- Kapillarelektrometer
Kapillarelektrometer, Apparat zur Messung von elektrischen Potentialdifferenzen oder elektromotorischen Kräften, beruht auf der Tatsache, daß an der Berührungsfläche zwischen Quecksilber und verdünnter Schwefelsäure eine beträchtliche Oberflächenspannung vorhanden ist, die noch zunimmt, falls man das Quecksilber mit dem negativen, die Schwefelsäure mit dem positiven Pol einer Elektrizitätsquelle von weniger als 0,95 Volt elektromotorischer Kraft in Verbindung bringt, da sie nämlich, solange diese Verbindung nicht hergestellt ist, vermindert wird durch die elektrostatische Abstoßung der infolge der Lösungstension (s. Elektrolyse) an der Quecksilberoberfläche sich ansammelnden positiven sowie auch der in der Schwefelsäure sich anhäufenden negativen Ionen, welcher Abstoßung die bei Stromzuführung auftretende Wasserstoffpolarisation (Anhäufung entgegengesetzt elektrischer Ionen) entgegenwirkt. Völlige Kompensation wird bei 0,95 Volt erreicht; dann ist also die Oberflächenspannung und folglich die Depression des Quecksilbers in einer Kapillarröhre am größten. Bei Anwendung höherer Spannungen wird sie aus gleichem Grunde wieder kleiner. Das K. von Lippmann besteht aus einem 1 m hohen, 7 mm weiten, vertikalen Glasrohr, das unten in ein 10 mm langes, nach oben umgebogenes Kapillarrohr ausgezogen ist; letzteres taucht in ein oben offenes Glasgefäß, das verdünnte Schwefelsäure und darunter Quecksilber enthält. Jenes Glasrohr, das ebenfalls mit Quecksilber gefüllt ist, kommuniziert durch einen Kautschukschlauch mit einem offenen Quecksilbermanometer. Das Quecksilber im Rohre und das im untern Teile des Gefäßes stehen durch eingeschmolzene Drähte je mit einer Klemmschraube in Verbindung. Vor jedem Versuch verbindet man diese Klemmschrauben leitend miteinander, um die Potentialdifferenz auf Null zu bringen, treibt durch Druck mittels einer Schraube, die auf eine Erweiterung des Kautschukschlauches wirkt, etwas Quecksilber aus der Kapillare und richtet, nachdem der Atmosphärendruck wiederhergestellt ist, ein horizontales Mikroskop auf die Quecksilberkuppe am Ende der Kapillare. Verbindet man nun die Klemmen mit den beiden Leitern, deren Potentialunterschied gemessen werden soll, z. B. mit den Polen eines Daniell-Elements, und zwar das Quecksilber in dem Rohre mit dem Leiter niedrigern Potentials (mit dem negativen Pole des Daniell-Elements), so wächst die Oberflächenspannung der Quecksilberkuppe, das Quecksilber geht deshalb in das Rohr zurück, und es muß der Druck erhöht werden, um die ursprüngliche Lage der Quecksilberkuppe wiederherzustellen. Da die elektromotorische Kraft eines Daniell-Elements eine am Manometer abzulesende Drucksteigerung bis zu 260 mm Quecksilber hervorbringen kann, so können sehr kleine Potentialunterschiede noch genau gemessen werden. Bis etwa 0,8 Daniell ist die zur Kompensation notwendige Drucksteigerung der zu messenden Potentialdifferenz nahezu proportional.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.