Becher [4]

Becher [4]

Becher, 1) Johann Joachim, Chemiker, geb. 1635 in Speyer, gest. im Oktober 1682 in London, studierte autodidaktisch Medizin, Chemie und Physik, auch Staatswirtschaftslehre, wurde 1666 Professor in Mainz, dann Leibarzt des dortigen Kurfürsten. Später errichtete er in München auf Kosten der Regierung ein großes Laboratorium. 1660 ward er Hofrat und Mitglied des Kommerzkollegiums in Wien, wo er Pläne zu großartigen Manufakturen entwarf und die Errichtung einer österreichisch-indischen Handelsgesellschaft betrieb. Seit 1662 lebte er in München, Würzburg, Haarlem und London, wo er mit großen Bergwerksunternehmungen sich beschäftigte. B. formulierte die Sätze, die Stahl (1660–1734) zur Ausbildung der Phlogistontheorie benutzte. Er suchte die Chemie der Physik zu nähern und war nahe daran, die Natur des Verbrennungsprozesses zu entdecken. Er bemühte sich auch um Einführung des Kartoffelbaues in Deutschland und um die Darstellung von Koks und Teer aus Steinkohlen. Seine volkswirtschaftlichen Schriften (»Politischer Diskurs von den Ursachen des Auf- und Abnehmens der Städte und Länder«, 1667 u. 1754, u. a.) sind noch heute beachtenswert. Über Bechers kolonialpolitische Pläne (Versuch einer Erwerbung von Neu-Amsterdam und eines Gebietes in Guayana) vgl. Simonsfeld, Bayrische Kolonialpläne im 17. Jahrhundert (Beilage zur »Allgemeinen Zeitung«, 1885, Nr. 172,174,176). Er schrieb: »Actorum laboratorii chymici Monacensis seu Physicae subterraneae libri II« (Frankf. 1669; spätere Ausg., das. 1681, Leipz 1739 u. 1742); »Oedipus chymicus, oder Chymischer Rätseldeuter« (Frankf. 1664); »Supplementum in physicam subterraneam« (Frankf. 1675); »Chymischer Glückshafen oder Große Chymische Konkordanz« (das. 1682); »Institutiones chymicae seu Manuductio ad philosophiam hermeticam« (Mainz 1662); »Epistolae chymicae« (Amsterd. 1673). Seine Biographie lieferte Bucher (Nürnb. 1722). Vgl. Erdberg-Krczenciewski, Joh. Joach. B., ein Beitrag zur Geschichte der Nationalökonomik (Jena 1896).

2) Alfred Julius, Hauptführer der Wiener Oktoberrevolution von 1848, geb. 1803 in Manchester als Sohn eines Hanauers, Begründers der Rheinisch-Westindischen Handelskompagnie, studierte in Deutschland die Rechte und kam wegen demokratischer Umtriebe in Untersuchung. Später ließ er sich als Advokat in Elberfeld nieder, redigierte dann in Köln eine von seinem Vater begründete »Handelszeitung«, wandte sich aus Liebe zur Kunst nach Düsseldorf, wo er mit Mendelssohn, Immermann, Üchtritz u. Grabbe Umgang pflog, wurde 1838 Professor der musikalischen Theorie im Haag und 1840 in London Professor an einer musikalischen Akademie. Wegen eines Prozesses gegen einen dort lebenden englischen Peer ging er nach Wien. Im Herbst 1841 erregte B. durch seine scharfen Kritiken Aufmerksamkeit. Die Märztage von 1848 rissen ihn in den Strudel der Politik; er ward Hauptredakteur des revolutionären Blattes »Der Radikale«, wegen dessen aufreizender Oktoberartikel er nach Besiegung des Aufstandes verhaftet, standrechtlich zum Tode verurteilt und nebst Jellinek 23. Nov. 1848 vor dem Neutor in Wien erschossen wurde. Neben Sonaten und andern Kompositionen gab er auch ein Schriftchen über »Jenny Lind« (Wien 1847) heraus.

3) Siegfried, Statistiker und Nationalökonom, geb. 28. Febr. 1806 zu Plan in Böhmen, gest. 4. März 1873 in Wien, trat 1831 zu Wien in Staatsdienste, ward 1835 Professor am polytechnischen Institut und bekleidete 1848–52 eine Stellung im Handelsministerium. Er begründete seinen literarischen Ruf durch das Werk »Das österreichische Münzwesen von 1524–1838« (Wien 1838, 2 Bde.); ihm folgten: »Statistische Übersicht des Handels der österreichischen Monarchie mit dem Ausland während der Jahre 1829–1838« (Stuttg. 1841); »Statistische Übersicht der Bevölkerung der österreichischen Monarchie nach den Ergebnissen der Jahre 1834–1840« (das. 1841); »Beiträge zur österreichischen Handels- und Zollstatistik auf Grundlage der offiziellen Ausweise von 1831–1842« (das. 1844); »Ergebnisse des Handels- und Zolleinkommens der österreichischen Monarchie von den Jahren 1819–1843« (Wien 1846); »Die deutschen Zoll- und Handelsverhältnisse zur Anbahnung der österreichisch-deutschen Zoll- und Handelseinigung« (Leipz. 1850); »Die Organisation des Gewerbewesens« (Wien 1851); »Die Volkswirtschaft« (das. 1853).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Becher — is a surname, and may refer to: * Bernd and Hilla Becher * J. J. Becher * Johannes R. Becher * Kurt Becher * Rabbi Mordechai Becher, lecturer at Gateways speaker and author on Jewish theology. * Ulrich Becher See also * * Becher s Brook,… …   Wikipedia

  • Becher [2] — Becher, Trinkgeschirr von Metall, Holz, Elfenbein, Horn, Stein, Glas etc., meist oben weiter als unten und im Gegensatze zum Kelch und Pokal ohne oder mit kurzem Fuß. Fig. 1 u. 2. Skyphos. Fig. 3. Kantharos. In ägyptischen, medisch persische …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Becher — Saltar a navegación, búsqueda Becher es un apellido alemán que puede estar haciendo referencia a: Joham Joaquim Becher, alemán, precursor de la química Bernd y Hilla Becher, alemanes, fotógrafos Obtenido de Becher Categorías:… …   Wikipedia Español

  • becher — BECHÉR, becheri, s.m. (fam.) Burlac, holtei1. – Din tc. bekâr. Trimis de paula, 02.06.2002. Sursa: DEX 98  BECHÉR s., adj. v. burlac, cavaler, celibatar, flăcău, holtei, necăsătorit. Trimis de siveco, 13.09.2007. Sursa: Sinonime  bechér s. m …   Dicționar Român

  • BECHER (J. R.) — BECHER JOHANNES ROBERT (1891 1958) «Ce jeune fils de bourgeois criant sa révolte dans un expressionnisme débridé», comme le décrit A. Abusch, ce militant acharné de la paix, engagé dans l’action communiste, après la Première Guerre mondiale,… …   Encyclopédie Universelle

  • bêcher — BÊCHER. verb. act. Couper et remuer la terre avec une bêche. Bêcher la terre. f♛/b] Proverbialement, en parlant d Une chose qu on regarde comme très difficile, on dit, J aimerois mieux bêcher la terre, que de faire ce que vous dites. [b]Bèché, ée …   Dictionnaire de l'Académie Française 1798

  • Becher — Sm std. (11. Jh.), mhd. becher, ahd. behhari, as. bikeri Entlehnung. Entlehnt aus ml. bicarium n., älter bacarium n. Weingefäß, Wassergefäß, Becher unklarer Herkunft. Aus dem Niederdeutschen sind entlehnt lett. bik̨eris und anord. bikarr (aus… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Becher — Becher: Das Wort (mhd. becher, ahd. behhari) ist wie auch andere Gefäßbezeichnungen, z. B. Bütte, Kanne, Kelch, ein Lehnwort. Es stammt aus mlat. bicarium »Becher, Kelch, Hohlmaß«, das auf griech. bīkos »Gefäß mit Henkeln« zurückgeht. Das griech …   Das Herkunftswörterbuch

  • Becher — Porté en Alsace et dans la Moselle, ce nom allemand peut avoir deux significations : soit celui qui fait des coupes, des gobelets (allemand Becher = coupe), variante Becherer, soit celui qui produit ou vend de la poix (moyen haut allemand bech =… …   Noms de famille

  • Becher [1] — Becher, 1) Trinkgeschirr von Metall, Holz, Horn, meist oben weiter als unten u. ohne od. mit sehr kurzen Füßen. Kleine, unten abgerundete, heißen Tummler; große B., mit Henkel u. Deckel versehen, Humpen; od. wenn sie von edlerem Stoffe (Krystall …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Becher [2] — Becher, Sternbild am südlichen Himmel, westlich von der Jungfrau, nordwestlich vom Raben; enthält nach Bode 121 Sterne, worunter 8 von 4. Größe. Es soll nach dem Mythus der B. sein, mit welchem Apollo einen Raben sandte, ihm Wasser zu schöpfen;… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”