- Teplitz
Teplitz, 1) (T.-Schönau) Stadt und berühmter Kurort in Böhmen, 230 m ü. M., in dem reizenden, zwischen dem Erzgebirge und dem böhmischen Mittelgebirge sich ausbreitenden Bielatal, an der Aussig- Teplitzer Eisenbahn (Linien Aussig-T.-Komotau und T.-Reichenberg) und der Staatsbahnlinie Bodenbach-Komotau gelegen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts und Revierbergamtes, hat eine Dechanteikirche (1700 umgebaut), eine gotische, 1877 von Ferstel erbaute Kirche (in Schönau), eine evang. Kirche (1864), eine Synagoge (1882), ein Schloß des Fürsten Clary (1751) mit einer Schloßkirche (1790) und schönem Park, ein ehemaliges Rathaus (1805), ein neues Stadthaus, ein Obergymnasium, eine Realschule, Fachschule für Tonindustrie, Handelslehranstalt, ein Elektrotechnikum, ein privates Mädchengymnasium, ein Museum, ein schönes Stadttheater (1874), Filialen der Österreichisch-Ungarischen Bank und andrer Banken, eine Sparkasse, ein österreichisches, ein sächsisches und ein preußisches Militärbadeinstitut, 3 Spitäler, elektrische Straßenbahn und (1900) mit dem 1895 mit T. vereinigten Badeort Schönau 24,420 deutsche Einwohner. Begünstigt durch die in der Umgegend befindlichen reichen Braunkohlenlager (1905 wurden im Revierbergamtsbezirk T. 27,2 Mill. metr. Ztr. Kohlen gefördert; vgl. Schneider, Der Braunkohlenbergbau in den Revierbergamtsbezirken T., Brüx und Komotau, Teplitz 1899), hat T. auch zahlreiche Industrieunternehmungen, insbes. Fabriken für Wirkwaren, Baumwoll-, Schafwoll- und Gummiwaren, Spitzen, Hüte, Krawatten, chemische Produkte, Asphalterzeugnisse, Seife, Kalk, Glas, Tonwaren, Spiritus, Mehl, Schokolade und Kanditen, Teigwaren, Bretter, Möbel, Klaviere, Maschinen, Metallgalanteriewaren, Kartonnagen, eine Gasanstalt und ein Elektrizitätswerk.
Die Heilquellen von T.-Schönau (die Stadtbadquellen, nämlich die Urquelle und die Frauenbadquelle, 48°, die Steinbadquelle 34,6°, die Stephansquelle 36,75° in T., die Schlangenbadquelle 39° und die Neubadquelle 44,75° in Schönau) führen meist alkalisch-salinisches Wasser, mit nur geringen festen Bestandteilen, vorzugsweise doppeltkohlensaurem Natron (vgl. die Tabelle »Mineralwässer VIII a«). Das Wasser ist farblos und hat einen matten Geschmack. Die Quellen werden fast ausschließlich zum Baden gebraucht und zwar vorzugsweise gegen chronischen Rheumatismus, Gicht, Lähmungen, Neuralgien, Muskelerkrankungen, Beinfraß, Gelenkkrankheiten, endlich insbes. bei Behandlung der Folgen schwerer Verwundungen (»Bad der Krieger«). Die Urquelle dient auch zur Trinkkur. Andre Kurmittel sind: Moorbäder, Massage, Elektrizität, fremde Mineralwässer und Molken. Von den Quellen werden 9 Badehäuser gespeist. Die Frequenz von T.-Schönau belief sich 1903 auf 5735 Kurgäste. Jährlich werden etwa 1,8 Mill. Flaschen Thermalwasser versendet. Als Vergnügungsorte dienen der in der Mitte der Stadt gelegene Kurgarten, in dem sich das neue Stadttheater, die Trinkhallen, der Kursalon und das palastartige Kaiserbad (1871) befinden; der Schloßpark; die Königshöhe (264 m) mit dem Schießhaus, der Schlackenburg und dem Denkmal König Friedrich Wilhelms III. (1841); der Seumepark mit dem Denkmal Joh. Gottfr. Seumes (gest. 1810); der Kaiserpark; die Payer- und Humboldtanlagen; der Schloßberg, ein 393 m hoher Klingsteinfelsen mit Burgruinen; der Probstauer Park etc. Nordöstlich mit T. zusammenhängend liegt der Industrieort Turn (s. d.), 8 km nordwestlich das mit T. durch elektrische Straßenbahn verbundene Dorf Eichwald (s. d.). – Die Quellen von T. sollen der Sage nach 762 entdeckt worden sein; urkundlich wird der Stadt erst im 12., der Bäder im 16. Jahrh. gedacht. Um 1630 gehörten Stadt und Schloß dem Grafen Kinsky, der mit Wallenstein ermordet wurde, kam dann an den Grafen von Aldringen und, als 1634 der Mannesstamm dieses Geschlechts erlosch, an die Clary. Im September 1813 war T. das Hauptquartier der drei alliierten Monarchen; auch 1835 und 1860 waren hier Monarchenzusammenkünfte. 1862 wurde das 1100jährige Jubelfest der Thermen gefeiert und dabei ein Denkmal enthüllt. Am 1. Nov. 1755, am Tage des Lissaboner Erdbebens, war die Hauptquelle einige Minuten hindurch ausgeblieben. Durch eine Katastrophe in den benachbarten Kohlenwerken von Ossegg (10. Febr. 1879), die das Thermalwasser dorthin abführte, war die Fortexistenz von T. als Badeort in Frage gestellt. Doch wurden durch sofortige Nachgrabungen die Quellen in kurzer Zeit (3. März) an ihren alten Austrittsöffnungen wieder zutage gefördert. Seither ist ein weiteres Schutzgebiet um T. gezogen worden, innerhalb dessen kein Bergbau betrieben werden darf. Vgl. Friedenthal, Der Kurort T.-Schönau, topographisch und medizinisch dargestellt (Wien 1877); Gerold, Studien über die Bäder zu T. (das. 1886); Delhaes, Der Badeort T.-Schönau (3. Aufl., Prag 1886); Lustig, Karlsbad und T., balneo-therapeutisch (2. Aufl., Wien 1886); Hallwich, T., eine deutschböhmische Stadtgeschichte (Leipz. 1886); Laube, Volkstümliche Überlieferungen aus T. (2. Aufl., Prag 1902); Löcker, Die Wassereinbrüche in die Dux-Ossegger Kohlengruben etc. (Teplitz 1900). – 2) Kurort in Mähren, s. Weißkirchen 1). – 3) Ungar. Badeort, s. Trencsin-Teplitz.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.