- Käfer
Käfer (Deckflügler, Koleopteren, Scheidenflügler, Coleoptera, Eleutherata, hierzu Tafel »Käfer I und II« mit Erklärungsblatt), Ordnung der Insekten, umfaßt Kerbtiere mit beißenden Mundwerkzeugen, frei beweglichem, stark entwickeltem Prothorax, hornigen Vorderflügeln (Flügeldecken, elytra) und vollkommener Metamorphose. Die Körperform ist sehr verschieden. Der Kopf ist meist in den Prothorax ein gesenkt und trägt die gewöhnlich elfgliederigen Fühler, die bei den Männchen oft sehr groß werden. Der oben meist dünnhäutige Hinterleib sitzt der Brust mit breiter Basis an; seine kleinern Endsegmente liegen meist eingezogen in den vordern Segmenten verborgen. Die vordern Flügeldecken bedecken in der Ruhe die häutigen, der Quere und Länge nach zusammengelegten Hinterflügel, liegen dem Hinterleib horizontal auf und verbergen diesen vollständig oder doch größtenteils. Zum Fliegen dienen die Hinterflügel, die entfaltet sehr umfangreich sind; nur selten fehlen die Flügel. Die Beine haben meist fünf- oder viergliederige, selten drei- bis eingliederige, oder auch die beiden vordern Paare fünfgliederige, das hintere Paar viergliederige Tarsen, wonach die freilich nicht natürliche Einteilung der K. in Pentamere, Heteromere, Tetra- (Kryptopentamere) und Trimere (Kryptotetramere) vorgenommen wurde, die jetzt einer mehr natürlichen weichen muß. Die zusammengesetzten (facettierten) Augen fehlen nur bei einigen blinden Höhlenbewohnern, Nebenaugen sind äußerst selten. Der Bauchstrang des Nervensystems ist bei den meisten Käfern langgestreckt, bei einigen jedoch zu einer großen Nervenmasse in der Brust zusammengezogen. Der Darmkanal ist in der Regel lang und gewunden. Die Zahl der Nierenschläuche (Malpighischen Gefäße) beträgt vier oder sechs. Die Männchen haben ein sehr großes, horniges Begattungsorgan, das in der Ruhe in den Hinterleib zurückgezogen ist. Die Begattung dauert oft tagelang. Die Larven sind entweder fußlos oder haben außer den drei Fußpaaren noch Stummel an den letzten Hinterleibsringen; sie leben meist sehr verborgen, vom Licht abgeschlossen und nähren sich von lebenden oder toten Stoffen aus dem Tier- und Pflanzenreich, von Exkrementen etc. Häufig nimmt der K. dieselbe Nahrung zu sich wie seine Larve; bisweilen aber lebt er von Blütenteilen, während die Larve karnivor ist. Einige K. und Larven leben in Ameisennestern und Bienenwohnungen symbiotisch oder von Eiern und Honig. An den Puppen stehen die Gliedmaßen frei hervor. – Die Zahl der benannten Arten beläuft sich wohl auf 80,000. Die K. sind auf der ganzen Erde verbreitet bis an die äußersten Grenzen der Vegetation in horizontaler und vertikaler Richtung; manche sind für den Menschen recht schädlich (vgl. Forstinsekten, Gartenschädlinge und Landwirtschaftliche Schädlinge). Fossile K. finden sich schon in der Trias, sind aber besonders zahlreich im Tertiär.
Die Hauptfamilien der K. sind: 1) Marienkäfer (Coccinellidae, Tafel I, Fig. 49–51; Tarsen kryptotetramer, d. h. aus drei großen und einem unscheinbaren Glied zusammengesetzt). 2) Samenkäfer (Bruchidae, mit Erbsen-, Bohnen-, Samenkäfer), Rüsselkäfer (Curculionidae, Tafel I, Fig. 40–42; II, Fig. 18–21, mit Apfelblütenstecher), Borkenkäfer (Bostrichidae, mit Kiefernmarkkäfer), Bockkäfer (Longicornia oder Cerambycidae, Tafel I, Fig. 30-u 6, 43, 44, 54; II, Fig. 22–26, mit Pappelbockkäfer), Blattkäfer (Chrysomelidae, Phytophaga, Tafel I, Fig. 48, 52; 11, 28–93, mit Coloradokäfer, Erlenblattkäfer, Rapserdfloh), alle diese kryptopentamer, d. h. mit vier deutlichen und einem undeutlichen Tarsenglied. 3) Tenebrionen (Melasomata oder Tenebrionidae, Tafel I, mit Totenkäfer), Pyrochroiden (Pyrochroidae), Tafel I, Fig. 46, 47, Mordelliden (Mordellidae), Tafel I, Fig. 53, Blasenkäfer (Vesicantia oder Meloidae, Tafel I, Fig. 45, mit Kantharide und Maiwurm), diese und andre mit fünf und vier Tarsengliedern. 4) Laufkäfer (Carabidae, Tafel I, Fig. 1–4; II, 1–3, mit Gartenlaufkäfer, Feldsandkäfer, Getreidelaufkäfer), Wasserkäfer (Dyticidae, Tafel I, Fig. 5–8, mit Dyticus etc.), Kurzflügler (Staphylinidae, Tafel I, Fig. 15, 16, mit Staphylinus), Aaskäfer (Silphidae, Tafel I, Fig. 9–14; II, Fig. 4, mit Totengräber), Glanzkäfer (Nitidulidae), Speckkäfer (Dermestidae), Blatthornkäfer (Lamellicornia, Tafel I, Fig. 17 bis 29; II, 5–13, eine sehr umfangreiche Gruppe, mit Maikäfer, Nashornkäfer, Pillenkäfer, Getreidelaubkäfer, Gold- oder Rosenkäfer), Prachtkäfer (Buprestidae, Tafel I, Fig. 39; II, Fig. 15–17, mit Prachtkäfer), Schnellkäfer (Elateridae, Tafel I, Fig. 37,38; 11, Fig. 14, mit Saatschnellkäfer, Feuerfliege oder Cucujo), Weichkäfer (Malacodermata. mit Johanniswürmchen), Holzbohrer, Klopfkäfer (Xylophaga, Tafel II, Fig. 27, mit dem bunten Klopfkäfer), alle diese vorwiegend mit fünf Tarsengliedern.
Vgl. Fabricius, Systema Eleutheratorum (Kiel 1801, 2 Bde.); Herbst, Die K. (in Jablonskys »Natursystem aller bekannten Insekten«, Berl. 1789–1806, 10 Bde.); Erichson, Naturgeschichte der Insekten Deutschlands, 1. Abt.: Käfer (das. 1845–99, 6 Bde.); Lacordaire, Genera des Coléoptères (Par. 1854–59, 5 Bde.); Redtenbacher, Fauna austriaca; Die K. (2. Aufl., Wien 1858); Gemminger und Harold, Catalogus Coleopterorum hucusque descriptorum (Münch. 1868–76, 12 Bde.); Sturm, Deutschlands K. (Nürnb. 1805–1857, 23 Bde., mit 424 farbigen Tafeln); Reitter, Catalogus Coleopterorum Europae (Berl. 1891); Sturm, Icones Coleopterorum Germaniae, 121 Tafeln mit Register (das. 1878); Calwer, Käferbuch (5. Aufl., Stuttg. 1894); Schenkling, Die deutsche Käferwelt (Leipz. 1886), Nomenclator coleopterologicus (Frankf. 1894) und Taschenbuch für Käfersammler (5. Aufl., Leipz. 1903); Schilsky, Systematisches Verzeichnis der K. Deutschlands (Berl. 1888); Ganglbauer, Die K. von Mitteleuropa (Wien 1892 ff., bisher 4 Bde.); Heyne, Die exotischen K. in Wort und Bild (Leipz. 1893 ff., fortgeführt von O. Taschenberg); Fleischer, Der Käferfreund. Praktische Anleitung zum Sammeln und Bestimmen der K. (Stuttg. 1896); Roger, Das Flügelgeäder der K. (Erlang. 1875).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.