Münch-Bellinghausen

Münch-Bellinghausen

Münch-Bellinghausen, 1) Joachim, Graf von, österreich. Staatsmann, geb. 29. Sept. 1786 in Wien, gest. 3. Aug. 1866, entstammte als jüngster Sohn des kaiserlichen Reichshofrats Reichsfreiherrn Franz Joseph von M. (geb. 10. Nov. 1735, gest. 3. Okt. 1802) einem kurtrierschen, 1580 geadelten Geschlechte, trat 1806 in den österreichischen Staatsdienst und ward 1819 Stadthauptmann in Prag, als welcher er besonders auf dem Elbschiffahrtskongreß in Dresden 1820–21 erfolgreich wirkte. 1822 wurde er Hofrat in der Staatskanzlei, 1823 Staatsminister und Präsidialgesandter am Bundestag in Frankfurt, wo er in Metternichs Geist tätig war. 1831 in den Grafenstand erhoben, zog er sich nach den Ereignissen von 1848 ins Privatleben zurück. 1861 wurde er zum erblichen Mitgliede des Herrenhauses ernannt.

2) Eligius Franz Joseph, Freiherr von, unter dem Namen Friedrich Halm bekannter Dichter, Sohn des Freiherrn Cajetan v. M., geb. 2. April 1806 in Krakau, gest. 22. Mai 1871 in Wien, studierte in Wien die Rechte, trat schon in seinem 20. Jahre bei der niederösterreichischen Regierung in den Staatsdienst und verheiratete sich gleichzeitig. Auf seine längere Zeit geheimgehaltenen literarischen und poetischen Bestrebungen hatte sein Lehrer, der Ästhetiker Enk von der Burg (gest. 1843), bedeutenden Einfluß. 1834 übergab M. das Drama »Griseldis« (11. Aufl., Wien 1896) unter dem auch später beibehaltenen Pseudonym Friedrich Halm dem Burgtheater, und es wurde hier mit so außerordentlichem Erfolg zur Ausführung gebracht, daß es sich rasch über alle Bühnen verbreitete. Guter dramatischer Aufbau, lyrische Stimmungsfülle und psychologisches Raffinement, die das Stück aufwies, waren charakteristisch für Halms Talent, das sich auch in den nächstfolgenden, minder erfolgreichen Dramen: »Der Adept« (1836), »Camoens« (1837), »Imelda Lambertazzi« (1838), »Ein mildes Urteil« (1840) unverändert zeigte. Einen neuen Triumphzug über die deutschen Bühnen hielt der Dichter mit dem romantischen Drama »Der Sohn der Wildnis« (1842, 10. Aufl. 1896), in dem lebendige Wärme und sinnliche Unmittelbarkeit über die damals beinahe allein herrschenden Tendenzdramen den Sieg davontrug. Aber die gesuchte Unnatur des psychologischen Motivs und das Bestreben, jede einzelne Szene, unbekümmert um das Ganze, zur höchstmöglichen theatralischen Wirkung zu bringen, konnten ebensowenig wie die eigentümlichen Vorzüge geleugnet werden. M. war inzwischen 1840 zum Regierungsrat bei der niederösterreichischen Regierung ernannt worden; 1845 übernahm er mit dem Titel eines k. k. Hofrats die erste Kustosstelle bei der kaiserlichen Hofbibliothek, um die er sich durch wichtige Reformen verdient machte. 1861 ward er zum lebenslänglichen Mitglied des österreichischen Herrenhauses, später zum Hofbibliothekarpräfekten ernannt; 1869–71 leitete er unter dem Titel eines Generalintendanten die beiden Wiener Hoftheater, speziell das Burgtheater. Seine dichterische Tätigkeit hatte er während aller Wandlungen seiner äußern Stellung gleichmäßig fortgesetzt. Die Tragödien: »Sampiero« (1844) und »Maria da Molina« (nach dem Spanischen des Gabriel Tellez, 1847), das Lustspiel »Verbot und Befehl« errangen nur mäßige Bühnenerfolge. Dafür wurde die Tragödie »Der Fechter von Ravenna« (1854, 6. Aufl. 1894), welche die alten Halmschen Vorzüge neben den alten Mängeln aufwies, mit rauschendem Beifall allerorts aufgenommen. Nächst den kleinen Festspielen zur Schiller- und Shakespeare-Feier: »Vor hundert Jahren« und »Ein Abend in Titchfield« dichtete Halm noch die Dramen: »Eine Königin« (1857), »Iphigenie in Delphi« (1857), »Begum Somru« (1860) und »Wildfeuer« (1864, 7. Aufl. 1896), ein romantisches Lustspiel, in dessen Erfolg sich die Triumphe seiner Dichterjugend nochmals erneuerten. Der Sammlung seiner »Gedichte« (Stuttg. 1850; 3. Aufl., Wien 1877; Auswahl 1886) folgte eine Sammlung seiner »Werke« in 8 Bänden (das. 1856–64), dazu 1872 aus dem Nachlaß, herausgegeben von F. Pachler und E. Kuh: Bd. 9: »Neueste Gedichte«, Bd. 10 dramatische Werke, Bd. 11 und 12 interessante, aber krankhaft gespannte und düstere Erzählungen. Den »Briefwechsel zwischen Michael Enk von der Burg und M.« gab Schachinger heraus (Wien 1890).


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