Markgenossenschaften

Markgenossenschaften

Markgenossenschaften (Märkerschaften), die alten germanischen, ursprünglich wohl auf Geschlechtsverwandtschaft beruhenden Verbände, deren Mitglieder ein Stück Land, die Mark (s. d., S. 317,2. Spalte), gemeinsam, dorf- oder hofweise (s. Hofsystem) in Besitz u. landwirtschaftliche Kultur nahmen. Die gemeine Mark, d. h. der nicht besiedelte Teil des Gebietes, in Wiese, Wald und Weide bestehend, blieb zunächst in ungeteiltem Gesamteigentum. Die Rechte der Genossen bestanden demnach namentlich in Weide- und Mastnutzung und im Bezug des nötigen Bau- und Brennholzes. Wenn mehrere Dörfer innerhalb einer Mark entstanden sind, ist vielfach der Wald (s. Markwald) bis zur Gegenwart gemeinsames Eigentum der verschiedenen Gemeinden geblieben. Die ältesten M. haben einen wirtschaftlichen und politischen Verband gebildet und sind vollkommen autonom gewesen; aber im Laufe der Zeit ist diese Autonomie allenthalben eingeschränkt worden; namentlich haben die größern Grundherren sich die Stellung des obersten Märkers und vorwaltenden Einfluß zu verschaffen und größern Anteil an der Marknutzung zu gewinnen gewußt. Die umfangreichen Marken einer Mehrzahl von Gemeinden haben auch dadurch bedeutende Einbuße erlitten, daß sich daraus aus ökonomischen und politischen Gründen besondere Gemeindemarken losgelöst haben, wobei das Eingreifen der Landesherren seit dem Ende des Mittelalters nicht ohne Einfluß gewesen ist. Die Autonomie ging demnach teils an die Grundherrschaften, teils an die politischen Gemeinden über. Eigentliche Auflösungen der M. in großem Umfang (Gemeinheitsteilungen) kommen erst seit dem 18. Jahrh. vor, sie hängen mit den veränderten Anschauungen über eine zweckmäßige Agrarverfassung zusammen; doch haben sich namentlich in Süd- und Südwestdeutschland noch Marken in größerer Zahl erhalten, wenn auch die M. als solche zu existieren aufgehört oder nur noch als Privatgenossenschaften neben der politischen Gemeinde sich erhalten haben. So die Siegener Haubergsgenossenschaften und die Trierschen Gehöferschaften. In neuester Zeit sind wieder Bestrebungen aufgetaucht, die Aufteilung der Gemeinheiten, namentlich des Waldes, zu verhindern (vgl. die Haubergsordnung für den Kreis Siegen vom 17. März 1879; preußisches Gesetz vom 14. März 1881, § 6). S. Allmande und Gehöferschaften. Auch in Österreich finden sich, namentlich in Steiermark, noch Reste von M. Vgl. Maurer, Geschichte der Markenverfassung in Deutschland (Erlang. 1856); Thudichum, Die Gau- und Markverfassung in Deutschland (Gießen 1860); Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. 1, S. 59 ff., 66 ff., 207 ff., 586 ff. (Berl. 1868); Bd. 2, S. 144 ff. (das. 1873); Bd. 3, S. 782 ff. (1881); Heusler, Institutionen des deutschen Privatrechts, Bd. 1, S. 262 ff., 293 ff. (Leipz. 1885); Lamprecht, Das Wirtschaftsleben im Mittelalter, Bd. 1, S. 280 ff., 385 ff., 459 ff. (das. 1886); Stobbe, Deutsches Privatrecht, Bd. 1, S. 501 ff. (3. Aufl., Berl. 1893); Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 56 ff., 207 ff., 425 ff. (4. Aufl., Leipz. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Markgenossenschaften — Markgenossenschaften, Märkerschaften, alte german. Verbände, die, ursprünglich meist durch Geschlechtsverwandtschaft zusammengehalten, ein geeignetes Stück Land, die Mark, besiedelten; unbesiedelte Teile des Landes blieben Gesamteigentum der… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Markgenossenschaft — Als Markgenossenschaft wird ein oft mehrere Dörfer oder im Gebirge Einzelhöfe umfassender historischer Siedlungsverband mit einer gemeinsamen Wirtschafts und Gerichtsordnung bezeichnet. Charakteristisch für eine Markgenossenschaft ist, dass… …   Deutsch Wikipedia

  • Biebermark — Lage des Maingaus um das Jahr 1000 Die Biebermark (auch: Biegermark) war eine Markgenossenschaft im Maingau. Inhaltsverzeichnis 1 Status …   Deutsch Wikipedia

  • Georg Ludwig von Maurer — Georg …   Deutsch Wikipedia

  • Thing — Germanische Ratsversammlung Relief der Marc Aurel Säule zu Rom …   Deutsch Wikipedia

  • Advocatus — Der althochdeutsche Begriff Vogt, auch Voigt oder Fauth (franz. bailli, engl. bailiff oder reeve) ist abgeleitet vom lateinischen (ad)vocatus, der Hinzu /Herbeigerufener, siehe „Rechtsbeistand“) bezeichnet allgemein einen herrschaftlichen, meist… …   Deutsch Wikipedia

  • Allmende — Die Allmende ist eine Rechtsform gemeinschaftlichen Eigentums. Als landwirtschaftlicher Begriff bezeichnet Allmende oder „Gemeine Mark“ Gemeinschafts oder Genossenschaftsbesitz abseits der parzellierten (in Fluren aufgeteilten)… …   Deutsch Wikipedia

  • Allmenden — Die Allmende ist eine Rechtsform gemeinschaftlichen Eigentums und eine traditionelle Wirtschaftsform, die heute etwa im Alpenraum noch verbreitet ist. Im über Landwirtschaft hinausgehenden Sinne wird der Begriff in den Wirtschafts und… …   Deutsch Wikipedia

  • Allmendgut — Die Allmende ist eine Rechtsform gemeinschaftlichen Eigentums und eine traditionelle Wirtschaftsform, die heute etwa im Alpenraum noch verbreitet ist. Im über Landwirtschaft hinausgehenden Sinne wird der Begriff in den Wirtschafts und… …   Deutsch Wikipedia

  • Allmendnutzung — Die Allmende ist eine Rechtsform gemeinschaftlichen Eigentums und eine traditionelle Wirtschaftsform, die heute etwa im Alpenraum noch verbreitet ist. Im über Landwirtschaft hinausgehenden Sinne wird der Begriff in den Wirtschafts und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”