- Rhamnus
Rhamnus L. (Kreuzdorn, Wegdorn), Gattung der Rhamnazeen, Bäume oder Sträucher mit oft dornig endenden Zweigen, wechsel-, bisweilen fast gegenständigen, gestielten, ganzen, bisweilen bleibenden Blättern, kleinen, meist gelblichgrünen Blüten in achselständigen Trugdolden bis einzeln, selten in Trauben und oft steinfruchtartiger Frucht mit 2–4 Kernen. Gegen 70 Arten, meist in der nördlichen gemäßigten Zone, wenige in den Tropen und in der südlichen gemäßigten Zone. R. Alaternus L. (immergrüner Kreuzdorn), ein bis 6 m hoher, dornenloser Strauch in Südeuropa, Charakterpflanze der Macchien des Mittelmeergebietes, mit eirund-elliptischen, stachelspitzig gesägten bis ganzrandigen, lederartigen, glatten, immergrünen Blättern und unansehnlichen, weißen Blüten in kurzen Trauben, wird in England und Frankreich als Heckenpflanze, bei uns mit goldgelb oder weiß umrandeten, auch gefleckten Blättern in Kalthäusern kultiviert, im Sommer aber im Freien benutzt. Einige kleine Arten, wie R. rupestris Scop., in Illyrien, Istrien und der europäischen Türkei, R. pumilus L., in Mittel- und Südeuropa, und R. alpina L., sind Gebirgssträucher, die anliegend die Felsen überziehen und auch in Gärten kultiviert werden. R. cathartica L. (Purgierwegdorn, gemeiner Kreuzdorn, Hirschdorn, Amselbeere, Rainbeere), ein dorniger, etwa 3 m hoher Strauch, an Waldrändern und als Unterholz in Laubwäldern der nördlichen gemäßigten Zone der Alten Welt und in Nordafrika, mit gegenständigen, eirunden oder breit elliptischen, kerbig gesägten Blättern und gebüschelten, kleinen, gelbgrünen Blüten. Die grünlichschwarzen Beeren (Baccae spinae cervinae, Kreuz-, Purgier-, Stech-, Grün-, Farbebeeren) schmecken süßlich, später widrig bitter, enthalten im Fruchtsaft einen Bitterstoff, Rhamnokathartin, und Xanthorhamnin, das durch Kochen mit verdünnten Säuren in Rhamnose und Rhamnetin gespalten wird. Letzteres findet sich auch in den unreifen Früchten und bedingt deren Färbevermögen. Sie sind ein zumal unter den Landleuten beliebtes Abführmittel; namentlich ist der daraus bereitete sogen. Haussirup (Sirupus Rhamni cathartici s. domesticus s. spinae cervinae) als mildes Abführmittel in Gebrauch. Die unreifen Beeren bilden einen Teil der in den Handel kommenden Gelbbeeren (s. d.). Aus dem Safte reifer Beeren bereitet man das Blasen-, Beer- oder Saftgrün (Succus viridis), aus den überreifen Beeren dagegen eine rote Farbe, während die Rinde zum Gelb- und Braunfärben verwendet wird. Das Holz (Kreuzdorn, Kreuzholz, besonders das maserige) dient zu Furnier- und Drechslerarbeiten. R. Frangula L. (Faulbaum, Pulverholz, Zapfenholz), ein etwa 3 m hoher, unbewehrter Strauch an Waldrändern und als Unterholz in Laubwäldern Europas, Mittelasiens und Nordafrikas, mit wechselständigen, umgekehrt-eirunden oder länglichen, ganzrandigen Blättern, unscheinbaren Blüten und auf ganz flacher Kelchbasis sitzenden, anfangs gelben, dann roten, zuletzt schwarzblauen Beeren. Die Rinde (Cortex Frangulae, Faulbaum-, Hundsbaum-, Lausbaumrinde) wird als Abführmittel benutzt. Auch die Beeren (vulgo Scheißbeeren) sind ein sehr gewöhnliches Purgiermittel. Rinde, Blätter und Beeren enthalten Frangulin (Rhamnoxanthin, Avorum) C21H20O9, in Wasser unlösliche, gelbe, kristallinische Masse, spaltet sich beim Kochen mit Salzsäure in Rhamnose, Emodin und ein isomeres Trioxymethylanthrachinon. Das Holz gibt eine vorzügliche Kohle zu Schießpulver. R. infectoria L. ist ein niedriger, sehr ästiger Strauch in Südeuropa und Vorderasien, mit gabelständigen Dornen, elliptischen, mehr oder weniger gegenüberstehenden, kleingesägten Blättern und auf der bleibenden, ganz flachen Basis des Kelches sitzenden Beeren, die, unreif gesammelt, als Gelbbeeren (s. d.) in den Handel kommen. R. saxatilis L., ein meist niedriger, oft dorniger Strauch in Mittel- und Südeuropa, Vorderasien, China, mit fast gegenüberstehenden, länglichen, seltener eirunden, kleingesägten Blättern, grünlichgelben Blüten und dunkel fahlgelben Früchten, liefert ebenfalls Gelbbeeren und Chinesischgrün. R. Purshiana Dec., 3 m hoher Strauch mit länglich-lanzettlichen, gezahnten Blättern und zahlreichen Blüten auf gemeinschaftlichem Stiel, in Nordwestamerika, liefert eine abführend wirkende Rinde, die vier der Chrysophansäure nahestehende Körper enthält. Man stellt daraus ein Fluidextrakt (Extractum Cascara sagrada) und den Sagradawein dar. R. inebrians R. Br. (Sadoo, Thaddo), ein 5 m hoher Baum in Abessinien, liefert die Hektoorinde, die zur Bereitung eines berauschenden Getränkes, des Mead, wie der Hopfen in der Bierbrauerei benutzt wird. R. chlorophora Ldl., R. utilis Decsn. und R. saxatilis L. liefern das Chinesischgrün.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.