- Diodōros
Diodōros, 1) griech. Philosoph aus Jasos in Karien, mit dem Beinamen Kronos, gest. 307, gehörte der megarischen Schule an und galt für einen der berühmtesten Dialektiker seiner Zeit. Sein Tod soll durch Gram herbeigeführt worden sein, als er ein ihm von dem Megarenser Stilpon vorgelegtes Problem nicht zu lösen vermochte. Er ist besonders bekannt durch seine neuen Beweise gegen die Möglichkeit der Bewegung sowie durch seine im Altertum sehr berühmte Argumentation betreffs des Möglichen. Er lehrte, nur das Notwendige sei wirklich und nur das Wirkliche möglich.
2) (D. Siculus), griech. Geschichtschreiber aus Agyrion in Sizilien (daher Siculus genannt), machte ausgedehnte Reisen und lebte zu Cäsars und Augustus' Zeit in Rom, wo er seine »Bibliothek«, eine auch Geographie, Sitten- und Kulturgeschichte berücksichtigende Universalgeschichte in 40 Büchern schrieb, von denen die 6 ersten in ethnographischer Form die mythische Zeit bis zu Trojas Zerstörung, die übrigen in streng annalistischer Form die Geschichte von da bis zum ersten Triumvirat (60 v. Chr.) umfaßten. Nur 15 Bücher (1–5, Urgeschichte und Mythologie der Orientalen und Hellenen, und 11–20, vom zweiten Perserkriege bis zum Kriege gegen Antigonos 480–302 v. Chr.) sind erhalten, vom übrigen Bruchstücke und Exzerpte. Das Werk, an dem D. nach eigner Angabe 30 Jahre gearbeitet hat, ist fast ganz aus Exzerpten uns meist verlorner Schriftsteller zusammengesetzt; so wichtig es daher auch ist, namentlich für die mit Vorliebe behandelte Geschichte Siziliens, sowie für Roms ältere Geschichte, in der er ältere Quellen als Livius und Dionys benutzt hat, so macht sich doch der Mangel aller Kritik geltend; auch wird durch die annalistische Anordnung der Zusammenhang der Ereignisse völlig zerrissen. Die Darstellung ist klar und einfach, aber sonst ohne alle Vorzüge. Ausgaben von Wesseling (mit wichtigem Kommentar, Amsterd. 1746, 2 Bde.), L. Dindorf (Par. 1842–1844, 2 Bde.), J. Bekker (2. Ausg. von Dindorf, Leipz. 1866–68, 5 Bde.; neu bearbeitet von Vogel, das. 1888 ff.); deutsch von Wahrmund (Stuttg. 1869).
3) Vertreter der sogen. Antiochenischen Schule (s. d.), seit 378 Bischof in Tarsos, wo er um 394 starb, war als Hauptvertreter der damaligen Orthodoxie hochverehrt. Da man später in ihm den moralischen Urheber des Nestorianismus (s. Nestorianer) sehen zu sollen glaubte, sind seine Schriften meist untergegangen, vielleicht auch unter die Flagge orthodoxer Namen, wie Justins des Märtyrers, gestellt worden. Vgl. A. Harnack, Diodor von Tarsus (Leipz. 1901).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.