- Lungenschnecken
Lungenschnecken (Pulmonata), eine Gruppe der Schnecken (s. d. und Tafel »Schnecken II«), unterscheiden sich durch den Besitz einer Lunge von allen übrigen (durch Kiemen oder Haut atmenden) Schnecken. Die Lunge ist ein Teil der Mantelhöhle, die dicht mit Gefäßen ausgekleidet ist und durch das Atemloch auf der rechten Seite des Rückens mit der Außenluft in Verbindung steht. Die L. des Süßwassers füllen in der Jugend die Mantelhöhle noch mit Wasser, später erst mit Luft; einige Arten von Planorbis und Limnaeus bewahren sich die Fähigkeit, in der erstern Weise zu atmen, zeitlebens und ersticken so unter Wasser nicht. Die L. haben meist eine Schale, und auch bei den anscheinend nackten (z. B. der Ackerschnecke) ist gewöhnlich noch ein Rest davon unter dem Mantel verborgen. Ein Schalendeckel, wie ihn viele Meeresschnecken tragen, fehlt allen L., dafür aber wird von manchen Arten vor der Periode des Winter- oder Sommerschlafs eine Kalkplatte zum vorübergehenden Verschluß des Gehäuses abgesondert. Die L. sind Zwitter; die Geschlechtsteile bestehen im wesentlichen aus der (Eier und Samen liefernden) Zwitterdrüse, einer oft mächtigen Eiweißdrüse, einer Samentasche für den bei der Begattung aufgenommenen Samen und dem Begattungsapparat. Ein in einer besondern Tasche aufbewahrtes, aber hervorstülpbares Kalkstäbchen, der Liebespfeil, dient als Reizorgan bei der Begattung. Nur wenige L. gebären lebendige Junge, die meisten legen ihre Eier in Schnüren oder einzeln ab. Die Entwickelung verläuft mit sehr geringer Metamorphose. Die L. leben von pflanzlichen und tierischen Stoffen, fressen sich zuweilen sogar gegenseitig auf. Man kennt über 6000 Arten. Von den im Wasser lebenden seien genannt Limnaeus (Schlammschnecke) und Planorbis (Tellerschnecke); von den Landbewohnern die nackten Arion (Wegschnecke) und Limax (Ackerschnecke), die beschalten Helix (Weinbergschnecke) und Achatina (Achatschnecke). Unter den fossilen L. (Pupa auf Tafel »Steinkohlenformation II«, Fig. 16, und auf »Diluvium I«, Fig. 5, Helix und Succinea auf »Diluvium I«, Fig. 6 u. 7, Planorbis auf »Tertiärformation I«, Fig. 5) ist Planorbis multiformis aus Steinheim berühmt geworden, da sie mit ihren allmählichen Übergängen zwischen den einzelnen Formen ein direktes Zeugnis für die Richtigkeit der Deszendenzlehre darstellt. Vgl. Stahl, Pflanzen und Schnecken (Jena 1888) und die Literatur im Artikel »Schnecken«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.