Friedberg [2]

Friedberg [2]

Friedberg, 1) Heinrich von, ausgezeichneter preuß. Jurist, geb. 27. Jan. 1813 zu Märkisch-Friedland in Westpreußen, gest. 2. Juni 1895 in Berlin, studierte 1833–36 in Berlin die Rechte, arbeitete sodann beim Kammergericht, an dem er 1848 Staatsanwalt wurde, ging in gleicher Eigenschaft nach Greifswald, war hier seit 1850 Oberstaatsanwalt und trat zugleich an der Universität als Privatdozent auf. 1854 als Geheimer Justiz- und vortragender Rat in das Justizministerium nach Berlin berufen, wurde er 1857 Geheimer Oberjustizrat, 1870 Präsident der Justizprüfungskommission, 1872 Wirklicher Geheimer Oberjustizrat und Mitglied des Herrenhauses aus allerhöchstem Vertrauen, 1873 Unterstaatssekretär im Justizministerium, 1875 Kronsyndikus. Er beteiligte sich schon an der Gesetzgebung des Jahres 1846, durch die für Preußen das mündliche und öffentliche Verfahren in Untersuchungssachen geschaffen wurde, und ist seitdem fast ununterbrochen legislatorisch tätig gewesen. Sein Hauptverdienst erwarb er sich als Schöpfer des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund (nachmaligen Reichsstrafgesetzbuches), das wesentlich durch seine Energie in unglaublich kurzer Zeit (1870) zustande kam, nachdem ihm 1868 die Ausstellung des ersten Entwurfs übertragen war. Auch nahm er an den Beratungen über das Militärstrafgesetzbuch für das Deutsche Reich als Mitglied der Immediatkommission und Bundeskommissar hervorragenden Anteil und verfaßte den »Entwurf einer deutschen Strafprozeßordnung« (Berl., im Januar 1873). Nach Annahme der wesentlich durch ihn zustande gekommenen Justizgesetze im Reichstag 21. Dez. 1876 wurde er zum Staatssekretär des Reichsjustizamts (Reichsjustizminister) und 30. Okt. 1879 an Leonhardts Stelle zum preußischen Staats- und Justizminister ernannt. Von Kaiser Friedrich III., mit dem er seit langem befreundet war, wurde er gleich nach dessen Thronbesteigung im März 1888 durch Verleihung des Schwarzen Adlerordens ausgezeichnet und damit in den erblichen Adelstand erhoben. Im Januar 1889 erhielt er die erbetene Entlassung als Justizminister mit dem Titel und Rang eines Staatsministers. Sein Nachfolger wurde L. H. v. Schelling.

2) Emil Albert, Kirchenrechtslehrer, Neffe des vorigen, geb. 22. Dez. 1837 zu Konitz in Westpreußen, studierte seit 1856 in Berlin und Heidelberg die Rechte, habilitierte sich 1862 in Berlin als Privatdozent, wurde 1865 außerordentlicher Professor in Halle, folgte 1868 einem Ruf als ordentlicher Professor nach Freiburg und wirkt als solcher seit 1869 in Leipzig, wo er zum königlich sächsischen Geheimerat und zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wurde. In dem Streik zwischen Staat und Kirche ist er einer der bedeutendsten Vorkämpfer der staatlichen Oberhoheit, wie er denn auch bei den preußischen Kirchengesetzen von 1872 in einflußreicher Weise beteiligt war. Bereits in seiner Inauguraldissertation »De finium inter ecclesiam et civitatem regundorum judicio« (Leipz. 1861) trat er für die Rechte des Staates über die Kirche ein, und die gleiche Tendenz verfolgte er in seinen übrigen zahlreichen Schriften: »Ehe und Eheschließung im deutschen Mittelalter« (Berl. 1864); »Das Recht der Eheschließung in seiner geschichtlichen Entwickelung« (Leipz. 1865); »Die evangelische und katholische Kirche der neu einverleibten Länder in ihren Beziehungen zur preußischen Landeskirche und zum Staat« (Halle 1867); »Aus deutschen Bußbüchern« (das. 1868); »Das Veto der Regierungen bei Bischofswahlen« (das. 1869); »Agenda, wie es in des Churfürsten zu Sachsen Landen in den Kirchen gehalten wirdt« (das. 1869); »Die Geschichte der Zivilehe« (Berl. 1870, 2. Aufl. 1877); »Der Staat und die katholische Kirche im Großherzogtum Baden« (Leipz. 1871, 2. Aufl. 1873); »Das Deutsche Reich und die katholische Kirche« (das. 1872); »Die Grenzen zwischen Staat und Kirche« (Tübing. 1872); »Sammlung der Aktenstücke zum ersten vatikanischen Konzil« (das. 1872); »Die preußischen Gesetzentwürfe über die Stellung der Kirche zum Staal« (Leipz. 1873); »Johannes Baptista Baltzer« (das. 1873); »Der Staat und die Bischofswahlen in Deutschland« (das. 1874); »Aktenstücke, die altkatholische Bewegung betreffend« (Tübing. 1876); »Verlobung und Trauung« (Leipz. 1876); »Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts« (das. 1879, 5. Aufl. 1903); »Das Collegium Juridicum« (das. 1882); »Die geltenden Verfassungsgesetze der evangelischen deutschen Landeskirchen« (Freib. i. Br. 1885, mit 4 Ergänzungsbänden, 1890–98); »Das geltende Verfassungsrecht der evangelischen Landeskirchen in Deutschland und Österreich« (Leipz. 1888). Noch veröffentlichte er eine Gedächtnisrede auf Otto Stobbe (Berl. 1887), die Schrift »Die Universität Leipzig in Vergangenheit und Gegenwart« (Leipz. 1898) sowie ein »Formelbuch für Handels-, Wechsel- und Seerecht« (das. 1890, 2. Aufl. 1901). F. redigierte feil 1864 mit R. Dove die »Zeitschrift für Kirchenrecht«, an deren Stelle seit 1892 die von ihm mit Sehling herausgegebene »Deutsche Zeitschrift für Kirchenrecht« getreten ist, und besorgte eine neue kritische Ausgabe des »Corpus juris canonici« (Leipz. 1879–81, 2 Tle.) und der »Quinque compilationes antiquae« (das. 1882), der »Canones-Sammlungen zwischen Gratian und Bernhard von Pavia« (das. 1897) sowie der »Handelsgesetzgebung des Deutschen Reiches« (das. 1890, 7. Aufl. 1904).

3) Robert, Nationalökonom, geb. 28. Juni 1851 in Berlin, studierte daselbst, in Heidelberg und Leipzig, wurde hier 1877 Privatdozent und 1885 außerordentlicher, 1894 ordentlicher Professor der Staatswissenschaften in Halle. 1886 wurde er in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt; 1893–98 gehörte er als Vertreter des zweiten anhaltischen Wahlkreises dem Reichstag an, wo er sich der nationalliberalen Partei anschloß. Anfang 1904 siedelte F. nach Berlin über. Er schrieb: »Die Börsensteuer« (Berl. 1875); »Die Besteuerung der Gemeinden« (das. 1877); »Vorschläge zur technischen Durchführung einer prozentualen Börsensteuer« (Jena 1882) u. a.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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