Schnee

Schnee

Schnee (hierzu Tafel »Schneekristalle« mit Text), fester atmosphärischer Niederschlag in hexagonaler Kristallform. Über die Entstehung der Kristalle und ihre Einteilung s. die Tafel. Die Farbe des frischen Schnees ist glänzend weiß oder schwach bläulich. Daher reflektiert er viel Licht, erhellt die dunklen Nächte und wirkt am Tage auf die Augen blendend und reizend, wodurch namentlich in den nördlichen Gegenden und auf Gletschern Schneeblindheit erzeugt werden kann. Der S. erscheint grau durch Staub (s. Staubregen), Ruß oder vulkanische Asche (besonders auf Island), bisweilen rot auf Hochgebirgen sowie oft im hohen Norden an der Oberfläche und in der obersten Schicht (s. Blutschnee). Die Färbungen ersterer Art bleiben auch bei Verfirnung des Schnees bestehen und können zu Altersschätzungen der Schichten dienen.

Bei Frost bildet der S. eine Schneedecke, die im Flachland selten eine Höhe von 30 cm erreicht. Linien, die bei kartographischer Darstellung alle Orte mit gleicher Schneehöhe verbinden, nennt man Isochionen. Je lockerer die Schneedecke ist, um so besser schützt sie vermöge der eingeschlossenen, die Wärme schlecht leitenden Luft die in der Erde ruhenden Saaten vor Erfrieren; man hat eine Temperaturdifferenz von 15° beobachtet. Man mißt die Schneedecke, indem man zunächst ihre Höhe (Schneehöhe oder Schneetiefe) in Zentimetern bestimmt, dann mit einem Blechzylinder (Schneestecher) eine senkrechte Säule bis zum Untergrund aussticht und schmelzt. Das Verhältnis der Höhe des Schmelzwassers zu der der Schneedecke nennt man den Wassergehalt oder Wasserwert (auch spezifische Schneetiefe). Im Durchschnitt ist dieses Verhältnis bei frischem Schnee 1: 10, d.h. 1 mm Schmelzwasser kommt auf 10 mm Schneedecke. Bei wasserreichem S., z. B. bei Tauwetter, ist der Wasserwert wesentlich größer, ebenso wenn Regen auf eine Schneedecke fällt (bis 8,5: 10); die Schneedecke wird fester durch Druck der obern Schichten auf die untern, durch Winddruck sowie durch Schmelzen und Wiedergefrieren. Man erhält dann einen dem Eise sich nähernden Zustand der Schneedecke (Firn, Firnschnee) in den Alpen. Bei Tragschnee (im Riesengebirge Boarschnee) ist nur die oberste Schicht vereist.

Bei trockenem, klarem Frostwetter verliert die Schneedecke durch Verdunstung an der Oberfläche, die durchgehenden Sonnenstrahlen erwärmen den Erdboden und können ein Schmelzen von unten her veranlassen; auch absorbieren dunkle aufliegende Körper (z. B. Erde) viel Wärme und schmelzen ihre Unterlage, wodurch sie allmählich einsinken. Durch Bestreuen mit Salz bildet sich eine schwer gefrierende Lösung, die abfließt und die Schneehöhe vermindert. Der S. reflektiert viel Wärmestrahlen und schmilzt daher durch Sonnenschein nur langsam. Die allgemeine Schneeschmelze tritt manchmal bei warmem Regen, meist aber bei Tauwind ein; in ersterm Fall führt sie häufig den Flüssen eine größere Wassermenge zu und verursacht dadurch eher eine Überschwemmung als im letztern Fall, wo das Abschmelzen langsamer erfolgt und das Wasser mehr Zeit hat, in den Boden einzusickern oder zu verdunsten. Auf vulkanischem Gebiet und bei heißen Quellen bleibt der S. selten liegen. In schneereichen Gebirgen werden Häuser und Bäume durch den Wind oft viele Meter hoch mit Schneedünen umgeben. Über die Schneewalzen s. die Tafel. Auf steilen Felshängen bleibt S. nicht liegen; auf weniger steilen kommt er bisweilen ins Gleiten und bildet Lawinen. Wälder am Hange können große Schneemassen aufnehmen und zurückhalten, doch brechen oft die Bäume unter der Schneelast auf den Zweigen (Schneebruch).

Welche Schneemassen herniedergehen können, zeigt der Schneefall in Deutschland vom 19.–21. Dez. 1886, der ganz ungewöhnliche Verkehrsstörungen, in manchen eingeschlossenen Orten fast Hungersnot hervorrief und etwa 100 Menschen das Leben kostete.

Schneefall erfolgt in allen Zonen der Erde, in den Tropen aber nur auf den höchsten Gebirgen, an der polaren Grenze der Subtropen auch schon im Tieflande. Je weiter nach N., um so größer ist der Anteil des Schnees am Gesamtniederschlag; er beträgt z. B. in Norddeutschland auf den Gebirgen 25–35 Proz., in ebenem Binnenlande 10–15 Proz. und an der Nordseeküste 5–10 Proz. Die jährlich fallende Schneemenge nimmt zwar im allgemeinen nach N. hin zu, wird aber in den Polargebieten, entsprechend dem abnehmenden Wasserdampfgehalt der Luft, wieder geringer. Der S. bleibt von bestimmter Höhe ab aufwärts das ganze Jahr über liegen, ohne zu schmelzen; dieses Gebiet »ewigen« Schnees, die Schneeregion, schließt unten ab mit der Schneegrenze (Schneelinie). Man unterscheidet die klimatische Schneegrenze, oberhalb der die Wärme der Luft und der Sonnenstrahlung nicht mehr ausreicht, um den auf horizontaler Fläche lagernden S. zu schmelzen, die orographische Schneegrenze, oberhalb welcher Schneeflecken und Schneefelderin geschützter Lage (z. B. an Nordhängen) noch vorkommen, und die temporäre Schneegrenze, welche die Grenze der Schneebedeckung im Laufe des Jahres angibt; sie steigt mit dem Einsetzen des Tauwetters bis zum Aufhören des Abtauens im August, wo sie mit der orographischen Schneegrenze zusammenfällt, und geht dann wieder herab.


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Diese Werte sind von den klimatischen Verhältnissen und damit von Klimaschwankungen abhängig. Eine über größere Gebiete längere Zeit lagernde Schneedecke bleibt nicht ohne Einfluß auf die klimatischen Verhältnisse; über die durchschnittliche Dauer der Bedeckung des Bodens mit S. liegen wenig zuverlässige Berechnungen vor, man gibt daher oft nur das Datum an, an dem im Mittel der erste und letzte S. zu erwarten ist.

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Die Zeit zwischen dem ersten und letzten S. nimmt landeinwärts und mit der Höhe zu, ebenso die Dauer der Schneedecke. Der Brocken z. B. ist schneebedeckt in

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Die Luftschichten über der Schneedecke erkalten stark durch Ausstrahlung, da die Wärmezufuhr von unten her durch die Schneedecke gehemmt ist; es tritt daher Temperaturumkehr ein. Die Bildung oder Fortpflanzung von Depressionen wird erschwert und ein bestehendes Gebiet hohen Luftdrucks begünstigt; so wirkt eine Schneedecke erhaltend und verstärkend auf die Antizyklonen (z. B. über Rußland und Nordasien) und auf das Frostwetter. Durch Verdunstung der Schneedecke wird die Feuchtigkeit der überlagernden Luft erhöht. Die Rauheit der Schneeoberfläche vermehrt die Reibung des Windes und wirkt verlangsamend. Vgl. Hellmann, Schneekristalle (Berl. 1893); G. Nordenskiöld, Undersökning af Snökristaller (Stockh. 1893); Bentley, Studies among the snow crystals in »Monthly Weather Review« (Washingt. 1902); Ratzel, Die Schneedecke, besonders in deutschen Gebirgen (Stuttg. 1889); Woeikof, Die Klimate der Erde, Bd. 1 (Jena 1887) und Der Einfluß einer Schneedecke auf Boden, Klima und Wetter (Wien 1889); H. Fischer, Die Äquatorialgrenze des Schneefalls (Leipz. 1888); Machaček, Gletscherkunde (Sammlung Göschen, das. 1902); Heß, Die Gletscher (Braunschw. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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