- Aberdeen [2]
Aberdeen (spr. äbberdīn), George Hamilton Gordon, vierter Graf, engl. Staatsmann, geb. 28. Jan. 1784, gest. 14. Dez. 1860, studierte in Cambridge und bereiste 1804 Griechenland, von wo er als begeisterter Philhellene zurückkam. Er gründete die Athenian Society und veröffentlichte Untersuchungen über die Topographie von Troja sowie über die Grundsätze der Schönheit in der griechischen Baukunst. 1806 ward A. zum schottischen Repräsentativpeer gewählt und hielt sich im Oberhaus zu den Tories. 1813 erhielt er den Auftrag, Österreich für den Bund gegen Napoleon zu gewinnen. Nachdem er den Schlachten von Bautzen und Lützen beigewohnt, bewog er Österreich durch den Vertrag zu Teplitz zum Anschluß an die Koalition und wohnte darauf den Schlachten von Dresden, Leipzig und Hanau bei. Nachdem er in Neapel Murat bestimmt hatte, sich von Napoleon zu trennen, schloß er sich 1814 den in Frankreich einrückenden Österreichern an, ward einer der englischen Vertreter auf dem Kongreß zu Châtillon und unterzeichnete 1. Juni 1814 in Paris den Vertrag, der die Bourbonen wiedereinsetzte; für seine Verdienste wurde er zum Viscount Gordon im englischen Peerage ernannt. Er widmete sich seitdem der Landwirtschaft. Nachdem er 1828 erst als Kanzler des Herzogtums Lancaster, dann (Juni d. J.) als Minister des Äußern in das Ministerium Wellington eingetreten war, half er die Katholikenemanzipation durchsetzen, wie er auch die Julidynastie sofort anerkannte und sich gegen ein Einschreiten wider Dom Miguel in Portugal erklärte. Mit Wellington im November 1830 zurückgetreten, übernahm er 1834 im Ministerium Peel das Portefeuille des Krieges und der Kolonien und wurde, als Peel 1841 abermals an die Spitze der Geschäfte trat, wieder Minister des Auswärtigen. Allmählich zeigte sich A., unter dem Einfluß Peels, liberalern Anschauungen zugänglich, indem er die Aufhebung der Korngesetze und die wirtschaftliche Reform unterstützte. Im Juli 1846 trat er mit dem Ministerium zurück. Seit Peels Tode (1850) anerkannter Führer der Peeliten, bekämpfte A. die auswärtige Politik Palmerstons und übernahm nach dem Rücktritte Derbys im Dezember 1852 die Leitung eines Koalitionsministeriums, dem außer Mitgliedern der Mittelpartei Russell, Palmerston und Gladstone angehörten. Unter dieser Verwaltung »trieb England (wie A. selbst sagte), in den Krimkrieg hinein«, den er selbst gern vermieden hätte. Die laue Kriegführung erregte die öffentliche Meinung gegen A., und 29. Jan. 1855 wurde das Ministerium gestürzt. Doch war A. auch jetzt nicht ohne Einfluß, da ihn die Königin als ihren Lehrmeister betrachtete; noch nach seiner Entlassung erhielt er auf ihren Wunsch den Hosenbandorden. Vgl. Gordon, The Earl of A. (Lond. 1893).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.