Akkumulātor [2]

Akkumulātor [2]

Akkumulātor (Sammler, sekundäres galvanisches Element, Ladungssäule), elektrochemischer Apparat zur Aufspeicherung von Stromarbeit behufs ihrer spätern Verwendung an beliebigem Orte. Der A. wurde 1850 von Wilhelm Siemens und unabhängig von ihm von Sinsteden erfunden, aber erst 1859 in einer für die Technik brauchbaren Form von Planté hergestellt. Ein Akkumulatorelement besteht aus zwei Bleiplatten, von denen die positive (+) mit braunem Bleisuperoxyd (PbO2) überzogen ist, während schwammig aufgelockertes Blei (Pb) die Oberfläche der negativen (-) bildet; beide Platten werden in einem mit verdünnter Schwefelsäure (H2SO4) gefüllten Gefäß einander gegenübergestellt. Gewöhnlich stellt man eine größere Anzahl Platten so in ein Gefäß von Glas, Ebonit oder mit Pech ausgegossenem Holz, daß jede +Platte zwischen zwei -Platten steht, also stets eine -Platte mehr vorhanden ist als +Platten. Fig. 1 (S. 230) zeigt in schematischer Darstellung von oben drei Akkumulatorzellen mit je sieben Platten, von denen die drei positiven mit dicken, die vier negativen mit zarten Linien ausgezogen sind. Auf der einen Seite der Zellen werden die positiven, auf der andern die negativen durch angelötete Bleistreifen b miteinander verbunden, sodann durch einen Draht die +Platten der einen an die -Platten der andern angeschlossen (Schaltung hintereinander oder in Serie) oder, wenn man die mittlere Zelle herumdreht, die sämtlichen +Platten und die sämtlichen – Platten zusammengeschaltet (Schaltung nebeneinander oder parallel).

Verbindet man die +Platten einer Zelle mit den-Platten durch einen Draht, so durchfließt diesen ein Strom in der Richtung von jenen zu diesen. Er zerlegt die Schwefelsäure in Wasserstoff (H2) und den Säurerest SO4, von denen letzterer sich, der Stromrichtung in der Flüssigkeit entgegen, an die -Platte begibt und Bleisulfat (PbSO4) bildet: Pb+SO4 = PbSO4, während der Wasserstoff zur +Platte geht und dort das Bleisuperoxyd PbO2 zu Oxyd PbO reduziert, das dann ebenfalls Sulfat bildet:

PbO2+H2+H2SO4 = PbSO4+2H2O.

Die Flüssigkeit verliert also die zur Sulfatbildung nötige Schwefelsäure, und der A. ist vollständig entladen, sulfatisiert, wenn alles Superoxyd in Sulfat übergegangen ist. Ehe es aber bis zur Hälfte aufgebraucht ist, wird durch Abnehmen der Drahtverbindung der Strom unterbrochen. Um den A. in den anfänglichen Zustand zurückzuversetzen, verbindet man die +Platten der Zellen mit dem positiven, die -Platten mit dem negativen Pol einer Dynamomaschine oder einer galvanischen Batterie und leitet deren Strom hindurch. Dann wandern H2 und SO4 in entgegengesetzter Richtung, es bildet sich wieder Superoxyd an der +Platte, während an der -Platte Blei auftritt: PbSO4+H2 = Pb+H2SO4.

Fig. 1. Drei Akkumulatorzellen.
Fig. 1. Drei Akkumulatorzellen.

Vollständig sulfatisierte Akkumulatoren lassen sich nicht wieder laden, weil bei ihnen beide Platten mit einer zusammenhängenden dicken, den Strom nicht leitenden Schicht von Bleisulfat bedeckt worden sind. Um den A. zu formieren, die +Platte mit Superoxyd (aktive Masse), die -Platte mit schwammigem Blei zu überziehen, stellte Planté die Bleiplatten in die Säure, lud den A. in immer längern Zwischenräumen und entlud ihn wieder, ließ ihn aber dazwischen längere Zeit geladen stehen. Das vorhandene Superoxyd hatte dann Zeit, seine Unterlage in Bleioxyd (PbO) zu verwandeln, indem es selbst in solches überging. Das Oxyd verband sich mit der Schwefelsäure zu Sulfat, und dieses konnte bei erneuter Ladung wieder in Superoxyd verwandelt werden. Faure überzog die Platten mit einem Brei aus Bleiglätte (PbO) und verdünnter Schwefelsäure, der beim Laden das Sulfat bildete, oder bedeckte sie mit Mennige (Pb3O4), die mit Schwefelsäure angefeuchtet war, und schickte einen Strom hindurch:

Pb3O4+2H2SO4 = PbO2+2PbSO4+2H2O.

Die so erhaltene aktive Masse pflegt nicht sehr fest an den Platten zu haften. Fällt sie heraus, so bilden, wenn die Platten bis zum Boden des Gefäßes reichen, die herabgefallenen Teilchen Kurzschluß, und de. Strom in der Zelle bleibt dauernd geschlossen. Dann aber tritt bald Sulfalisierung ein, und da der Strom wegen des geringen Widerstandes der Zelle sehr stark ist, werden die Platten bald unbrauchbar. Man vermeidet dies, indem man die Platten auf Glasprismen stellt oder mittels zweier nasenartiger Ansätze am Rande der Gefäße aufhängt. Weil aber das Glas hygroskopisch ist, breitet sich die Schwefelsäure auf der Innen- und Außenseite der Gefäße aus, und diese müssen daher stets auf isolierende Porzellanfüße, die wie die Isolatoren der Telegraphendrähte einen vorspringenden Rand haben, gestellt werden. Geschieht dies nicht, so bildet der Erdboden, mit dem die Platten in leitende Verbindung kommen, einen dauernden Stromschluft, der den A. langsam entladet.

Fig. 2 zeigt eine Zelle mit sieben Platten der Akkumulatorenfabrik Aktiengesellschaft in Berlin (früher Hagen i. W.). Zwischen die Platten sind Glasröhren gestellt, die deren Berührung verhindern, man setzt sie auch wohl auf Zapfen, die auf Bleistreifen befestigt sind, um sie gegen Umfallen zu sichern.

Fig. 2. Akkumulatorzelle der Akkumulatorenfabrik Akt.-Ges. in Berlin.
Fig. 2. Akkumulatorzelle der Akkumulatorenfabrik Akt.-Ges. in Berlin.

Zwei zwischen die äußersten Platten und die Glaswand gesteckte Blei federn drücken die Platten gegen die Glasröhren.

Die Platten sind Seelenplatten, Gitterplatten oder Masseplatten, je nachdem sich die aktive Masse zu beiden Seiten eines festen Bleikerns, oder in den Maschen eines netzartigen Gitters, oder in einem Rahmen von Hartblei (Antimonblei) befindet. Die +Platten des abgebildeten Akkumulators sind Seelenplatten, die -Platten Gitterplatten. Jene werden mit Rippen versehen, die nach außen weiter werdende Zellen bilden, in welche die Formierungspaste gestrichen wird.

Fig. 3. Correnssches Gitter.
Fig. 3. Correnssches Gitter.

So kann sie sich beim Formieren ausdehnen, und wenn sie mit der Zeit herausfällt, sind durch die öftern Ladungen und Entladungen die Oberflächen der Platten selbst so weit in aktive Masse verwandelt, daß diese Verluste keine Bedeutung mehr haben. Fig. 3 zeigt ein Stück der Gitterplatten von Correns. Sie bestehen aus quadratischen Feldern, die auf beiden Seiten um die halbe Quadratseite versetzt sind, so daß auf die Quadratmitten der Rückseite Ecken auf der Vorderseite fallen. Der Querschnitt der prismatischen Stäbe bildet ein Dreieck, dessen Spitze nach innen liegt. An ihren Kreuzungspunkten sind sie durch Bolzen verbunden.

An den Endplatten einer offenen Akkumulatorenbatterie muß stets freie Elektrizität vorhanden sein, die, sobald beide miteinander durch einen Leitungsdraht verbunden werden, in diesen den elektrischen Strom treibt. Dazu muß sie eine gewisse Kraft, die Spannung (elektromotorische Kraft), besitzen. Der Spannungsunterschied erreicht beim frischgeladenen A. seinen größten Wert von 2,5 Volt, sinkt aber beim Entladen erst langsam bis auf 1,8 Volt, dann rascher noch weiter. Ist die Spannung auf 1,5 Volt herabgegangen, so muß die Entladung unterbrochen werden, wenn der A. nicht geschädigt werden soll. Den Grad der Entladung bestimmt man durch Messung der Abnahme der Spannung mittels eines Voltmeters oder durch ein Aräometer, da während der Entladung die Säure verdünnter wird. Im geladenen A. beträgt ihr spezifisches Gewicht 1,13–1,2. Das Produkt aus der in Volt gemessenen Spannung in die in Ampere ausgedrückte Stromstärke ergibt die elektrische Arbeit, die in Voltampere oder Watt ausgedrückt wird. Diese bei der Entladung erhaltene elektrische Arbeit ist geringer als die zur Ladung verbrauchte, der A. ist mithin nicht vollständig reversibel. Nach Dolezalek erklärt sich dies durch das Auftreten von Konzentrationsströmen, die zwischen den Platten, der weniger konzentrierten Säure, in deren Poren und der konzentrierteren außerhalb der Platten kreisen. Um diese Konzentrationsunterschiede soviel wie möglich zu vermeiden, setzt man die nach vollendeter Ladung eintretende Entwickelung von Sauerstoff und Wasserstoff eine Zeitlang fort und bewirkt dadurch eine weitgehende Mischung der Flüssigkeitsschichten. Das Gelatinieren der Säure durch Zusatz von Wasserglas, der eine Ausscheidung von gelatinöser Kieselsäure bewirkt, dürfte mithin schädlich sein, wenn es auch bei transportabeln Akkumulatoren das Überlaufen der Säure verhindert. Den Wirkungsgrad (Güteverhältnis) eines Akkumulators nennt man das Verhältnis der bei der Ladung aufgewendeten Elektrizitätsmenge oder elektrischen Arbeitsleistung zu der bei der Entladung wieder zurückerhaltenen. Die Elektrizitätsmengen werden in Amperestunden, die Arbeitsleistungen in Wattstunden gemessen. Bei einem Versuche von Heim wurde ein A. mit einer Stromstärke von 40 Ampere und einer mittlern Spannung von 2,28 Volt während 40 Stunden geladen und während 3,02 Stunden mit 48 Ampere und 1,89 Volt (im Mittel) entladen. Der auf die Elektrizitätsmengen bezogene Wirkungsgrad war also:

(48.3,02)/(40.4) = 145 Amperestunden/160 Amperestunden = 0,907 oder 90,7 Proz., der auf die geleisteten Wattstunden bezogene dagegen: (1,89.48.3,02)/(2,28.40.4) = 274 Wattstunden/364 Wattstunden = 0,753 oder 75,3 Proz.

Der nach Wattstunden berechnete Wirkungsgrad muß der kleinere sein, aber er allein kann der Berechnung der Betriebskosten zu Grunde gelegt werden. Das in Amperestunden gemessene Produkt aus der zulässigen höchsten Stromstärke in Zeit heißt die Kapazität des Akkumulators. Da die Spannung sich nur wenig ändert, so erhält man die in einer bestimmten Zeit ausgegebene elektrische Arbeit, wenn man die Kapazität mit der Spannung multipliziert. Die Lebensdauer des Akkumulators hängt hauptsächlich davon ab, daß er rechtzeitig immer wieder geladen, und daß stets Kurzschluß vermieden wird. Die Lebensdauer der Platten wird erhöht, wenn zu ihrer Herstellung Blei und Bleisalze von großer Reinheit verwendet werden. Die Beimischung von Glyzerin, Leim, Pflanzenalkoloiden etc. zur Paste erhöht die Kapazität des Akkumulators, aber auf Kosten der Lebensdauer. Die Elektrizitätsgesellschaft Gelnhausen bereitet die Paste ihres Bleistaubakkumulators, indem sie Blei durch ein Dampfstrahlgebläse tropfen läßt, den erhaltenen Bleistaub mit Schwefelsäure anmacht und dem erhaltenen Brei einen indifferenten porösen Körper zusetzt, ehe er in die Rippen ihrer Seelenplatten gestrichen wird.

Um von einer Akkumulatorenbatterie nach Bedürfnis Zellen zu- und abschalten zu können, benutzt man Zellenschalter (Fig. 4 u. 5). Auf einer Schiefertafel ist für jede Zelle eine größere Kontaktplatte aufgesetzt und mit ihr leitend verbunden. Das eine Ende der Verbrauchsleitung ist an das letzte Kontaktstück (6, Fig. 4) gelegt, das andre liegt an der Achse eines Hebels mit Handgriff, in Fig. 5 an einen Messingring, auf dem dauernd ein mit der Achse verbundener Kontakt schleift.

Fig. 4. Schema eines Zellenschalters.
Fig. 4. Schema eines Zellenschalters.

Zwischen den Kontaktplatten sind ebenso viele kleinere völlig isolierte Platten angebracht. Der Handgriff bewegt außer dem Schleifkontakt einen gabelförmigen Hebel ZK (Fig. 4), dessen klauenförmige Enden ebensoweit wie zwei benachbarte Kontaktplatten voneinander abstehen. Z ist durch den Eboniteinsatz i von K isoliert. In der gezeichneten Stellung des Hebels geht der Strom durch die Zellen 6, 5, 4, 3 und durch K zur Verbrauchsleitung. Soll nun 3 ausgeschaltet werden, so wird K nach links geschoben und kommt auf das blinde Kontaktstück zwischen 3 und 4, während zugleich Z auf 4 rückt.

Fig. 5. Zellenschalter.
Fig. 5. Zellenschalter.

Nun geht der Strom durch die Zellen 6,5 und 4, durch Z nach K und durch den Neusilberwiderstand zwischen beiden, der ss groß ist, daß Kurzschluß nicht eintreten kann.

Akkumulatoren dienen in Laboratorien zur Stromlieferung, namentlich für starke Ströme, ferner zum Betriebe kleinerer Beleuchtungsanlagen oder zur Beleuchtung von Bahnwagen, auch als bewegende Kraft elektrischer Bahnen, doch kommt man davon je länger je mehr ab. Dagegen unterstützen sie die Dynamomaschinen, die elektrische Bahnen, Hebezeuge, Fördermaschinen etc. antreiben, namentlich in der Lieferung der zum Anfahren nötigen großen Kraft, indem sie als Pufferbatterien zugleich etwa auftretende Stromstöße aufnehmen oder Ungleichheiten ausgleichen und so einen gleichmäßigen Gang der Dynamomaschine ermöglichen. Zu diesem Behufe schaltet man sie den Maschinen parallel. Sie verhüten ferner bei elektrischen Bahnen den Spannungsabfall in den Schienen und beugen dadurch dem Austritte der schädlichen vagabundierenden Ströme vor. Sie ermöglichen den Betrieb einer Beleuchtungsanlage mit Hilfe einer Wasserkraft, die Tag und Nacht läuft und eine Dynamomaschine treibt, die während des Tages die Akkumulatorenbatterie ladet, bei Nacht mit dieser zusammen die doppelte Anzahl Lampen speist, als durch die Wasserkraft allein unterhalten werden könnte. Auch könnte man die ungleichmäßig einsetzende Kraft des Windes zu Beleuchtungs- oder Bewegungszwecken ausnutzen, indem man, so oft die Windstärke ausreicht, mit Hilfe einer Dynamomaschine eine Akkumulatorenbatterie ladet, aus der man dann nach Bedarf die Energie wieder entnehmen kann. Vgl. Heim, Die Akkumulatoren für stationäre elektrische Anlagen (3. Aufl., Leipz. 1899); Schoop, Die Sekundärelemente (Halle 1895–96, 3 Tle.); Derselbe, Handbuch der elektrischen Akkumulatoren (Stuttg. 1898); Elbs, Die Akkumulatoren (3. Aufl., Leipz. 1901); Zacharias, Die Akkumulatoren (2. Aufl., Jena 1901); Sieg, Die Akkumulatoren (Leipz. 1901); Dolezalek, Die Theorie des Bleiakkumulators (Halle 1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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