- Cartagēna
Cartagēna, 1) Bezirkshauptstadt in der span. Provinz Murcia, Kriegshafen und Festung ersten Ranges, liegt an der Nordseite einer 6 qkm großen, von felsigen Höhen eingeschlossenen Bai, die südlich durch einen 700 m breiten Kanal mit dem Meere zusammenhängt und einen der besten Häfen des Mittelmeeres bildet, am Fuß einer kahlen, mit Ruinen eines alten Kastells gekrönten Anhöhe, an der Eisenbahn C.- Chinchilla. Ein Festungswall mit Bastionen, einige Forts und mehrere Batterien umgeben die Stadt. Vor dem durch zwei Dämme gesperrten und von zwei hochgelegenen Forts (Galeras und San Julian) beherrschten Eingang des Hafens liegt die Insel Escombreras. Im SW. von C. befindet sich das Arsenal mit ausgedehnten Docks, Magazinen, Seilerwerkstätten, Torpedofabrik etc. und im S. ein neuerdings für Handelszwecke hergestellter Kai. C. hat eine verfallene Kathedrale (13. Jahrh.), ein Stadthaus mit maurischem Portikus und einigen Altertümern, ein Militärhospital, ein Theater, eine Stiergefechtsarena, Seebäder und zählt (1900) 99,871 Einw. In C. gibt es Segeltuch-, Tau-, Papier-, Glas- und Tonwarenfabriken, Espartoflechtereien, Mühlen und Schmelzhütten. C. unterhält regelmäßige Dampferverbindung mit den größern spanischen Häfen, mit Marseille und Oran. Den Außenhandel besorgten 1900: 404 ein- u. 652 auslaufende Schiffe mit 316,627, bez. 621,772 Ton. Der Wert der Einfuhr (Kohle, Holz, Maschinen, Stockfisch, Mehl, Gewebe etc.) betrug 155, der der Ausfuhr (silberhaltiges und reines Blei, Silber, Zink-, Eisen- und Manganerz, Esparto und Südfrüchte) 33,5 Mill. Pesetas. Hierzu kommt noch der Küstenhandel mit 39,5 Mill. Pesetas Einfuhr und 9,8 Mill. Ausfuhr. C. hat eine Schiffahrtsschule und ist Sitz eines Bischofs, eines Militärgouverneurs, eines Marinekommandanten und einiger auswärtiger Konsulate (darunter eines deutschen). Ostlich von der Stadt liegt der mit ihr durch Dampfstraßenbahn verbundene Bleibergwerksdistrikt von La Union (s.d.) und der große Strandsee Mar Menor. – C. wurde von dem karthagischen Feldherrn Hasdrubal 228 v. Chr. als Carthago nova angelegt. Die Stadt wurde der Hauptwaffenplatz der Karthager und erhob sich unter ihrer Herrschaft zum Mittelpunkte des Handels zwischen Afrika und Spanien. 210 wurde C. durch Scipio der römischen Herrschaft unterworfen und war Hauptstadt dee römischen Provinz Hispania citerior bis zur Zeit des Augustus, der die Stadt unter dem Namen Colonia Victrix Julia zur Kolonie erhob. Den Stürmen der Völkerwanderung erlag endlich die blühende Stadt und vermochte sich seitdem nur langsam wieder zu erholen. Im Februar 1814 erhob sich C. in den Wirren des Bürgerkrieges und bei dem Drohen einer neuen Reaktion zugleich mit Alicante gegen die Regierung.
1873 bemächtigten sich die föderalistischen Intransigenten Cartagenas und unternahmen von hier aus eine gewaltsame Propaganda unter dem General Contreras. Die Belagerung durch die spanischen Regierungstruppen begann im August, und als Dominguez 11. Jan. 1874 das Fort Atalaya genommen hatte, flüchtete sich die revolutionäre Junta auf der Fregatte Numancia nach Algier; die Stadt ergab sich 12. Jan. 1874.
2) (Früher C. delas Indias) Hauptstadt des Staates Bolivar der südamerikan. Republik Kolumbien, auf einer sandigen Landzunge an der Nordostküste des Golfs von Darien und durch eine Brücke mit der auf einer Insel liegenden, von Indianern bewohnten Vorstadt Xexemani verbunden. C. ist eingeengt durch die alten, ausgedehnten Festungswerke, hat enge Straßen mit hohen Häusern, ist aber gut gebaut und besitzt mehrere Kirchen und Klöster, ein Regierungsgebäude, ein Colegio (mit drei Fakultäten und Schiffahrtsschule), Priesterseminar, Theater und Krankenhaus. Es ist Sitz eines deutschen Vizekonsuls und hatte 1886 wieder 20,000 Einw. Der durch zwei Forts geschützte Hafen, der lange der bedeutendste Hafenplatz Kolumbiens war, ist geräumig und sicher, verödete aber seit Anlage des Freihafens von Sabanilla (s.d.) immer mehr; 1890 betrug die Ausfuhr (Rinder und Rindshäute, Schmuckhölzer, Steinnüsse, Edelmetalle, Tabak), zumeist nach Nordamerika und Deutschland, 2,528,514 Pesos. Mit Honda am obern Magdalenenstrom besteht Dampfschiffahrt sowie Bahnverbindung nach Cálamar. – 1533 gründete Pedro de Heredia C. Franz Drake eroberte und verbrannte es 1585; ein Angriff der Engländer unter Vernon (1741) wurde dagegen zurückgeschlagen. Im Befreiungskrieg erlag C. dem spanischen General Morillo 1815 nach tapferer Gegenwehr durch Hunger, wurde aber fünf Jahre später von der spanischen Herrschaft wieder befreit.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.