Roon

Roon

Roon, 1) Albrecht Theodor Emil, Graf von, preuß. Feldmarschall, geb. 30. April 1803 in Pleushagen bei Kolberg, gest. 23. Febr. 1879 in Berlin, einer im 16. Jahrh. aus den Niederlanden eingewanderten Familie entstammend, trat 1821 als Offizier in das 14. Infanterieregiment, besuchte 1824–1827 die allgemeine Kriegsschule in Berlin, ward 1827 Erzieher und 1829 Lehrer am Kadettenkorps in Berlin und ließ auf Veranlassung seines Lehrers Karl Ritter die weitverbreiteten »Anfangsgründe der Erdkunde« (Berl. 1834, 12. Aufl. 1868) und die »Grundzüge der Erd-, Völker- und Staatenkunde« (das. 1837–40; 3. Aufl. 1847–55, 3 Bde.) erscheinen. 1833–35 zu den topographischen Vermessungen des Generalstabs hinzugezogen, ward R. 1835 Lehrer an der Kriegsschule, 1836 Hauptmann im Generalstab und zugleich Mitglied der Ober-Militärexaminationskommission. Damals schrieb er eine »Militärische Länderbeschreibung von Europa« (Berl. 1837) sowie die erste Abteilung einer militärischen Monographie: »Die Iberische Halbinsel« (das. 1839). 1842 Major geworden, kam er zum Generalstab des 7. Armeekorps, 1843 wieder nach Berlin und leitete den militärischen Unterricht des Prinzen Friedrich Karl, den er auf die Universität Bonn sowie nach Italien und Frankreich begleitete. 1848 in den Generalstab des 8. Armeekorps berufen, ward er bald dessen Chef, wohnte dem badischen Feldzug von 1849 bei, wurde 1850 Kommandeur des 33. Regiments, 1851 Oberst und erhielt 1856 das Kommando der 20. Infanteriebrigade in Posen und 1858 das der 14. Division in Düsseldorf. Eine dem Prinz-Regenten 1858 eingereichte Denkschrift über die Schäden der Wehrverfassung und deren notwendige Verbesserungen veranlaßte 1859 Roons Berufung in die Kommission zur Beratung der Heeresreorganisation. Nach Bonins Rücktritt wurde er 5. Dez. 1859 Kriegsminister und erhielt 16. April 1861 auch das Portefeuille der Marine. Er verteidigte die Heeresreform im Abgeordnetenhaus mit Geschick und Entschiedenheit, führte die Reform trotz finanzieller Schwierigkeiten durch und zwar so mustergültig, daß 1866 die Mobilmachung ohne Störung vor sich ging, die Armee vollzählig und vortrefflich ausgerüstet und am Ende des Krieges erheblich stärker war als zu Anfang. Am 8. Juni zum General der Infanterie ernannt und mit dem Schwarzen Adlerorden ausgezeichnet, erhielt R. auch eine Dotation. Ebenso glänzend bewährte sich seine Tätigkeit beim Feldzuge von 1870, währenddessen er sein 50jähriges Dienstjubiläum (9. Jan. 1871) in Versailles feierte. Am 16. Juni in den erblichen Grafenstand versetzt, erhielt R. eine neue Dotation. Das Marineministerium legte er 31. Dez. 1871 nieder, ward, als Bismarck vorübergehend das Präsidium des preußischen Staatsministeriums niederlegte, 1. Jan. 1873 unter gleichzeitiger Ernennung zum Generalfeldmarschall Präsident und erhielt General v. Kameke (s. d.) als Stellvertreter im Kriegsministerium. Am 9. Nov. 1873 nahm R. als Ministerpräsident und Kriegsminister die Entlassung und lebte teils auf Neuhof bei Koburg, teils auf Krobnitz bei Görlitz. Ihm zu Ehren erhielt 1889 das ostpreußische Füsilierregiment Nr. 33 den Namen Füsilierregiment Graf R.; seinen Namen trägt seit 1864 ein Fort bei Posen, seit 1873 das Fort Nr. 3 (Mandolsheim) bei Straßburg und seit 1903 der große Kreuzer »Ersatz Kaiser«. 1904 wurde R. in Berlin ein Denkmal (von Harro Magnussen) errichtet, früher schon eins in Görlitz. Aus Roons Nachlaß gab sein Sohn Waldemar, Graf R. heraus: »Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Generalfeldmarschalls Grafen v. R. Sammlung von Briefen, Schriftstücken und Erinnerungen« (Bresl. 1892, 2 Bde.; 5. Aufl. 1905) und »Kriegsminister von R. als Redner« (das. 1895–1896, 3 Bde.); auch erschien Roons Briefwechsel mit dem Bonner Professor Klemens Theodor Perthes aus den Jahren 1864–67 (hrsg. von Otto Perthes, das. 1895). Vgl. v. Goßler, Graf Albrecht v. R. (Berl. 1879); »Generalfeldmarschall A. Graf v. R., ein kurzes Lebensbild« (2. Aufl., Gütersl. 1902); v. Blume, Kaiser Wilhelm d. Gr. und R. (Bd. 11 u. 12 der »Erzieher des preußischen Heeres«, Berl. 1906) sowie die kleine Biographie von Roons Schwager, Hofprediger Rogge (Hannov. 1903).

2) Waldemar, Graf von, preuß. General, geb. 4. Juli 1837 in Berlin, Sohn des vorigen, ward im Kadettenkorps erzogen, trat 1855 als Leutnant in das 1. Garderegiment, besuchte 1859–62 die Kriegsakademie, ward 1864 Hauptmann im Generalstab, machte die Feldzüge von 1864 und 1866 und als Major beim Generalstab des Gardekorps den Krieg von 1870/71 mit, ward 1877 Kommandeur des 2. Grenadierregiments, 1881 des 4. Garderegiments zu Fuß, 1883 Generalmajor und Kommandeur der 4. Gardeinfanteriebrigade. 1888 mit dem Charakter als Generalleutnant verabschiedet, übernahm er die Verwaltung des Familienfideikommisses Krobnitz und gehörte 1893–1903 dem deutschen Reichstag an. Seit 1904 ist er erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses. Aus dem Nachlaß seines Vaters gab er dessen »Denkwürdigkeiten« und Reden heraus (s. oben).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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