Marsch [2]

Marsch [2]

Marsch, geordnete Bewegung von Truppen nach einem bestimmten Ziel. Er ist die Grundlage aller Operationen, daher seine sichere Ausführung von höchster Wichtigkeit und Marschübungen ein wichtiger Teil der Truppenausbildung. Ist Berührung mit dem Feind ausgeschlossen, so erfolgt der M. als Reisemarsch unter möglichster Schonung der Truppen, sonst als Kriegsmarsch unter Sicherung (vgl. Arrieregarde, Avantgarde) und Einhaltung einer Reihenfolge der Truppen, wie sie im Gefecht voraussichtlich gebraucht werden (Truppeneinteilung [s. d.], bez. Marschordnung). Geregelt werden diese Maßnahmen durch den Marschbefehl (früher Marschdisposition); für große Massen werden Marschübersichten (früher Marschtableaus) mit Angabe der täglichen Marschziele ausgegeben. – Die Länge des Marsches richtet sich nach der der Truppe zufallenden Aufgabe und dem Verhalten des Feindes Man nimmt etwas über 20 km täglich als normale Leistung für Reisemärsche größerer Massen an, mit einem Ruhetag aller 3–4 Tage (s. Marschform). Doch muß, wenn es die Lage erfordert, bei Kriegs märschen viel mehr (40–50 km) geleistet werden können, wobei aber, wenn, wie bei Eilmärschen, die Ruhetage längere Zeit ausfallen, oder, wie bei Gewaltmärschen, die äußerste Ausnutzung aller Kräfte stattfindet, die Tüchtigkeit der Truppe schnell sinkt; auch Nachtmärsche sind sehr angreifend. Für künstlich beschleunigte Märsche werden Eisenbahnen, Schiffe, Wagen etc. verwendet. – Zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Leistungsfähigkeit ist die Marschdisziplin, Fürsorge für Mann und Pferd, öfteres Trinken und Einlegen von Rasten erforderlich; auch gewährt das Fahren des Gepäcks große Erleichterung, doch bedarf z. B. ein kriegsstarkes Bataillon für seine Tornister 16 zweispänniger Wagen. – Marschtiefen (mit kleiner Bagage, s. d.) sind z. B. für das Infanteriebataillon 400 m, die Eskadron 120 m, die fahrende Batterie mit Staffel (s. d.) 260 m, die reitende Batterie mit Staffel 350 m, das Haubitzbataillon der schweren Artillerie des Feldheeres (s. Artillerie, S. 828) 1100 m etc. Die fechtenden Truppen eines Armeekorps haben gegen 25 km Tiefe. – M. heißt auch die vorschriftsmäßige Gangbewegung des Soldaten beim Exerzieren. Vgl. »Felddienstordnung« (Berl. 1900); »Exerzierreglement für die Infanterie« (das. 1889).

Hygienisches. Tagemärsche mit vollem Kriegsgepäck dürfen auf die Dauer nicht länger als etwa 20 km sein, und auch solche Märsche müssen mit Unterbrechungen zurückgelegt werden (kürzere Pause nach der ersten halben Stunde, dann eine Rast von einer Stunde nach Zurücklegung der größern Hälfte). Ein M. von 20 km dauert bei 1–2 Bataillonen einschließlich der nötigen Rast 6–7 Stunden. Beschaffenheit des Pulses und der Atmung marschierender Soldaten scheinen unmittelbar von der Länge und Art des zurückgelegten Weges abzuhängen. Bei ununterbrochenen Märschen von mehr als 5 Stunden Dauer läßt sich ein schädigender Einfluß nicht verkennen. Kürzere Märsche bei großer Hitze, schnellem Marschtempo und auf schwierigem Gelände bringen dieselbe Wirkung hervor. Besondere Vorsichtsmaßregeln sind bei großer Hitze erforderlich, weil hier die Gefahr des Hitzschlages (s. d.) vorliegt. Die Feldflaschen werden vor dem Ausrücken vorteilhaft mit Kaffee oder Tee gefüllt, Spirituosen sind verboten. Unter Umständen wird es nötig, das Gepäck fahren zu lassen. Bei großer Hitze sollen die Quartiere möglichst vor 10 Uhr erreicht werden, aber auch im Winter vor Anbruch der Nacht. Nachtmärsche sind möglichst zu vermeiden, weil die verlorne Nachtruhe sich nicht wieder einholen läßt. Wintermärsche sind gefürchtet, sie erfordern kurze, öfter wiederholte Unterbrechungen. Jeder M. erfordert, dem hohen Kräfteverbrauch entsprechend, reichliche und nahrhafte Kost. Größte Aufmerksamkeit ist auch der Beschaffenheit des Schuhwerkes zu widmen. Wundgelaufene Füße erschweren das Fortkommen und beeinflussen die Stimmung und moralische Haltung des Mannes. Sehr nachteilig wirkt der langsame M. und der Parademarsch. Die Fußgeschwulst ist ein spezifisches Infanterieleiden. Tuberkulose und Typhus liefern je nur halb soviel Dienstausfälle wie die Fußgeschwulst, die sicher in mehr als der Hälfte der Fälle durch den Parademarsch hervorgebracht wird. Ebenso fallen diesen zur Last ein großer Teil der Sehnenscheidenentzündungen am Schienbein und Entzündungen am Kniegelenk. Unmittelbare Ursache ist er nicht selten beim akuten Gelenkrheumatismus, und höchst ungünstig sind die psychischen Wirkungen namentlich bei Leuten mit leichter Abweichung im Bau des Fuß-, Knie- oder Hüftgelenkes, welche die Erfüllung der Anforderungen auch bei bestem Willen unmöglich macht. Vgl. Thurn, Die Entstehung von Krankheiten als direkte Folge anstrengender Märsche (Berl 1872); Zuntz und Schumburg, Studien zu einer Physiologie des Marsches (das. 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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