Huygens

Huygens

Huygens (spr. heuchens), 1) Constantyn, Herr von Zuylichem, niederländ. Dichter, geb. 4. Sept. 1596 im Haag, gest. daselbst 28. März 1687, war 50 Jahre lang Geheimschreiber des Prinzen von Oranien, widmete sich aber in seinen Mußestunden ganz der Wissenschaft, der Poesie und der Musik. Seine erste Gedichtsammlung: »Otia« (Haag 1625), enthält italienische, französische, lateinische und niederländische Gedichte. Die lateinischen sind später um viele vermehrt gedruckt u. d. T.: »Momenta desultoria« (1644, 2. Aufl. 1655), die niederländischen mit vielen neuern u. d. T.: »Korenbloemen« (1658, vermehrt 1672; 3. Aufl. von Bilderdijk, 1824). Sie enthalten außer einer großen Menge von Epigrammen kleinere Gedichte und Übersetzungen, die »Characteres d. z. Printen« (1623–1624; neue Ausgabe mit dem hier erstmalig veröffentlichten »Professor« von H. J. Eijmael, Groning. 1891) und ein volkstümliches Lustspiel »Trijntje Cornelis« (1657), die vielleicht zu knapp zusammengefaßten geistreichen größern Gedichte:»Batava Tempe d. i. Voorhout van 's Gravenhage« (1621, poetische Schilderung des berühmten Haager Stadtwäldchens), »'t Costelick Mal« (1622, Satire gegen den Kleiderluxus), »Daghwerck« (1640, seiner Frau, als Sterre besungen, gewidmet, über ihren Tod unvollendet geblieben), »Oogentroost« (1647, zum Trost einer Dame geschrieben, die eines ihrer Augen verlor), »Hotwijck« (1651, die Beschreibung seines Landhauses »Hofentwichen«) und »Zeestraet« (1666), Gedicht zur Ehre der bekannten hübschen Allee vom Haag nach Scheveningen, die man nach seinem Plan angelegt hatte. H. gehörte zum Muiderkreis (s. Hooft) als einer der gefeiertsten Dichter seiner Zeit. Heute erscheint seine Poesie vielfach gesucht, künstlich und dunkel, dies aber galt ihm als Vorzug; anderseits wirkt er nüchtern. Erst spät wurden seine zwei poetischen Selbstbiographien veröffentlicht; die eine lateinisch abgefaßt: »De vita propria« (hrsg. von Hofman Peerlkamp, Haarl. 1817; mit niederländ. Übersetzung von Adr. Loosjes), die andre niederländisch: »Cluyswerck« (hrsg. von Jonckbloet, Haag 1841, u. Verdam, Leeuw. 1884). In neuerer Zeit erschienen noch von ihm: »Mémoires« (hrsg. von Jorissen, Haag 1883) und »Musique et musiciens an XVII. siècle. Correspondance et œuvre musicales de Const. H.« (hrsg. von Jonckbloet und Land, Leid. 1882). Eine vollständige Ausgabe seiner Gedichte besorgte, zum ersten Male nach der Handschrift des Dichters, J. A. Worp (Groningen 1892–93, 3 Tle.). Eine vollständige Biographie von H. fehlt noch; vgl. Jorissen, Const. II. (1. Teil, Amsterd. 1871, reicht nur bis 1647).

2) (Hugenius) Christian, Mathematiker, Physiker und Astronom, Sohn des vorigen, geb. 14. April 1629 im Haag, gest. daselbst 8. Juni 1695, studierte seit 1645 in Leiden die Rechte, sodann Mathematik und Physik, besuchte wiederholt England und Frankreich, erhielt in Paris durch den Minister Colbert einen ansehnlichen Jahresgehalt und kehrte nach der Aufhebung des Edikts von Nantes in sein Vaterland zurück, wo er ganz der Wissenschaft lebte. In seiner Abhandlung »De ratiociniis in ludo alcae« (1656) gab er die erste wissenschaftliche Grundlegung der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Optik verdankt ihm die Verbesserung der Teleskope, deren er selbst mehrere von ungewöhnlicher Größe verfertigte, so eins von 38 und eins von 41 m Brennweite, die er der königlichen Akademie in London schenkte. Er stellte zuerst die Undulationstheorie des Lichtes auf und gab eine sinnreiche Erklärung der doppelten Brechung des Lichtes im isländischen Kalkspat. 1655 entdeckte er den größten der Satelliten des Saturn und berechnete dessen Umlaufszeit sowie den Ring des Saturn. Förderlich für die Mathematik waren seine Komplanationen der Konoide und Sphäroide, seine Methode, die Rektifikation der Kurven auf die Quadratur derselben zurückzuführen, seine Quadratur der Cissoide, die Auffindung der wahren Gestalt der Kettenlinie und der Tautochrone, die von ihm erfundene Theorie der Evoluten und endlich seine Formeln über die Zentrifugalkraft der in der Peripherie eines Kreises sich bewegenden Körper. 1656 erfand er die Pendeluhr. Auch zeigte er, daß das einfache Sekundenpendel als Normallängenmaß und zur Bestimmung des Raumes dienen könne, den ein auf der Erde frei fallender Körper in der ersten Sekunde zurücklege. Er schrieb: »Horologium oscillatorium« (Par. 1673) und »Systema Saturnium« (1659); »Traité de la lumière, où sont expliquées les causes de ce qui luy arrive dans la réflexion et dans la refraction et particulièrement dans l'étrange refraction du cristal d'Islande« (hrsg. von Burckhardt, Leipz. 1885; deutsch von Lommel, das. 1890; 2. Aufl. von Öttingen, 1803). Gesamtausgaben von H.' Werken besorgten s'Gravesande (Leiden 1724, 4 Bde., und Amsterd. 1728, 2 Bde.) und die Holländische Gesellschaft der Wissenschaften (Haag 1888–1901, Bd. 1 bis 9). Sein Bildnis s. Tafel »Physiker I«. Vgl. Bosscha, Christian H. (deutsch von Engelmann, Leipz. 1895).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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