- Lombardei
Lombardei (Lombardie), Landschaft des Königreichs Italien, im N. von der Schweiz (Kantone Tessin und Graubünden), im NO. von Österreich (Tirol), im O. von Venetien, im S. von der Emilia und Ligurien, im W. von Piemont begrenzt, umfaßt die Provinzen Bergamo, Brescia, Como, Cremona, Mailand, Mantua, Pavia und Sondrio, mit einem Gesamtareal von 24,323 qkm (441,7 QM.) und (1901) 4.282,728 Einw. Näheres s. unter den einzelnen Provinzen und im Artikel »Italien«.
Geschichte. Das Land, das seit dem Mittelalter mit dem Namen L. bezeichnet wird, bewohnten in der ältesten Zeit Etrusker; zu Ende des 5. Jahrh. vor unsrer Zeitrechnung wanderten Kelten ein. Die Römer eroberten es 222 und verwalteten es als Teil der Gallia cisalpina. Nach dem Sturz des weströmischen Reiches ward es von Odoakar (476–493 n. Chr.), dann von den Ostgoten (493–553), hierauf von den griechischen Kaisern (553–568) beherrscht und seit 568 von den Langobarden erobert, von denen es den Namen erhielt. Das lombardisch-italienische Königreich kam 774 unter die Herrschaft der Franken, hatte seit dem Ende des 9. Jahrh. eigne Herrscher und wurde 962 den deutschen Königen unterworfen. Seit dem Ende des 11. Jahrh. entwickelten die Städte der L., namentlich Mailand, Pavia, Cremona u.a., sich zu kommunaler Selbständigkeit und gerieten darüber in heftige Kämpfe mit den deutschen Kaisern, in denen sie sich nach vielen Wechselfällen im Besitz ihrer Freiheit behaupteten. Durch Handel und Industrie waren sie reich und mächtig geworden, verzehrten sich aber seit dem 13. Jahrh. in innern Streitigkeiten und gerieten, nachdem sie das Eingreifen der Reichsgewalt abgewehrt hatten, unter die Botmäßigkeit einheimischer Dynastengeschlechter (s. Mailand). Als Österreich die Herzogtümer Mailand und Mantua erworben hatte, nannte man diese Provinzen die »österreichische L.« Napoleon I. bildete aus diesen und andern Ländern die Zisalpinische, dann die Italienische Republik und 1805 das Königreich Italien. Durch den Pariser Frieden 1814 und die Wiener Kongreßakte von 1815 erhielt Österreich zu seinen alten lombardischen Besitzungen noch das oberitalienische Gebiet der ehemaligen Republik Venedig, welche Länder es als Lombardisch-Venezianisches Königreich in Besitz nahm. Im März (17.–21.) 1848 brach in Mailand die Revolution aus, und in wenigen Tagen war die ganze L. von den Österreichern frei. Allein nach Besiegung Karl Alberts rückte Radetzky 9. Aug. d. I. in Mailand wieder ein, und 26. Aug. 1849 war das ganze Lombardisch-Venezianische Königreich wieder unter österreichischer Herrschaft. Infolge des im Frühjahr 1859 ausgebrochenen österreichisch-sardinisch-französischen Krieges trat Österreich im Frieden von Villafranca die L. bis an den obern Mincio an Frankreich, dieses trat sie an Sardinien ab; Mantua wurde zu Venetien geschlagen, eine Linie von Peschiera nach der Ogliomündung bildete die Grenze. Den Rest der L. sowie Venetien bis nahe an den Isonzo erwarb das mit Preußen verbündete Königreich Italien im Frieden zu Wien (3. Okt. 1866), nachdem die Zession seitens Österreichs wiederum zunächst an Napoleon III. erfolgt war. Vgl. die Geschichtskarten bei Artikel »Italien«; Bethmann-Hollweg, Ursprung der lombardischen Städtefreiheit (Bonn 1846); v. Simonyi, Geschichte des Lombardisch-Venetianischen Königreichs (Mail. 1846–47, 2 Bde.); Hegel, Geschichte der Städteverfassung von Italien (Leipz. 1846–47, 2 Bde.); de Haulleville, Histoire des communes lombardes (Par. 1858, 2 Bde.); Handloike, Die lombardischen Städte unter der Herrschaft der Bischöfe (Berl. 1883); Formentini, La dominazione spagnuola in Lombardia (Mail. 1881); Helfert, Kaiser Franz I. und die Stiftung des lombardo venetianischen Königreichs (Wien 1901); »Archivio storico lombardo« (Mail.); »Statistica industriale. Lombardia« (Rom 1900).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.