungen Tieren der Fleischansatz vermehrt und gleichzeitig, wie bei ältern Tieren, die kein Fleisch mehr ansetzen, das Binde- und Zellgewebe vollkommener ausgebildet werden soll. In der zweiten Periode soll die Fettablagerung im Binde- und Zellgewebe, das die Muskelfasern umgibt (durchwachsenes Fleisch), vermehrt werden, was bei zunehmendem Ansatz immer schwieriger wird, weshalb in dieser Periode reichliches Material zur Fettneubildung zugeführt werden muß. In der dritten Periode der Mästung verringert sich die Freßlust der Tiere, das Fett nimmt kernige Beschaffenheit an, und es tritt Gewebeverfettung ein. Es ist daher wegen der verringerten Freßlust schmackhafteres Futter (Ölkuchen, Schrot etc.) zu wählen, um vollständige Ausmästung (Kernmast) zu erzielen. Die Schmackhaftigkeit des Futters ist durch passende Mischung und Zubereitung sowie durch Salzgaben zu erhöhen. Bedingungen zu guter M. sind Ruhe, gedämpftes Licht, höchste Reinlichkeit, öfterer Futterwechsel, größte Regelmäßigkeit, fleißiges Tränken mit klarem Wasser. Die Zunahme berechnet man nach dem Gewicht. Schlachtgewicht ist das Gewicht, das die vom Fleischer bezahlten Teile liefern (die vier Viertel und die Haut), Lebendgewicht das, was das Tier lebend wiegt. Die M. gilt als gut, wenn beim Rindvieh das Schlachtgewicht bis 70 Proz. vom Lebendgewicht beträgt. Schweine kommen bis 90 Proz. und darüber. Die Zunahme gilt als schon sehr zufriedenstellend, wenn sie bei Tieren von 500 kg Lebendgewicht für 1 Tag 1 kg im Durchschnitt beträgt; doch sind schon 3,5 kg erreicht worden. Kälber können in einigen Wochen fett sein, erwachsene Rinder brauchen 21/2, 3, höchstens 4 Monate, Schafe die ganze Weidezeit, Schweine je nach Alter mehrere Wochen oder Monate, und Geflügel kann in wenigen Wochen vollkommen fett sein. Vgl. Artikel »Futter und Fütterung« (hier auch Literatur) und »Viehkauf«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.