- Cincinnati
Cincinnati (spr. ßinßĭnāti), die Hauptstadt der Grafschaft Hamilton im Staat Ohio, eine der bedeutendsten Handels- und Fabrikstädte der nordamerikan. Union, nimmt unter 39°6' nördl. Br. und 84°27' westl. L., 130–165 m ü. M., an einem Hauptknie des 600 m breiten Ohiostromes dessen rechtsseitige Uferterrassen längs des Mill Creek und gegenüber der Mündung des Licking River ein. Durch den Miamikanal bereits seit 1835 mit den Lorenzseen in Schiffahrtsverbindung, wurde es nach und nach der Knotenpunkt von 18 Eisenbahnen und nahm unter den Städten westlich der Alleghanies am frühesten einen großstädtischen Aufschwung, so daß es den Beinamen »Königin des Westens« erhielt. 1788 gegründet, zählte es 1850: 115,436,1860: 161,044,1870: 216,239,1890: 296,908 und 1900: 325,902 Einw. (während Chicago 1850 nur 29,963 und 1860 nur 112,172 Einw. hatte). Die Anlage der Straßen ist im Anschluß an die Geländeform und an den Ohiolauf nicht so regelmäßig wie in andern amerikanischen Städten. Die glänzendsten Geschäftsstraßen sind Pearl-, Fourth-, Fifth-, Main- und Vine Street, von denen die drei erstern parallel, die letztern rechtwinkelig zum Ohio verlaufen. Der Fountain Square ist durch den von Kreling hergestellten und in Nürnberg gegossenen monumentalen Tylor-Davidson-Brunnen geziert. Hervorragende Bauten sind das Gebäude der Bundesregierung mit dem Postamte, das Gerichtshaus, Stadthaus, Handelskammergebäude, die großartige öffentliche Bibliothek, die Musikhalle u. a. Als das deutsche Viertel von C. (Little Germany) gilt die Gegend östlich vom Miamikanal, jedoch ist das deutsche Element (etwa ein Drittel der Bevölkerung) auch in den andern Stadtteilen in allen Bevölkerungsschichten sehr stark vertreten. Die Vorstädte nehmen das Plateau über den Stromuferterrassen (Mount Auburn, Mount Harrison u. a.) ein, und um dieselben mit der eigentlichen Stadt in gute Verkehrsverbindung zu bringen, bedurfte es für die elektrischen Bahnen großer Hebevorrichtungen. Dort finden sich auch die schönen Parke: der Eden Park im O. (86 Hektar), der die Kunsthalle sowie die Reservoire der städtischen Wasserleitung umschließt, Burnett Woods Park (69 Hektar), der Hopkins Park, der Lincoln Park etc. Über den Ohio führen drei Eisenbahn- und zwei Fahr- und Fußgängerbrücken sowie mehrere Fähren nach Newport und Covington, die eigentlich auch Vorstädte von C. sind. Bahnhöfe gibt es fünf. Unter den Kirchen (gegen 200) sind die im griechischen Stil erbaute katholische St. Peterskathedrale, die methodistische St. Paulskirche und die Synagoge bemerkenswert, unter den Kirchhöfen der Spring Grove Cemetery und der deutsch-protestantische Kirchhof C. ist katholischer Erzbischofsitz. Die sehr bedeutende Industrie erzeugte 1900 mit 5127 Betrieben und 63,240 Arbeitern für 157,806,834 Doll. Waren. Am hervorragendsten sind 39 Schuhfabriken (6919 Arbeiter, Wert der Produkte 8,788,424 Doll.), 63 Wagenbauanstalten (2147 Arbeiter, 6,096,108 Doll.), 351 Kleiderfabriken (3784 Arbeiter,11,950,648 Doll.), 154 Gießereien und Maschinenbauanstalten (6680 Arbeiter, 11,705,778 Doll.), 26 Brauereien und Brennereien (1445 Arbeiter, 15,807,070 Doll.), ferner Fabriken für Möbel, Seife und Lichte, Leder, Geschirr. In der Schweineschlächterei ist C. heute von Chicago, Kansas City, Omaha u. a. weit übertroffen, so daß ihr Beiname »Porcopolis« nicht mehr zutrifft, immerhin wurden 1901 noch 617,032 Schweine verarbeitet und verpackt. Der sonstige Handel der Stadt erstreckt sich vor allem auf Getreide, Holz, Wolle, Tabak, Steinkohlen und Baumwolle. Auf dem Ohio besteht ein reger Schiffsverkehr. Da der Unterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Wasserstand aber 19 m beträgt, so müssen Schiffe an schwimmenden Landungsbrücken (floating wharves) anlegen. Für die großen Mississippidampfer (von New Orleans, St. Louis etc.) ist C. Endstation, kleinere Dampfer können selbst bei niedrigem Wasserstand bis Pittsburg (690 km aufwärts) gehen. Die 27 Banken hatten 1902 einen Gesamtumsatz von 1,117,590,500 Doll. An Wohltätigkeitsanstalten besitzt die Stadt ein großartiges Krankenhaus, eine Irrenanstalt (im Dorf Carthage, im Norden der Stadt), ein Zuchthaus, Armenhaus und Waisenhaus, abgesehen von den zahlreichen Privatwohltätigkeitsgesellschaften und Unterstützungsvereinen, besonders unter den Deutschen. Unter den öffentlichen Bildungsanstalten behauptet die Universität von C. mit 172 Lehrern und 1235 Studenten den vornehmsten Rang; daneben das Medical College von Ohio, das Miami Medical College, eine Schule für Zahnärzte, die Kunstakademie (400 Schüler), das presbyterianische theologische Lane College und das jesuitische St. Xavier's College mit geologischem Museum. Neben der städtischen Bibliothek von über 200,000 Bänden bestehen noch zahlreiche Büchersammlungen als Besitz wissenschaftlicher und andrer Vereine, besonders der Historical and Philosophical Society, der Naturhistorischen Gesellschaft, der Academy of Medicine, der Astronomischen Gesellschaft (mit Sternwarte auf Mount Lookout, seit 1843), des Mechanics Institute und des Jünglingsvereins. Unter den Klubs sind hervorragend diejenigen der Freimaurer, Odd Fellows, deutschen Turner, Sänger und Arbeiter. Unter den acht Theatern ist das Grand Opera House das bedeutendste; auch fehlt es nicht an Konzerthallen und deutschen »Biergärten«. Die städtische Verwaltung steht unter einem auf zwei Jahre gewählten Mayor und 34 Ratsherren. Das steuerpflichtige Einkommen betrug 1902: 215 Mill., die städtische Schuld 27,081,254 Doll. C. ist Sitz von fünf Konsuln, darunter von einem deutschen Generalkonsul. – C. wurde 1788 auf einer den Indianern abgekauften Landparzelle durch Auswanderer aus New York und Neuengland an der Stelle des frühern Foris Washington gegründet und erst Losanteville, später von dem Governor St. Clair aber nach dem am Ende des Freiheitskriegs gestifteten Orden der C. (s. unten) benannt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.