- Giganten
Giganten, im griech. Mythus ein den Göttern feindliches, von ihnen vertilgtes Riesenvolk. Homer nennt sie ein den Göttern verwandtes, durch seinen Übermut zugrunde gegangenes Urgeschlecht, Hesiod aus dem aufgefangenen Blut des entmannten Uranos geborne Söhne der Gäa. Beide kennen ihren von Gäa angestifteten Kampf gegen die Olympier (Gigantomachie) noch nicht, den erst spätere Zeit, an örtliche Sagen anknüpfend, nach dem Kampf der oft mit ihnen verwechselten Titanen erdichtet zu haben scheint. Als Schauplatz des Kampfes wird ihr Geburtsland Phlegra (d. h. Brandstätte) genannt, das man sich in vulkanischen Gegenden vorstellte, auf der makedonischen Halbinsel Pallene, den sogen. Phlegräischen Feldern in Kampanien zwischen Cumä und Capua oder bei Tartessus in Spanien. Die Götter riefen Herakles zur Hilfe, da sie nach einem Orakel die Riesen nur unter Beistand eines Sterblichen vernichten konnten. Als Vorkämpfer der G. erscheinen Enkelados, der fliehend von Athene unter der Insel Sizilien begraben wurde, Alkyoneus, der in seinem Geburtsland unsterblich war, und den daher erst Herakles von Pallene wegschleppen mußte, ehe er ihn töten konnte, Porphyrion, den Zeus mit seinen Blitzen und Herakles' Pfeile erlegten, Polybōtes, auf den, als er floh, Poseidon die Insel Nisyros warf, ein mit dem Dreizack abgeschlagenes Stück der Insel Kos. Die Kunst stellte sie zuerst in menschlicher Gestalt und im Heroenkostüm dar; allmählich gab man ihnen durch schreckliche Gesichter, tief herabhängendes Haupt- und Barthaar, Bekleidung mit Fellen, Bewaffnung mit Felsblöcken, Baumstämmen und Keulen ein furchtbares Aussehen; in zwei schuppige Schlangen, statt der Füße, auslaufende Leiber gehörten später zum Gigantentypus (s. Abbild.).
Die Gigantomachie des Altars zu Pergamon (jetzt im Pergamonmuseum zu Berlin, s. Tafel »Bildhauerkunst IV«, Fig. 7 u. 9), die großartigste Darstellung aus dem Altertum, vereinigt die verschiedensten Formen: völlig menschlich gebildete G. und solche mit Schlangenfüßen und mächtigen Flügeln, nackte oder in Felle gehüllte und mit Steinen schleudernde sowie mit Rüstungen versehene. Berühmt ist auch das Wandgemälde des Giulio Romano, der Sturz der G., im Palazzo del Te zu Mantua. Vgl. B. Stark, Gigantomachie auf antiken Reliefs und der Tempel des Jupiter Tonans in Rom (Heidelbr 1869); Heydemann, Gigantomachie auf einer Vase aus Altamura (Halle 1881); Köpp, De gigantomachiae in poeseos artisque monumentis usu (Bonn 1883); Stais, De variis gigantum formis in fabula et arte graecorum (Halle 1884); M. Mayer, Die G. und Titanen in der antiken Sage und Kunst (Berl. 1887); Spindler, Der Gigantenmythus in seiner ältern Überlieferung (Zwickau 1888).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.