Baschkiren

Baschkiren

Baschkiren (richtiger Baschkurten, »Bienenführer«, von den Kirgisen Istäk genannt), ein zur uralisch-altaischen Gruppe der Mongolen gehöriges Volk im europäischen Rußland, das zwar die tatarische Sprache redet, aber seiner Körpermerkmale wegen zur finnischen Gruppe gerechnet, also für ein türkisch-finnisches Mischvolk gehalten werden muß. Gesichtsbildung und Farbe, Sitten und Lebensweise sind ganz tatarisch. Sie wohnen, 757,300 Seelen stark, meist im Gouv. Ufa, dann in Orenburg, weniger in Perm, Samara und Wjatka, sind Mohammedaner (Sunniten) und treiben Viehzucht und Ackerbau. Eine Lieblingsbeschäftigung ist daneben die Jagd, zu der sie sich nicht nur einer Art Windspiele, sondern auch äußerst geschickt abgerichteter Falken bedienen. Ihr Hauptreichtum besteht in ihren Pferden, auch ziehen sie Rindvieh, Kamele und Schafe, gewöhnlich Fettschwänze, und treiben in großem Umfang Bienenzucht. Den Winter verleben die B. großenteils in ihren Dörfern, aber mit Anbruch des Frühlings siedeln sie auf ihre Felder über, wo sie teils in Filzzelten (Kibitken), in Hütten aus Stangen und Baumrinde (Alassiks), teils in einem aus Balken gezimmerten Sommerhaus (Ui) leben. Die Frauen warten und melken die Kühe und Stuten, bereiten aus gegorner Stutenmilch den sogen. Kumys, das Lieblingsgetränk der B., ebenso die Hauptnahrung, den Krut, einen trocknen, steinharten, sauren Käse, und verrichten außerdem fast jede handwerksmäßige Arbeit, die im Haushalt vorkommt. Die Kleidung besteht bei den Männern in einem weiten weißen Kaftan von Nanking oder Tuch, mit Gürtel, aus Beinkleidern und einer spitzen Filz- oder Pelzmütze mit aufwärts abstehendem Rande. Die Weiber tragen einen langen Kaftan aus Seide oder Nanking und ein dicht mit roten Glasperlen, Korallen etc. belegtes Mützchen (s. Tafel »Asiatische Kultur II«, Fig. 4, Tafel III, Fig. 17). Die Mädchen gehen mit bloßem Haar. Die Toten begraben sie an vereinzelten Plätzen, welche die Sterbenden selbst erwählen. Zu ihren Kunstfertigkeiten gehört das Flötenspiel, wobei die Spielenden die Melodie mit einem in der Kehle gebildeten Grundton begleiten. – Die B., ein turanischer Stamm, wohnten schon im frühen Mittelalter am Ural; die Reisenden Plano Carpini und Rubruquis, die im 13. Jahrh. von ihnen als von einem am obern Ural wohnenden Volke sprechen, bemerken, daß die B. dieselbe Sprache reden wie die Ungarn, nennen das Land daher Major Hungaria. Lange ein selbständiges Volk, wurden die B. Mitte des 13. Jahrh. von den Tataren unterworfen und gehörten nun zu drei Chanaten: zum sibirischen die jenseit des Urals (Sauralskije), zum kasanischen die am Fluß Bjelaja (Bjelskije), zum nogaischen die Bergbewohner (Gorskije). Als Iwan IV. das Chanat von Kasan 1552 zerstörte, unterwarfen die B. sich den Russen und erhielten als Hauptstadt 1573 Ufa. Doch empörten sich die B. wiederholt, bis sie 1741 endgültig unterworfen und 1798 zum Kriegsdienst herangezogen wurden. Sie bildeten nun, mit Bogen und Lanze bewaffnet, bis 1874 das Baschkirenheer, eine unregelmäßige Reiterei, und hatten, mit den Donischen Kosaken gemischt, den Uralfluß entlang die Grenze gegen Asien zu bewachen. 1874 wurde zuerst eine Schwadron, 1876 ein Regiment von B. errichtet, das mit gezogenen Gewehren bewaffnet ist. Vgl. Ujfalvy, Über B. etc. (»Russische Revue«, 1877, Heft 11).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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