- Kuppelungen
Kuppelungen, Vorrichtungen zum Verbinden gleichartiger Teile, wie Seile, Wellen (bei Transmissionen) etc., im engern Sinne die Wellenkuppelungen, d. h. die Verbindungsglieder zwischen den einzelnen Stücken langer Wellenleitungen.
Feste K. stellen zwischen zwei Wellenstücken eine starre Verbindung her, derart, daß die geometrischen Achsen der Wellen zusammenfallen. Man verlangt von ihnen zuverlässige, einfache Konstruktion und Vermeidung aller vorspringenden Teile (Versenken von Schraubenköpfen, Muttern etc.), die Kleidungsstücke der Arbeiter leicht erfassen und zu Unglücksfällen Veranlassung geben können. Die einfachste feste K. ist die Muffenkuppelung, bestehend aus einem über die Enden zweier aneinander stoßenden Wellen geschobenen und mit diesen durch einen Längskeil verbundenen gußeisernen Hohlzylinder (Musse).
Die Schalen- oder Hülsenkuppelung (Fig. 1) wird gebildet aus zwei durch schmiedeeiserne Ringe zusammengetriebenen, über die Wellenenden gelegten, doppeltkonischen gußeisernen Schalen; zur Sicherung gegen Drehung dienen zwei Stahlkeile.
Diese K. sind leicht zu lösen. Zum Zusammenziehen der beiden Knppelungshälften dienen statt der Ringe auch oft Schrauben mit versenkten Köpfen und Muttern. Die Scheibenkuppelung (Fig. 2 u. 3) ist zusammengesetzt aus zwei Scheiben a und b, deren je eine auf einem der Wellenenden c und d verkeilt wird, worauf durch Zusammenschrauben beider Scheiben die Verbindung der Wellenstücke hergestellt wird. Diese Kuppelung läßt sich schwer lösen, ist aber eine der zuverlässigsten und eignet sich namentlich für schwere Betriebe.
Oft werden auch die Scheiben mit den Wellenenden aus einem Stück hergestellt. Bei der Sellerskuppelung (Fig. 4, ein Teil der Kuppelung ist herausgeschnitten) wird jedes Wellenende von einem geschlitzten, mit zylindrischer Bohrung versehenen Kegel umschlossen. Mittels Schrauben werden beide Kegel in das im Innern als Doppelhohlkegel ausgebildete Gehäuse hineingezogen u. pressen sich dadurch fest um die Wellenenden, diese gleichzeitig genau zentrisch verbindend. In eine Nut des Kegels und der Wellenenden werden zur Sicherung noch Federn (Keile) eingelegt.
Bewegliche K. gestatten eine gewisse Veränderlichkeit der gegenseitigen Lage der gekuppelten Wellen (in der Längs- od. Querrichtung oder durch Einstellung unter irgend einem Winkel).
Die Ausdehnungskuppelung (längsbewegliche Kuppelung, Fig. 5) besteht aus zwei fest auf den Wellenenden aufgekeilten und mit ineinander greifenden Klauen versehenen Scheiben, sie dient zum Ausgleich der durch Temperaturwechsel veranlaßten Längenänderungen langer Wellenstränge. Fig. 6 stellt das Universalgelenk (Cardanisches Gelenk, Kreuzgelenk, Hookescher Schlüssel) in schematischer Anordnung dar. Die beiden Wellenenden W1, und W2 tragen Gabeln, die durch ein kreuzförmiges Mittelstück mit rechtwinklig zueinander stehenden Schenkeln a a u. b b gelenkig miteinander verbunden sind.
Eine Ausführung des Universalgelenks zeigen Fig. 7 u. 8 (S. 849), doch sind hierbei die vier Zapfen aa u. bb (Fig. 6) anstatt durch ein kreuzförmiges Mittelstück, durch einen die beiden Gabeln umgebenden, zweiteiligen Ring verbunden. Die so gekuppelten Wellen können aus der geraden Linie bis zu einem gewissen Winkel gestellt werden, ohne daß dadurch ihre gemeinschaftliche Drehbarkeit verhindert wird; doch geschieht die Bewegungsübertragung ungleichförmig, um so mehr, je größer der Wellenwinkel α wird, und zwar so, daß die mitgenommene Welle sich mit ungleichförmiger Geschwindigkeit dreht, wenn die mitnehmende gleichförmig rotiert. Der Übelstand wird beseitigt durch geeignete Zusammenstellung zweier solcher Universalgelenke.
Die lösbaren oder Ausrückkuppelungen gestatten, den Kuppelungsschluß in bequemer Weise zu lösen oder herzustellen. Sie werden nicht nur zur Verbindung zweier Wellen benutzt, sondern dienen auch zur Kuppelung von Riemenscheiben, Zahnrädern etc. mit ihrer Welle, auf der diese lose (drehbar) aufgesetzt sind. Fig. 9 zeigt die Hildebrandtsche Klauen- oder Zahnkuppelung.
Die beiden mit Klauen oder Zähnen versehenen Kuppelungshälften a u. b sind auf den Wellenenden festgekeilt. Die Klauen der verschiebbaren Muffe c greifen beim Einrücken der K. schließend in die Lücken zwischen den Klauen der Scheiben a und b ein und kuppeln so die beiden Wellen. Das Einrücken einer solchen Kuppelung während des Ganges verursacht einen Stoß, besonders bei großen Kräften und Umdrehungszahlen, weshalb dies nur im Ruhezustand geschehen sollte. Bei einer andern Art der lösbaren K., den Reibungs- oder Friktionskuppelungen, wird dieser schädliche Stoß vermieden, indem allmähliche Mitnahme der einen Welle durch die andre erfolgt.
Eine sehr einfache Reibungskuppelung ist die Kegelkuppelung (Fig. 10). Auf dem einen Wellenende ist der Hohlkegel a fest aufgeteilt, während auf der zu kuppelnden Welle ein in erstern passender Vollkegel b verschiebbar, aber gegen Drehung durch Nut und Feder gesichert ist. Durch Einpressen des Vollkegels in den Hohlkegel (mittels Hebel- oder Schraubenmechanismus) wird die Verbindung der Wellen hergestellt.
Zur Aufrechterhaltung der Kuppelung beider Wellen muß die axiale Anpressungskraft fortdauernd ausgeübt werden. Dies ist nachteilig für den Einrückmechanismus und das den Axialdruck aufnehmende Lager der einen Welle. Frei von diesem Übelstand ist unter vielen andern Konstruktionen die Reibungskuppelung von Dohmen-Leblanc (Fig. 11). Auf dem einen Wellenende sitzt das Gehäuse g, auf dem andern die Mitnehmerscheibe m fest.
Durch Verschieben der auf der Welle losen Muffe u werden mittels der S-förmig gebogenen, federnden Druckstangen (Kniehebel) f die Gleitstücke k entweder gegen das Gehäuse g gepreßt und so die Wellen verkuppelt, oder sie werden vom Gehäuse entfernt und lösen den Kuppelungsschluß. Die Elastizität der federnden Druckstangen gestattet, die Musse m so weit zu verschieben, daß im eingerückten Zustande die gestreckte Kniehebelstellung ein wenig überschritten ist. Hierdurch ist der Einrückmechanismus vollständig entlastet und einem selbsttätigen Lösen des Kuppelungsschlusses vorgebeugt. Zu den Reibungskuppelungen gehören auch die Lamellenkuppelungen. Eine eigenartige Konstruktion ist die Bürstenkuppelung von Luther, Braunschweig (Fig. 12 u. 13). Von den beiden Kuppelungshälften trägt die eine an der der andern zugekehrten Stirnfläche Stahlbürsten, während die andre auf der entsprechenden Stirnfläche mit Mitnehmerzähnen versehen ist. Durch Einschieben der Mitnehmerzähne in die Bürsten erfolgt der Kuppelungsschluß. Infolge der Nachgiebigkeit der Bürsten wird wie bei. den Reibungskuppelungen allmähliche Mitnahme der anzutreibenden Welle bewirkt.
Eine besondere Art der lösbaren K. bilden die Motorenkuppelungen (Kraftmaschinenkuppelungen), die zur Anwendung kommen, wenn zwei Kraftmaschinen (etwa eine Dampfmaschine u. ein Wasserrad) auf ein und dieselbe Wellenleitung treibend einwirken. Die bekannteste derartige Kuppelung ist die Uhlhornsche Kuppelung (Fig. 14). Der äußere Teil A ist mit dem Hauptmotor, der innere B mit dem Hilfsmotor in Verbindung. Solange die Umdrehungszahl des Hauptmotors größer ist als diejenige des Hilfsmotors, eilt die äußere Kuppelungsscheibe A der innern B voraus, und die Klinken S legen sich in die in B vorhandenen Aussparungen. Sobald die Umdrehungszahlen der beiden Motoren gleich werden, stemmen sich die Hebel h gegen die Klinken S und führen diese in die Lücken der äußern Kuppelungsscheibe A ein. Es wird nunmehr auch die Leistung des Hilfsmotors auf die beiden Motoren gemeinsame Wellenleitung W übertragen. Vgl. Reuleaux, Der Konstrukteur (letzte Ausg., Braunschweig 1899); Keller, Berechnung und Konstruktion der Triebwerke (3. Aufl., Münch. 1898); Bach, Maschinenelemente (9. Aufl., Stuttg. 1903, 2 Bde.); Ernst, Ausrückbare K. (Berl. 1890).
Im Eisenbahnwesen versteht man unter Kuppelung die Vorrichtung zur Verbindung der Eisenbahnwagen untereinander oder mit der Lokomotive. Über die auf europäischen Bahnen gebräuchlichen K. s. Eisenbahnwagen, S. 550. Einen wesentlichen Fortschritt bedeuten die selbsttätigen K., die 1898 in den Vereinigten Staaten durch Gesetz allgemein eingeführt worden sind. Man hat eine große Anzahl verschiedener Systeme, von denen die Klauenkuppelungen am verbreitetsten. Unter diesen sind besonders beliebt die Konstruktionen von Gould u. Janney, die in mehreren Formen vorkommen. In der Regel ist bei ihnen wie auch bei den übrigen Systemen am oder im Wagenuntergestell ein starker gußeiserner Kuppelkörper fest oder verschiebbar, innerhalb gewisser Grenzen auch seitlich drehbar gelagert, der mit seinem hintern Ende gewöhnlich mit einer Zug und Stoß aufnehmenden Federvorrichtung in Verbindung steht, und dessen andres Ende, der Kuppelkopf, die Kuppel glieder trägt. Die beiden Kuppelkörper jedes Fahrzeuges sind unabhängig voneinander, so daß zur Übertragung der Zugkräfte das Untergestell in Anspruch genommen wird, oder zwischen beiden besteht in ähnlicher Weise, wie auf den europäischen Bahnen, eine Verbindung, die das Untergestell entlastet.
Der Kuppelkopf ist maulartig ausgebildet. Die linke Hälfte des Maules trägt ein drehbares Winkelstück, die Klaue, das beim Kuppeln mit dem gleichen Teil des gegenüberstehenden Fahrzeuges in Eingriff kommt, während die andre Hälfte dabei als Führung dient und nach Herstellung der Verbindung eine Sicherung gegen seitliches Verschieben beider Kuppelungshälften bildet. Im Zugkopf selbst liegt eine Sperrvorrichtung, welche die Klaue in der Kuppelstellung festhält und von der Seite der Fahrzeuge ausgelöst werden kann. Die Car Builders Association hat bezüglich des Baues der K. gewisse Grundsätze aufgestellt, die ermöglichen, daß Fahrzeuge verschiedener Verwaltungen miteinander gekuppelt werden können. Diese Grundsätze beziehen sich auf die Umrisse des Kuppelkopfes in der Schlußstellung und auf die Umrisse der Lehre, in welche die Kuppelung bei ausgehobener Sperrvorrichtung hineingleiten soll, während sie in gesperrtem Zustand am Austreten gehindert sein muß, lassen jedoch hinsichtlich der Ausführung der Kuppelung im übrigen freies Spiel.
Die Fig. 15–18 stellen eine der vielen Ausführungsformen der Gouldschen Kuppelung dar. Die Klaue e b ist drehbar um den Bolzen S, das Sperrstück h um einen Bolzen K. Letzteres ruht auf einer schiefen Fläche, die veranlaßt, daß es aus seiner Ruhestellung herausbewegt werden kann und, sich selbst überlassen, in diese Ruhestellung zurückfällt. Fig. 15 (S. 851) zeigt die Stellung der Klaue in geöffnetem Zustande der Kuppelung. Infolge der stets gleichen Anordnung der Klaue auf der linken Seite des Kuppelkopfes trifft ihr vorstehender Arm b von jedem der beiden sich gegeneinander bewegenden Fahrzeuge auf den außerhalb des Zugkopfes liegenden zweiten Arm e des andern Fahrzeuges und dreht dadurch die Klaue so, daß der Arm b eine im wesentlichen senkrechte Stellung zur Hauptrichtung der Kuppelung erhält (Fig. 16 u. 18). Das dabei vom Arm e zurückgedrängte Sperrglied fällt jetzt in seine normale Stellung zurück und zwar vor die Spitze f des Armes e, so daß eine Rückwärtsbewegung der Klaue nicht stattfinden kann. Die Kuppelung der Fahrzeuge ist damit hergestellt. Zu ihrer Lösung wird das Sperrglied durch eine Kette l od. dgl. so weit zurückgezogen, daß die Klaue bei dem Auseinanderziehen der Fahrzeuge dieser Bewegung folgen kann, wobei es die in Fig. 15 dargestellte Stellung wieder einnimmt. Dem Sperrglied sind zwei Absätze i und i1 gegeben, damit die Feststellung der Klaue auch stattfindet, wenn sie, z. B. bei der Stellung der Fahrzeuge in Kurven, ihre äußerste Endlage nicht erreicht.
Die Janney-Kuppelung unterscheidet sich von der Gouldschen in der Hauptsache dadurch, daß als Sperrglied ein senkrecht verschiebbarer Bolzen verwendet wird. Bei der in Fig. 19 u. 20 dargestellten Lösung dieser Kuppelung ist der Sperrbolzen 5 mit einem schrägen Absatz 2 versehen und an einem Querbolzen 1 in einer Durchbrechung des Kuppelkopfes aufgehängt, die dem Bolzen ein Auspendeln nach hinten gestattet. Der Vorgang beim Kuppeln der zusammenfahrenden Fahrzeuge ist ähnlich demjenigen bei der Gouldschen Kuppelung. Der Arm 4 der sich einwärts drehenden Klaue drückt den Bolzen 5 so weit zurück (s. punktierte Stellung), daß er sich unter dem Absatz 2 hindurchschieben kann und mit seiner Spitze hinter den Sperrbolzen gelangt. Der zurückfallende Bolzen sperrt hiernach die Klaue. Durch Anheben des Sperrgliedes etwa durch eine Kette 3 ist die Kuppelung wieder zu lösen. Bei allen diesen K. sind Vorrichtungen vorgesehen, die gestatten, das Sperrglied in ausgelöster Stellung festzustellen, um gegebenenfalls ein selbsttätiges Kuppeln zu verhindern.
Die angeführten K. zeigen nur eine einfache Verbindung der Fahrzeuge, während für die europäischen Bahnen noch eine Not- oder Sicherheitskuppelung vorgeschrieben ist. Tritt z. B. ein Bruch des Drehbolzens einer der Klauen ein, so ist der Zug getrennt. Um nun wenigstens für den Fall, daß dieser Bolzen bricht, eine Sicherung gegen Zugtrennung zu schaffen, ist bei den besser ausgebildeten Klauenkuppelungen der hintere Arm e der Klaue mit einem nach außen gerichteten hakenartigen Ansatz ausgestattet, der in der Schlußstellung der Klaue hinter einen entsprechenden Ansatz des Zugkopfes greift. Die Zugkräfte werden dann also von den Ansätzen aufgenommen.
Obgleich diese Klauenkuppelungen, deren Einführung von Jahr zu Jahr zunimmt, infolge ihrer Bauart auch geeignet sind, Druckkräfte auf die Fahrzeuge zu übertragen, werden gleichwohl, namentlich bei Personenwagen, unmittelbar über dem Kuppelkopf dei Regel nach noch Puffervorrichtungen angebracht, die einerseits bei auftretenden starken Stößen entlastend auf die Federvorrichtung der Kuppelung wirken, anderseits bei dem nicht zu vermeidenden Spielraum zwischen den in Eingriff befindlichen Kuppelungsteilen für ein gleichmäßiges Anliegen der Klauen Sorge tragen.
Zur Ermöglichung der Verbindung der Klauenkuppelungen mit solchen, die Kuppelöfen besitzen, ist der vordere Arm der Klaue mit einem Schlitz zur Aufnahme der Öse und mit einem Bolzenloch r zum Einstecken eines Verbindungsbolzens versehen. Es kann hiernach auch die Schraubenkuppelung mit den amerikanischen Klauenkuppelungen verbunden werden.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.