Kjökkenmöddinge

Kjökkenmöddinge

Kjökkenmöddinge (dän., Küchenabfälle), Östersdynger, Östersbunker (Austernhaufen), Affaldsdynger (Abfallhaufen), Skaldynger (Muschelhaufen), an den dän. Ostseeküsten, besonders am Kattegat, häufig vorkommende Anhäufungen von etwa 3 m Mächtigkeit, die man früher für vom Meer zurückgelassene Muschelbänke hielt, bis Steenstrup und Worsaae darin Speisereste eines Volkes aus der Steinzeit erkannten. Die Anhäufungen bestehen wesentlich aus den Schalen von Austern, Mies- und Herzmuscheln, enthalten aber auch Reste von Schnecken, Fischen, Krebsen, Krabben, dazu vereinzelt Knochen vom Seehund, Auerochs, Bär, Luchs, Wolf, Eber, Hirsch, Reh und mehreren Vögeln. Die Benagung der Tierknochen zeigt, daß jenes Volk den Hund als Haustier gehabt hat; auch darf man annehmen, daß die Stellen das ganze Jahr hindurch bewohnt waren. Viehzucht, Ackerbau sowie der Gebrauch der Metalle sind dem Volke der K. unbekannt gewesen; die in den Muschelhaufen aufgefundenen Geräte sind aus Feuerstein, Knochen und Horn roh hergestellt. Das Vorkommen von gut gearbeiteten Steingeräten in den K. ist nach Worsaae zufällig. Er glaubt, daß die Kultur des Volkes, dem die K. ihre Entstehung verdanken, der paläolithischen Periode Deutschlands und Frankreichs entspricht, während Steenstrup die Existenz dieses Volkes in die neolithische Periode (s. Steinzeit) verlegt. Das Vorkommen des von den Trieben und Knospen der Nadelhölzer lebenden Auerhahns in den K. beweist, daß Dänemark damals mit Fichten- und Kiefernwaldungen bedeckt war, die später Eichen gewichen sind, die ihrerseits wiederum der Buchenwaldung Platz gemacht haben. Nach Virchow bezeichnet die Kiefernbewaldung der dänischen Inseln und angrenzenden Festlandsgebiete die Zeit der Entstehung der K. und zugleich die Zeit des ersten Erscheinens des Menschen im Lande. Den Muschelhaufen Dänemarks analoge Reste sind an den Küsten der verschiedensten Länder (soz. B. in Brasilien, wo man sie Sambaquis [s. d.] nennt, Frankreich, Portugal, Japan, an der Ost- und Westküste Amerikas, in Südostaustralien [s. Mirnjongs], sogar an der Westküste der Sahara) nachgewiesen worden. Vgl. auch Bugors. Man gebraucht daher den Ausdruck K. allgemein für Küchenreste in allen Fällen, wo größere Abfallreste die Spuren früherer Ansiedelungen anzeigen. Vgl. Steenstrup, K., eine gedrängte Darstellung dieser Monumente (Kopenhagen 1886); S. Müller, Nordische Altertumskunde, Bd. 1 (deutsch, Straßb. 1897); S. Müller, Neergaard, Petersen u. a., Affaldsdynger fra Stenalderen i Danmark, undersögte for Nationalmuseet (Kopenh. 1900).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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