- Barbier [2]
Barbier (spr. -bjē), 1) Antoine Alexandre, franz. Bibliograph, geb. 11. Jan. 1765 in Coulommiers, gest. 5. Dez. 1825, war seit 1791 Pfarrer in La Fertésous-Jouarre, legte aber 1793 sein Amt nieder, wurde 1794 Mitglied der Kommission für Künste und Wissenschaften und beauftragt, die während der ersten Jahre der Revolution zusammengeworfenen Bücher unter die verschiedenen Bibliotheken von Paris zu verteilen. Er bildete die Bibliothek für das Direktorium, welche die des Staatsrats wurde, und zu deren Bibliothekar man ihn 1800 ernannte, begründete als Privatbibliothekar des Kaisers (seit 1807) die Bibliotheken von Fontainebleau, Compiègne, St.-Cloud und des Louvre, wurde unter der Restauration Verwalter der Kronbibliothek, 1822 aber seiner Stelle entsetzt. Sein Hauptwerk ist der »Dictionnaire des ouvrages anonymes et pseudonymes« (s. Anonym). Außerdem sind zu erwähnen: »Nouvelle bibliothèque d'un homme de goût« (Par. 1808–10, 5 Bde.) und das »Examen critique et complément des dictionnaires historiques les plus répandus« (1820).
2) Auguste, franz. Satiriker, geb. 29. April 1805 in Paris, gest. 13. Febr. 1882 in Nizza, studierte Rechtswissenschaft, folgte dann aber ganz seiner Neigung zu literarischen Arbeiten und schrieb zunächst einen Roman: »Les mauvais garçons« (1830, mit Royer), der ein Gemälde der französischen Gesellschaft im Mittelalter entwirft. Die Julirevolution führte ihn sodann auf sein eigenstes Feld, das der poetischen Satire, auf dem er sich mit glänzendem Erfolg betätigte. B. lebte seitdem in unabhängiger Stellung in Paris und ward 1869 zum Mitgliede der französischen Akademie erwählt. Sein Hauptwerk führt den Titel: »Iambes« (1831, zuletzt 1898) und geißelt in einer Reihe beißender Satiren die Sittenverderbnis, die Ehr- und Habsucht, den schamlosen Materialismus der höhern Klassen, der Frankreich um die Früchte der Julirevolution brachte, die sinnlose Vergötterung Napoleons I. (»l'Idole«) etc. Es erschien deutsch von Förster u. d. T.: »Geißelhiebe für die große Nation« (Quedlinb. 1832) und ist z. T. auch trefflich übersetzt in Geibels »Fünf Büchern französischer Lyrik«. Die folgenden Werke: »Il Pianto« (1833), dem Unglück Italiens gewidmet, und »Lazare« (1837), worin das Elend der englischen und irischen Arbeiter geschildert wird, sind matter. »Œuvres posthumes d'A. B.« erschienen 1888.
3) Jules, franz. Theaterdichter, geb. 8. März 1825 in Paris, gest. daselbst 16. Jan. 1901, debütierte, noch ziemlich jung, nicht ohne Glück, mit dem versifizierten Drama »Un poète« (1847), verband sich, nachdem er verschiedene andre Stücke hatte nachfolgen lassen, nach der Sitte der französischen Dramatiker mit andern Dichtern und schuf gemeinschaftlich mit diesen eine Menge von Dramen, Lustspielen, Vaudevilles, von denen wir als die bekanntesten erwähnen: »Jenny l'ouvrière« (1850); »La loterie du mariage« (Lustspiel in Versen, 1868). Später wurde er mit seinem Mitarbeiter M. Carré der gewöhnliche Librettist der Opéra-Comique, auf welcher Bühne er das sogen. griechische Genre mit seinem Stück »Galathée« (1852, Musik von Massé) einführte. Die bekanntesten seiner sonstigen Librettos sind: »Psyché« (1857, Musik von Thomas); »Le pardon de Ploërmel« (1859, von Meyerbeer komponiert); »Philémon et Baucis«, »Faust«, »Roméo et Juliette«, »La reine de Saba« und »La Colombe« (sämtlich von Gounod komponiert); »Mignon«, »Hamlet«, »Françoise de Rimini« (Musik von A. Thomas); »Les noces de Jeannette« (kompon. von Massé). Ein Drama: »Jeanne d'Arc«, mit Musik von Gounod, hatte 1873 im Gaité-Theater einen ehrenvollen Erfolg, der sich 1890 zu einem Triumph steigerte, als Sarah Bernhardt in dem für sie neubearbeiteten Werke im Théâtre de la Porte Saint-Martin die Titelrolle spielte. Weniger sprach 1896 das historische Drama »Lucile Desmoulins« an. Sein »Théâtreen vers« erschien in 2 Bänden 1879. In »La Gerbe« faßte er 1884 seine Gedichte seit 1842 zusammen. B. verzichtete 1898 auf das 1880 verliehene Offizierskreuz der Ehrenlegion, weil Zola wegen der Dreyfusaffäre ausgeschlossen wurde.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.