- Asklepĭos
Asklepĭos (lat. Äsculapius), der griech. Gott der Heilkunde, nach der gewöhnlichen Sage Sohn des Apollon und der Koronis, der Tochter des Phlegyas zu Lakereia oder Trikka in Thessalien, der Wiege seiner Verehrung.
Als Koronis, von Artemis wegen ihrer Untreue getötet, auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden sollte, rettete Apollon das Kind aus den Flammen und ließ es vom Kentauren Cheiron ausziehen, der es besonders in der Heilkunde unterrichtete. Da er sogar Verstorbene erweckte, erschlug ihn Zeus in der Befürchtung, die Menschen möchten durch A. ganz dem Tod entzogen werden, oder auf Beschwerde des Hades mit dem Blitz. Bei Homer ist A., dessen Söhne Machaon und Podaleirios die Ärzte des Griechenheeres sind, einfacher Heros, ebenso bei Pindar; seine Vergöttlichung hat eben erst allmählich allgemeine Anerkennung gefunden. Als seine Gemahlin galt Epione (»die Lindernde«), als seine Kinder namentlich Hygieia und Telesphoros (s. d.). Sein Kult war über die ganze Griechenwelt verbreitet; als Vorort galt Epidauros, wo ihm das berühmteste Fest (s. Asklepieen) gefeiert und von wo aus eine Reihe von Tochterstätten begründet wurden, wie Kos, Pergamon, Rom u.a. Mit den gewöhnlich in Hainen, bei Heilquellen oder auf Bergen errichteten Tempeln des A. (Asklepieien), in denen zunächst das Geschlecht der Asklepiaden (s. d.) den Dienst versah, waren Kuranstalten verbunden. Vielfach wurde die Inkubation (s. d.) angewendet, das Schlafen im oder am Tempel, um im Schlaf von dem Gott unmittelbare Heilung oder die Offenbarung des Heilmittels zu erhalten. Die Geheilten hängten im Tempel Votivtafeln auf mit dem Bericht über die Kur. Eine größere Zahl solcher haben die neuesten Ausgrabungen zu Epidauros zu Tage gefördert. Das übliche Opfer Genesener war ein Hahn. Stehendes Symbol des A. ist die Schlange; daher wurden vielfach in seinen Tempeln Schlangen gehalten. Solche versendete man zur Begründung neuer Kultstätten, so von Epidauros nach Rom, als dort der Dienst 293 v. Chr. bei einer Pest auf Befehl der Sibyllinischen Bücher eingeführt wurde. In Rom stand der Tempel auf der Tiberinsel. Vgl. Thränterin Roschers »Lexikon der Mythologie«, Bd. 1, Sp. 615 ff.; Pietschmann in Pauly-Wissowas »Realenzyklopädie«, Bd. 1, Sp. 1642 ff. – A. gehört zu den von der alten Kunst am häufigsten dargestellten Gottheiten. Der gewöhnliche Idealtypus zeigt den Gott bärtig, im Gesichtsausdruck ähnlich dem Zeus, nur milder und jugendlicher. Die erhaltenen Statuen zeigen ihn meist stehend, im langen, die Brust frei lassenden Mantel, mit der rechten Achsel gestützt auf einen keulenartigen, von der Schlange umwundenen Stab, den linken, vom Mantel verhüllten Arm an die Seite gestemmt, häufig auch gruppiert mit Hygieia. Der schönste Kopf (auch als Zeus erklärt), aus Melos stammend, ist im Britischen Museum, eine großartig angelegte Statue im Louvre zu Paris (s. Abbildung). Vgl. v. Sallet, A. und Hygieia (Berl. 1878); E. Löwe, De Aesculapi figura (Straßb. 1887); Brunn, Griechische Götterideale (Münch. 1893).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.