Makart

Makart

Makart, Hans, Maler, geb. 28. Mai 1840 in Salzburg, gest. 3. Okt. 1884 in Wien, bezog 1858 die Akademie in Wien, kehrte aber schon nach wenigen Monaten nach Salzburg zurück und malte seines Unterhaltes wegen Wappen. 1859 kam er nach München und arbeitete von 1861–65 im Atelier Pilotys, unter dessen Leitung sich sein koloristisches Talent schnell entwickelte. Seine Erstlingswerke waren ein in Rembrandts Art gemalter Lavoisier im Gefängnis (1862) und eine Nachmittagsunterhaltung vornehmer Venezianer für einen Speisesaal in Petersburg. Dann folgten: der Ritter und die Nixen, nach H. Heine (in der Schackschen Galerie zu München), eine anmutige Leda, eine Elfenkönigin (Sammlung Raczynski, jetzt im Kaiser Friedrich-Museum zu Posen) und eine große Landschaft in italienischem Charakter, die Frucht seiner ersten italienischen Reise (1863). Seinen ersten durchschlagenden Erfolg errang er mit den modernen Amoretten (1868), einem dreiteiligen Bild auf Goldgrund, in dem sich bereits seine Neigung zu üppigen Formen und zu einer vollen koloristischen Wirkung auf Kosten sorgfältiger Zeichnung und Modellierung kundgab. Noch stärker und berauschender war diese Wirkung in dem ebenfalls dreiteiligen, 7 m langen Bilde: die sieben Todsünden oder die Pest von Florenz, worin sinnliche Üppigkeit in den glühendsten Farben, aber ebenfalls mit Mißachtung der Form, geschildert wird. Dieses Bild rief bei seiner Ausstellung in Deutschland und Paris einen Sturm von Bewunderung und Entrüstung hervor, und fortan knüpfte sich dieselbe Erscheinung an alle Gemälde Makarts, die von spekulativen Kunsthändlern in Separatausstellungen allerorten gezeigt wurden. Bis ins Krankhafte steigerte sich die Eigentümlichkeit Makarts in einer Abundantia, einer in Friesform gehaltenen Allegorie des Überflusses, bei welcher der greisenhafte Ausdruck der Kindergestalten, die starre Leblosigkeit und die stumpfe Sinnlichkeit der Frauen einen abschreckenden Eindruck macht. Hier trat auch Makarts Vorliebe für herbstlich welke Blätter und abgestorbene Blumen hervor (Makartbukett, s. Blumenstrauß). Auch in dem Gemälde: die scheintote Julia auf der Bahre (Wien, Hofmuseum) macht sich die Neigung für das Leichenhafte und Abgestorbene geltend. Nach einem wiederholten Besuch Italiens ließ sich M. 1869 in Wien nieder, wo ihm auf Staatskosten ein großes Atelier gebaut worden war. Hier entstand sein erstes, ganz in der Art der Venezianer Veronese und Tintoretto behandeltes Geschichtsbild: die Huldigung Venedigs vor Katharina Cornaro (1873, Berlin, Nationalgalerie), das wohl an Glanz des Kolorits den Vorbildern nahekommt, aber die geistige Belebung und individuelle Vertiefung der Köpfe vermissen läßt. Wenn sich Makarts koloristisches Talent auch noch reicher entwickelte, so gelang es ihm doch niemals, seine Figuren mit wirklichem Leben zu erfüllen und sie zu Trägern einer geistigen Tätigkeit zu machen. Darunter leiden sowohl seine Geschichtsbilder als seine Bildnisse. M. war ein überwiegend dekoratives Genie und leistete meist Vortreffliches, solange er sich in den Grenzen des dekorativen Stils hielt. Bei seiner starken Produktivität und der großen Flüchtigkeit in der Ausführung ist die Zahl seiner Bilder sehr groß. Die hervorragendsten außer den genannten sind: die Gaben des Meeres und der Erde, Kleopatra auf dem Nil (Stuttgart, königliches Museum), eine Spazierfahrt auf dem Nil, Siesta am Hofe der Mediceer (1875), ägyptische Frauen, Einzug Karls V. in Antwerpen (1878, Kunsthalle in Hamburg), die fünf Sinne (fünf nackte Frauengestalten, 1879), die Jagd der Diana (1880), der Sommer (ein Frauenbad, in der Dresdener Galerie), der Triumph der Ariadne (Wien, Hofmuseum), die Jagd auf dem Nil, der Tod der Kleopatra, die Amazonenjagd, die Bacchantenfamilie, der Bacchantenzug und der Frühling. 1875 unternahm M. eine Reise nach Ägypten, und 1879 wurde er Professor an der Wiener Kunstakademie. In dieses Jahr fällt auch der von ihm arrangierte und geleitete Festzug zur silbernen Hochzeit des österreichischen Kaiserpaares. M. hat in den letzten Jahren seines Lebens auch Entwürfe zu phantastischen Bauten und Innendekorationen sowie für kunstgewerbliche Gegenstände geschaffen. 1898 wurde ihm im Wiener Stadtpark ein von Tilgner modelliertes Marmorstandbild errichtet (s. Tafel »Wiener Denkmäler II«). Vgl. v. Lützow, Hans M. (Leipz. 1886); Stiassuy, H. M. und seine bleibende Bedeutung (das. 1886).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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